Bela Jo Janauschek
Konstruktiv

Bela Jo Janauschek: «Der Kirche mangelt es an Transparenz und Kommunikation»

Wie können Bistümer und Pfarreien die Gläubigen erreichen? «Mit einer App», sagt Bela Jo Janauschek. Allerdings sollte das Angebot die Lebenslage der Menschen genau ansprechen. Etwa, wenn es um das Auslandsjahr von Jugendlichen oder um Fragen der mentalen Gesundheit geht.

Jacqueline Straub

Sie haben kürzlich eine Kirchen-App namens «Churchpool» entwickelt. Was ist Ihr Ziel?

Bela Jo Janauschek*: Wir wollen mit Churchpool ein datenschutzkonformes soziales Netzwerk für Kirchgemeinden, Christinnen und Christen und Interessierte bereitstellen. Dafür haben wir eine App entwickelt, die auf Kirchgemeinden und kirchliche Gruppen ausgerichtet ist. Churchpool stellt Kirchenmitgliedern und Kirchgemeinden einen «eigenen», digitalen Kommunikations-Chat zur Verfügung, der zudem über News, Termine oder Spendenprojekte in der Gemeinde informiert und Pfarrblätter digital lesbar macht.

Alles geht heute übers Handy
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Gibt es auch Kommunikationskanäle für einzelne Gruppen?

Janauschek: Ja, es gibt Gruppen-Kommunikationskanäle innerhalb und zwischen den Kirchgemeinden. Etwa für Kirchgemeinderäte, Firmlinge, Eltern oder Gemeindegruppen.

Gibt es diese App nur in Deutschland?

Janauschek: Im Moment machen überwiegend Kirchgemeinden aus Deutschland mit. Seit kurzem ist die App aber auch für die Schweiz und Österreich freigeschaltet. Zudem sind wir ökumenisch unterwegs.

«Diesen Weg muss auch die Kirche gehen.»

Bevor Sie Ihre App entwickelt haben, haben Sie sich informiert, wie verschiedene Zielgruppen erreicht werden können Zu welchen Ergebnissen kamen Sie?

Janauschek: Hier müssen wir unterscheiden zwischen dem Kanal und dem Inhalt. Viele Kirchgemeinden verwenden traditionelle, oft analoge Kommunikationsmittel wie etwa das Pfarrblatt. Diese Kanäle haben natürlich ihre Berechtigung aber erreichen nicht alle Altersgruppen gleichermassen. Es ist deswegen wichtig, auch ein digitales Angebot zu schaffen. Webseiten allein reichen dafür nicht aus. Heutzutage hat so gut wie jeder ein Smartphone und ist dadurch immer und überall erreichbar. Das gilt auch für ältere Generationen. Wir alle sind es gewohnt, dass Infos und Neuigkeiten mit einer Push-Benachrichtigung automatisch zu uns kommen. Diesen Weg muss auch die Kirche gehen.

«Eltern können so etwa gezielt über Angebote für Kinder informiert werden.»

Was raten Sie Pfarrgemeinden?

Janauschek: Wichtig ist, die verschiedenen Zielgruppen und die entsprechenden Interessen in der Gemeinde zu kennen und dafür passgenaue Inhalte zu schaffen. Falls relevante Themen nicht bedient werden können, findet sich bei Nachbargemeinden, der Landeskirche oder dem Bistum sicherlich ein geeigneter Kooperationspartner.

Können Sie mir ein paar Beispiele nennen?

Janauschek: Eltern können so etwa gezielt über Angebote für Kinder informiert werden, einkommensschwächere Familien über subventionierte Programme der Gemeinde oder von karitativen Partnern. Aktionen wie «Firmlinge erklären das Smartphone» können aktiv älteren Generationen vorgeschlagen werden. Jugendliche, die gerade fertig mit der Matura sind, interessieren sich vielleicht für ein Work-and-Travel-Programme im Ausland.

Kinder und Jugendliche im Ferienlager
Kinder und Jugendliche im Ferienlager

Es interessieren sich immer weniger Menschen für die Kirche. Wie sollte die Kirche auf die unzähligen Austritte reagieren?

Janauschek: Der Kirche mangelt es nicht an relevanten Angeboten, sondern an Transparenz und Kommunikation. Kirche hat ein vielfältiges Angebot, das sich vom klassischen Gottesdienst über bildungsrelevante, karitative und weitere spirituelle Angebote hinweg bis hin zu Freizeitaktivitäten erstreckt. Dieses Angebot ist immer noch relevant und nachgefragt, muss aber transparenter gemacht werden und vor allem besser und zeitgemäss kommuniziert werden.

Was schlagen Sie vor?

Janauschek: Es ist sinnvoll, die Menschen in ihren unterschiedlichen Lebenslagen und mit ihren verschiedenen Interessen zielgerichtet anzusprechen. Wir ermöglichen es den Gemeinden, mit ihren Mitgliedern zu kommunizieren und ihnen passgenaue Angebote zu machen. Ausserdem bündelt Churchpool Inhalte verschiedener Gemeinden und schafft dadurch eine in Summe grössere Auswahl. Mitglieder können sich so auch über die Aktionen von Nachbargemeinden informieren. Über Churchpool können Gemeinden so auch gezielt zusammenarbeiten und sich gegenseitig entlasten.

«Dafür sind die Menschen früher in die Kirche gegangen.»

Wo sehen Sie noch Aufholbedarf der Kirchen?

Janauschek: Viele Themen, die Menschen heute beschäftigen, werden zu wenig gesehen und nur vereinzelt zeitgemäss aufgegriffen.

Zum Beispiel?

Janauschek: Mentale Gesundheit ist ein grosses Thema. Viele Menschen sind auf der Suche nach einer Kraftquelle, um Zuspruch und Hoffnung zu erfahren. Dafür sind die Menschen früher in die Kirche gegangen. Heutzutage suchen sich insbesondere jüngere Menschen oft andere Lösungen, da die Kirche es häufig versäumt, die Themen zeitgemäss zu kommunizieren. An der Kernbotschaften hat sich nicht viel verändert, nur die Art und Weise der Kommunikation hat sich gewandelt.

Das Aargauer Pfarrblatt "Horizonte".
Das Aargauer Pfarrblatt "Horizonte".

Können Apps den Gottesdienst oder das Pfarrblatt ersetzen?

Janauschek: Nein, auf keinen Fall. Kirche und Glaube werden zuallererst immer analog stattfinden. Aber Apps können einen zusätzlichen Raum schaffen, um Menschen zu erreichen, zu begleiten und auf kirchliche Angebote aufmerksam zu machen. Und auch, um neue Gruppen zusammenzuführen.

«Viele Jugendliche wollen sich engagieren.»

Und wie sieht es beim Thema Ehrenamt aus?

Janauschek: Viele Jugendliche wollen sich engagieren. Meist wissen sie aber gar nicht, wo sie sich darüber informieren können und was es in ihrem Umfeld für Möglichkeiten gibt. Die meisten denken dabei in erster Linie auch nicht an die Kirche, obwohl wir mit vielen karitativen Angeboten eigentlich das Paradebeispiel in unserer Gesellschaft für das Ehrenamt darstellen. Auch hier machen wir mit Churchpool Menschen auf ehrenamtliche Projekte aufmerksam.

Was raten Sie der Kirche?

Janauschek: Die Kirche muss innovativ sein und darf keine Angst haben, auch einmal Fehler zu machen.

* Bela Jo Janauschek (28) hat in Deutschland und an der HSG in St. Gallen Wirtschaft studiert. Zusammen mit Nils Bischoff ist Janauschek Geschäftsführer der «Churchpool» App.


Bela Jo Janauschek | © Churchpool
5. Juli 2023 | 06:00
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