Die Schweizer Delegation für das Europa-Treffen des synodalen Prozesses in Prag. Zehn weitere Menschen nehmen online teil.
Kommentar

Bischof Felix Gmür: «Die Gleichberechtigung der Geschlechter ist ein point of no return»

Der Theologe Simon Spengler war skeptisch, wie reformwillig die Bischöfe sind. Nach einem Zoom-Gespräch mit den Bischöfen Felix Gmür und Markus Büchel findet er: Es tut sich doch etwas! Die Schweizer Delegierten des synodalen Prozesses in Prag wollen sich für die Frauenfrage stark machen – und das duale System der Schweiz als synodales Prinzip hervorheben.

Simon Spengler*

Wenn sich ein buntes Trüpplein vom Bischof bis zum Bauersmann (damit meine ich mich), von der geweihten Jungfrau bis zur LGBTIQ-Aktivistin zusammentut, um über die Zukunft der Kirche nachzudenken, kann dabei etwas Gescheites rauskommen? Die Frage habe ich mir auch gestellt, aber das Experiment gewagt. Und siehe da, es hat sich gelohnt!

Es geht um das Teilen von Macht

Donnerstagabend, 26. Januar, gemeinsame Konferenz via Zoom. Rund 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer treffen sich online, darunter sowohl Bischof Felix Gmür von Basel, Bischof Markus Büchel von St. Gallen, der RKZ-Generalsekretär Urs Brosi, Mitglieder der bischöflichen Pastoralkommission, die Delegierten für die kontinentale Versammlung in Prag und die zehnköpfige Online-Begleitgruppe, die diese Versammlung von Wislikofen AG aus beobachten und beraten soll.

Zehn Delegierte nehmen online von Wislikofen aus am Europa-Treffen in Prag teil.
Zehn Delegierte nehmen online von Wislikofen aus am Europa-Treffen in Prag teil.

Wir diskutieren ein vorbereitetes Papier, das der Gruppe vor Ort in Prag als Grundlage und Orientierung für die dortige Versammlung dienen soll. Die einen hätten gern mehr Spiritualität, ich mehr Bibel und Theologie; einige wollen den diakonischen Auftrag mehr betonen, andere den Reformstau unserer Kirchenstrukturen ins Zentrum stellen; einige stört der Begriff «Macht» im Papier, der doch nicht kirchlich sei, andere betonen, dass es doch genau darum gehe, um den Umgang mit Macht beziehungsweise das (geschlechter-) gerechte Teilen von Macht.

«Partizipation aller»

Über all das kann offen gesprochen und ansatzweise sogar ein wenig gestritten werden, in Respekt und im Willen, unsere gemeinsame Kirche voranzubringen. Am Schluss schälen sich zwei Kernoptionen heraus, die unsere Delegierten in Prag ins Plenum einbringen werden:

Brennstab und Kühlelement? Bischof Felix Gmür und Monika Schmid in Freiburg.
Brennstab und Kühlelement? Bischof Felix Gmür und Monika Schmid in Freiburg.

Punkt 1: Die gern beschworene «Partizipation aller» gibt es nur mit gleichberechtigtem Zugang der Frauen zu Ämtern und Entscheidungsfunktionen. «Die Gleichberechtigung der Geschlechter ist ein point of no return, der sich unsere Kirche stellen muss», so das klare Statement von Bischof Felix Gmür. Ich ergänze, dass die Bischöfe von der Weltbischofssynode im Herbst 2024 tatsächlich nicht mehr retour kommen müssten, wenn in diesem Punkt keine konkreten Fortschritte erzielt werden, dann können wir nämlich einpacken.

Synodale Strukturen im dualen System

Punkt 2: Die Prager Delegation bringt die gelebte Erfahrung mit synodalen Strukturen in der Kirche Schweiz in die Debatten auf kontinentaler Ebene ein. Es gibt bei uns ja schon seit Jahrzehnten gemeinschaftliche, demokratische Entscheidungsprozesse in den landeskirchlichen Parlamenten, die sogar «Synode» heissen. Auch wenn diese Strukturen nicht perfekt sind, so erlauben sie doch ein Mehr an Partizipation, an Mitbestimmung, an Teilung und Kontrolle der Macht. Diese Strukturen in Kirchgemeinden und staatskirchenrechtlichen Körperschaften sind an den meisten Orten der Schweiz integraler Bestandteil kirchlichen Lebens. 

Schweizer Bischöfe bei Papst Franziskus.
Schweizer Bischöfe bei Papst Franziskus.

Dieser zweite Punkt freut mich besonders. Noch genau vor zehn Jahren, im März 2013, verabschiedete die Bischofskonferenz unter geistiger Führung der damaligen Bistumsleitung in Chur ihr «Vademecum», in dem sie diesen Körperschaften die Bezeichnung «Kirche» rundwegs absprach.

Kehrtwende in der Schweizer Bischofskonferenz

Auch im synodalen Prozess in der Schweiz blieben zu Beginn die Landeskirchen aussen vor, die Übung wurde vielerorts als exklusive Angelegenheit der Bischöfe, diözesaner Pastoralämter und Kommunikationsstellen verstanden. Auch im uns vorgelegten Entwurf des Grundlagenpapiers tauchen Kirchgemeinden, Synoden und Kantonalkirchen gar nicht auf. Und am Schluss des gestrigen Abends diese Wendung. Es tut sich doch etwas! Oft unerwartet. 

Bischof an Bischof - der Klerikalismus als Gefahr für die Kirche
Bischof an Bischof - der Klerikalismus als Gefahr für die Kirche

Nur ist der Prozess in unserem bunten Trüpplein noch lange kein Prozess in der Weltbischofskonferenz, bis dahin ist noch ein langer Weg. Aber wenn man nicht losläuft, kommt man nicht an.

Herzliche Einladung nach Wislikofen!

PS: Das an unserer Zoom-Konferenz diskutierte und überarbeitete Dokument wird in Kürze auf der Homepage der Bischofskonferenz veröffentlicht werden.

PPS: Die Bistümer haben die diözesanen Versammlungen zum synodalen Prozess weitgehend hinter verschlossenen Türen organisiert. Für das europäische Synodentreffen in Prag gibt es einen anderen Weg: maximale Transparenz. Alle Medienschaffenden sind eingeladen, von Wislikofen aus die Online-Delegierten zu begleiten. Herzlich willkommen!

* Der Theologe Simon Spengler ist Bereichsleiter Kommunikation der katholischen Kirche im Kanton Zürich. Er nimmt als Online-Delegierter von Wislikofen aus am Europa-Treffen des synodalen Prozess in Prag teil.


Die Schweizer Delegation für das Europa-Treffen des synodalen Prozesses in Prag. Zehn weitere Menschen nehmen online teil. | © kath.ch
27. Januar 2023 | 10:55
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