Bischof Charles Morerod
Schweiz

Bischöfe wollen flächendeckende Prävention gegen Übergriffe

Chur, 29.11.18 (kath.ch) Die Schweizer Bischofskonferenz hat an ihrer dreitägigen Vollversammlung intensiv über die Prävention vor sexuellen Übergriffen in der Kirche debattiert. Dabei seien alle Schritte während des Aufnahmeverfahrens, der Ausbildung, Weiterbildung und Anstellung in der Kirche besprochen worden, sagt die SBK-Kommunikationsverantwortliche Encarnación Berger-Lobato auf Anfrage.

Regula Pfeifer

Die Bischöfe haben laut Berger-Lobato verschiedene mögliche Massnahmen zur Prävention von Übergriffen in der Kirche offen diskutiert und ihre Erfahrungen aus den Bistümern ausgetauscht. Dabei seien anhand von Beispielen aus dem SBK-Fachgremium »Sexuelle Übergriffe im kirchlichen Umfeld» oder den Diözesen konkrete Fragen aufgeworfen worden. «Es ging darum herauszufinden, welche Präventionsmassnahmen von zentraler Bedeutung sind», so Berger-Lobato. Gleichzeitig sei es darum gegangen herauszufinden, ob man dasselbe meine, wenn man dasselbe sage. Insgesamt sei es ein «guter Austausch mit konkreten Beispielen aus der Praxis gewesen».

Missbrauch beschäftigt intensiv

Der Austausch war laut der SBK-Kommunikationsverantwortlichen intensiv und habe über die geplante Zeit hinaus gedauert. Ziel der Bischöfe seien möglichst flächendeckende Präventionsmassnahmen, die alle Schritte und Wechsel in einer kirchlichen Berufslaufbahn beinhalteten.

An der Diskussion waren auch Giorgio Prestele und Joseph Bonnemain anwesend, Prestele als scheidender Präsident des SBK-Fachgremiums «Sexuelle Übergriffe im kirchlichen Umfeld» und Bonnemain als dessen Sekretär. Auch bei den Bischöfen wechselt die Verantwortung für den Bereich Missbrauch und Übergriffe per Anfang Jahr. Charles Morerod übernimmt diese Aufgabe von Felix Gmür, wie Berger-Lobato gegenüber kath.ch sagt.

Massnahmen-Katalog wird vorbereitet

Das Fachgremium wird nun einen Katalog konkreter Massnahmen ausarbeiten, um die Prävention noch konsequenter und systematischer in allen Bereichen des kirchlichen Lebens zu implementieren. Dieser Katalog werde an einer der nächsten ordentlichen Vollversammlungen der SBK sowie der Vereinigung der Höhern Ordensobern der Schweiz zur Sprache kommen, so die SBK-Mitteilung vom 29. November.

Giorgio Prestele wurde an der Versammlung von seinem Amt als Präsident des Fachgremiums verabschiedet, das er seit 2014 innehatte. Die SBK-Mitglieder hätten ihm für sein grosses Engagement und seine entschlossene Beharrlichkeit in diesem schwierigen Thema gedankt, heisst es in der Mitteilung. Und sie ernannten gleich seinen Nachfolger.

Neuer Übergriffs-Verantwortlicher ist Psychotherapeut

Der Psychotherapeut Toni Brühlmann-Jecklin wird ab dem 1. Januar 2019 Präsident des Fachgremiums sein. Er hat als Ansprechperson des Bistums Basel bereits Opfer von sexuellen Übergriffen betreut, wie Berger-Lobato gegenüber kath.ch ausführt. «Er kennt also die Mechanismen und weiss, wie die Opferbetreuung organisiert ist.» Zudem kenne er die Kirche aufgrund seiner Tätigkeit als Supervisor in sozialen und kirchlichen Institutionen. Laut der «Limmattaler Zeitung» (14. Februar 2018) ist Brühlmann-Jecklin auch Theologe. Zudem war er als SP-Politiker aktiv, insbesondere von 2010 bis Anfang 2018 als Stadtpräsident von Schlieren bei Zürich.

Alain de Raemy berichtet von Jugendsynode

Auch die Jugendsynode kam am Treffen der Schweizer Bischöfe zur Sprache. Der von der SBK entsandte Jugendbischof Alain de Raemy berichtete über seine Erfahrungen an der Bischofssynode im Oktober in Rom. Dabei betonte er, jede einzelne Diözese sei bei der Umsetzung der Erkenntnisse aus dem Schlussdokument gefordert. Der synodale Prozess müsse nun «vor Ort» weitergehen. Alle Getauften – also nicht nur die Amtsträger – seien aufgefordert, den Jugendlichen und deren Beteiligung höchste Priorität beizumessen.

Hier seien erster Linie die Pfarrein und die Jugendbewegungen und -verbände gefordert, so de Raemy. Aber auch die Bischofskonferenz sollte Jugendliche direkt in ihre Arbeit einbeziehen und Richtlinien zum Thema Jugendpastoral erlassen. De Raemy schlug der SBK vor, den früher existierenden Jugendrat zu reaktivieren, wobei über dessen Form noch zu beraten sei.

Der Jugendbischof wurde nach eigenen Worten an der Bischofssynode daran erinnert, dass es keine bessere Evangelisierung der Jugendlichen gäbe als jene, die von Jugendlichen gestaltet werde; es sollten aber Erwachsene einbezogen werden. Der Bericht des Jugendbischofs hat keine unmittelbare Verbindlichkeit, wie Berger-Lobato sagt. Sie rechnet mit einem formellen Antrag von Alain de Raemy an die Bischofskonferenz etwa betreffend Reaktivierung des Jugendrats.

Appell an Solidarität

Die Bischöfe nutzten die Versammlung auch für einen Appell zur Solidarität mit den Christen im Nahen und Mittleren Osten. Sie motivierte Pfarreien, in der Adventzeit einen Opferstock für Projekte des Hilfswerks «Kirche in Not» oder den Schweizerischen Heiligland-Verein aufzustellen, eine Gebetsandacht zu veranstalten und Weihnachtsbotschaften von Kindern und Jugendlichen in der Schweiz an ihresgleichen im Irak und in Syrien zu organisieren.

Die SBK ernannte weiter verschiedene neue Mitglieder ihrer Kommissionen. Zudem wurde an der Versammlung die deutschsprachige Broschüre zum Thema «Barmherzigkeit im Judentum, Christentum und Islam» erwähnt, welche die Kommission für den Dialog mit den Muslimen der SBK publiziert hat. Die Broschüre lasse sich als Arbeitshilfe in der Katechese, im Religionsunterricht und in der Erwachsenenbildung oder auch im Rahmen von Initiativen des interreligiösen Dialogs verwenden, so die SBK-Mittelung.

Die Vollversammlung der SBK fand vom 26. bis 28. November im Priesterseminar St. Luzi in Chur statt.

Bischof Charles Morerod | © Bernard Hallet
29. November 2018 | 18:11
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