Helmut Dieser, Bischof von Aachen.
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Bischof Helmut Dieser – «Aufarbeitung deutlich voranbringen»

Der katholische Aachener Bischof Helmut Dieser hat noch einmal die Veröffentlichung der Namen von 53 Missbrauchstätern in seinem Bistum verteidigt. Dieses Vorgehen solle vor allem den Betroffenen zugute kommen und die weitere Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs «deutlich voranbringen», schrieb Dieser in einem Hirtenbrief, der am Sonntag in den Kirchen verlesen wurde.

Unter den Namen, die seit Mittwoch auf der Internetseite des Bistums aufgeführt sind, sind 52 Geistliche, darunter ein Weihbischof, und ein Nicht-Kleriker. Insgesamt sind laut Bistum 126 beschuldigte Kirchenmitarbeiter und 267 Betroffene bekannt.

Angesichts der Missbrauchskrise treten viele aus der Kirche aus.
Angesichts der Missbrauchskrise treten viele aus der Kirche aus.

Betroffene sollten zum einen «mit der öffentlichen Nennung des Namens ihres Täters nicht mehr allein bleiben», zum anderen könnten sie so «Vertrauen schöpfen, aus dem Dunkelfeld herauszutreten», schreibt der Bischof. Bereits nach Veröffentlichung eines Gutachtens im November 2020 hatte die Diözese an Betroffene appelliert, sich zu melden.

Nach langem Abwägen

Die Entscheidung, die Namen von 53 Tätern und mutmasslichen Tätern öffentlich zu machen, habe die Diözese nach langem Abwägen getan, heisst es weiter. «Datenschutzrechte, die Unschuldsvermutung bei fehlenden Beweisen und die Gefahr einer Stigmatisierung, sofern sich ein Vorwurf im Nachhinein als unbegründet erweist, stehen auf der einen Seite, die Erwartung von Aufarbeitung und Gerechtigkeit auf der anderen.»

Helmut Dieser (l.), Bischof von Aachen und Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) für Fragen des sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich.
Helmut Dieser (l.), Bischof von Aachen und Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) für Fragen des sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich.

Voraussetzung für die Veröffentlichung der Namen war, dass der jeweilige Beschuldigte schon mindestens zehn Jahre tot ist. Zudem seien die Betreffenden von staatlichen oder kirchlichen Gerichten rechtskräftig verurteilt worden. Oder im jeweiligen Fall wurde der Antrag eines Betroffenen auf Anerkennung des Leids positiv beschieden.

Hotline für Betroffene

Die Namensnennung verunsichere sowohl Betroffene als auch Gemeinden, in denen die Beschuldigten tätig waren, räumte Dieser ein. Solche «Belastungen und Erschütterungen gehören aber zur Aufarbeitung der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs dazu». Aufarbeitung bleibe nie nur den Betroffenen oder den eigens dazu bestellten Fachleuten überlassen, sondern beziehe alle mit ein.

Kerzen für die Opfer von sexuellem Missbrauch - am 15. September in Jona SG
Kerzen für die Opfer von sexuellem Missbrauch - am 15. September in Jona SG

Für den entstehenden Gesprächsbedarf stehen nach Aussage des Bischofs vor Ort Fachleute zur Moderation bereit. Für Betroffene gebe es zudem eine Telefon-Hotline und ein Formular auf der Website des Bistums.

Dieser räumte ein, dass das Vorgehen für alle nicht einfach sei. «Wir werden über all das sicher nicht einer Meinung sein», so der Bischof abschließend. Kontroverse Diskussionen seien aber «unvermeidlich und nötig und helfen der Vergewisserung und Verarbeitung». (kna)


Helmut Dieser, Bischof von Aachen. | © KNA
23. Oktober 2023 | 13:15
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