Bischof Morerod sagte der NZZ im Dezember 2020: Er möchte ohne ausländische Priester auskommen.
Schweiz

Bischof Charles Morerod: Die Menschen erwarten zu viel vom Bischof

«Wir sind gemeinsam unterwegs. Es sollte nicht so viel vom Bischof abhängen», sagt der Westschweizer Bischof Charles Morerod nach der nationalen synodalen Versammlung in Einsiedeln. Er betont: «Die Kirche besteht nicht nur aus Klerikern, sondern aus allen Getauften.»

Regula Pfeifer

Wie war die nationale synodale Versammlung für Sie?

Bischof Charles Morerod*: Es war interessant, ich habe viel Neues entdeckt.

Audrey Boussat diskutiert mit Bischof Charles Morerod (am Laptop).
Audrey Boussat diskutiert mit Bischof Charles Morerod (am Laptop).

Was zum Beispiel?

Morerod: Ich habe in der Gruppe vor allem auf Französisch gearbeitet, eine Weile auch auf Deutsch. Das war doch ein bisschen anders. Wir konnten gut miteinander sprechen. Ich hatte den Eindruck, dass die Deutschschweizer Themen eher die Kirchenorganisation betreffen. Das ist natürlich auch ein Thema der Synode. Bei früheren Gesprächen standen andere Themen im Zentrum.

Nationale synodale Versammlung in Einsiedeln, Mai 2022
Nationale synodale Versammlung in Einsiedeln, Mai 2022

Zum Beispiel?

Morerod: In Genf haben zwei Drittel der Kirchgängerinnen und Kirchgänger an der synodalen Umfrage teilgenommen. Das ist sehr viel. Viele haben sich gefragt: Wie können wir jene Leute erreichen, die nicht mehr zur Kirche gehen? Auch wir fragen uns: Kommen die Leute nicht zu uns, weil wir das Evangelium nicht genug leben? Oder weil wir es zumindest nicht mitteilen können? In Genf habe ich diese Fragen oft gehört – hier weniger.

«Wir sind gemeinsam unterwegs. Es sollte nicht so viel vom Bischof abhängen.»

Gibt es ein Thema, das Sie gerne weiterverfolgen möchten – nach den Inputs von Einsiedeln?

Morerod: Der synodale Prozess ist jetzt Teil des kirchlichen Lebens. Viele befürchteten, dass diese Gespräche nicht viel bringen würden. Aber nein: Es geht weiter. Und als Bischof sage ich: Die Menschen erwarten zu viel vom Bischof. Wir sind gemeinsam unterwegs. Es sollte nicht so viel vom Bischof abhängen.

Priester und Bischöfe ziehen zur Messe in Einsiedeln ein.
Priester und Bischöfe ziehen zur Messe in Einsiedeln ein.

Was sagen Sie zur Kritik am Klerikalismus?

Morerod: Ich habe im Entwurf gelesen: Der Klerikalismus wird vor allem in der Romandie und im Tessin kritisiert. Mich überrascht, dass die Kritik weniger aus der Deutschschweiz kommt. Die Kritik am Klerikalismus hat etwas Altertümliches. Denn das bedeutet, dass man den Kleriker als Zentrum sieht. Aber so sollte es nicht sein. Wir müssen unsere Kultur erneuern. Wir sagen seit Jahrzehnten: Die Kirche besteht nicht nur aus Klerikern, sondern aus allen Getauften. Aber das wird noch nicht so empfunden.

* Bischof Charles Morerod (60) ist Bischof von Lausanne, Genf und Freiburg.


Bischof Morerod sagte der NZZ im Dezember 2020: Er möchte ohne ausländische Priester auskommen. | © Christian Merz
1. Juni 2022 | 13:36
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