Auf einer Wand in einer Kirche ist am 3. November 2022 der dunkle Schatten eines Mannes mit einem Kreuz in der Hand zu sehen. (Aufnahmeort unbekannt)
Schweiz

Beim Sex ertappt: Ukrainisch-orthodoxer Priester mit 17-Jährigem im Bett

Putin und die russisch-orthodoxe Kirche verurteilen Homosexualität aufs Schärfste und hetzen gegen «Gayropa». Nun ist ausgerechnet ein ukrainisch-orthodoxer Würdenträger in flagranti mit einem 17-Jährigen erwischt worden. Vom ukrainischen Geheimdienst. Der Skandal gebe auch in der Schweiz zu reden, sagt der Priester Nazar Zatorskyy.

Wolfgang Holz

Es mutet wie die Ironie des Schicksals an: Bei einer Hausdurchsuchung des ukrainischen Geheimdiensts in Sachen Spionageabwehr in der Westukraine stiessen Sicherheitskräfte nicht nur auf russisches Propagandamaterial.

In den Räumlichkeiten der Diözese in Czernowitz, jener historischen k.u.k.-Metropole im einstigen Habsburgerreich, erwischten die Beamten den Archimandriten Nikita in «körperlicher Nähe» mit einem 17-jährigen Mitglied des örtlichen Chors.

Junger Mann in Unterhosen

Dies berichtet das Kiewer Newsportal «LB.ua» – und zeigt dabei die Aufnahme eines jungen Mannes in Unterhosen, der mit dem Gesicht zur Wand steht. Auf einem anderen Foto ist ein Geistlicher vor einem durchwühlten Bett zu sehen. Nicht in Unterhosen. Sondern in schwarzem Priestergewand.

Nazar Zatorskyy
Nazar Zatorskyy

Aber was heisst «körperliche Nähe» genau? Für Nazar Zatorskyy (43), den Bischöflichen Beauftragten der ukrainisch griechisch-katholischen Kirche in der Schweiz, ist der Fall klar. Die Bezeichnung «körperliche Nähe» ist für ihn ein absoluter «Euphemismus» für Sex – oder gar für Missbrauch, wenn es sich tatsächlich um einen minderjährigen Schutzbefohlenen gehandelt habe.

«Die Skandal-Geschichte des Archimandriten ist in der Ukraine in den sozialen Medien längst in aller Munde», sagt der 43-Jährige. Wie er aus anderen Medien weiss, habe man die beiden in flagranti im Bett überrascht. «Sie mussten sich dann Unterhosen anziehen.»

Wie ein Abt

Ein Archimandrit bezeichnet in den orthodoxen Kirchen, in den altorientalischen Kirchen und in den katholischen Ostkirchen den Vorsteher eines Klosters, in etwa vergleichbar mit dem Abt eines römisch-katholischen Klosters.

«Dieser Titel kann aber auch jemandem verliehen werden, der nicht einem Kloster vorsteht», sagt Zatorskyy. «Wie eben auch im Fall von Archimandrit Nikita.»

Bereits zum neuen Diözesanbischof gewählt

Die Sache scheint besonders delikat. Denn Archimandrit Nikita wurde am 23. November von der Synode der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche zum neuen Diözesanbischof der Diözese Iwano-Frankiwsk gewählt und ersetzt den Metropoliten Seraphim von Iwano-Frankiwsk und Kolomysk. Dieser sei nach Russland geflohen, so das ukrainische Online-Portal.

Gegen den Krieg in der Ukraine: Demonstrantinnen und Demonstranten in Rom.
Gegen den Krieg in der Ukraine: Demonstrantinnen und Demonstranten in Rom.

«Doch der Archimandrit ist bis jetzt noch nicht zum Diözesanbischof geweiht worden», gibt Nazar Zatorskyy zu bedenken. Es sei sehr fraglich, ob dies nun noch geschehen werde – angesichts des jüngsten Sex-Skandals. «Solche Vorfälle werden in der orthodoxen Kirche hin und wieder bekannt.»

«Es gibt auch in der orthodoxen Kirche Fälle von homosexuellen Geistlichen.»

Nazar Zatorskyy, Bischöflicher Delegierter in der Schweiz

Homosexualität unter Geistlichen sei gerade auch in der russisch- und ukrainisch-orthodoxen Kirche gängige Praxis – obwohl sie vom Lehramt streng verurteilt werde. «Man schiebt eigene Probleme auf andere», sagt Nazar Zatorskyy über die homophobe Propaganda.

Will heissen: Putin-Russland und die Orthodoxe Kirche kritisierten den Verfall der Sitten im Westen. Stichwort «Gayropa» und Sodomie. «Dabei gibt es auch in der orthodoxen Kirche Fälle von homosexuellen Geistlichen.» Nicht zuletzt wegen dieser Heuchelei sei ein «Sturm des Spottes» in den sozialen Medien ausgebrochen.

Orthodoxe Kirche in der Ukraine gespalten

Die orthodoxe Kirche in der Ukraine ist derzeit gespalten. Neben der ukrainisch-orthodoxen Kirche (UOK), die 2022 auf Distanz mit dem Moskauer Patriarchat ging, gibt es noch die orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU). Letztere entstand 2018 durch Fusion zweier nationaler Kirchen.

Patriarch Kirill I. in der Russisch-orthodoxen Auferstehungskirche Zürich
Patriarch Kirill I. in der Russisch-orthodoxen Auferstehungskirche Zürich

Vor allem die ukrainisch-orthodoxe Kirche steht massiv unter Druck. Sie gilt laut Gemeindezahl (etwa 12’000) zwar als die grösste Kirche in der Ukraine und war bis vor kurzem mit der russisch-orthodoxen Kirche (ROK) und Patriarch Kyrill in Moskau eng verbunden. Doch der Druck Russlands auf die UOK wächst.

Kremlfreundliche Literatur

Denn von Russland aus gibt es offensichtlich immer wieder Versuche, die UOK «heimzuholen» oder russisch zu unterwandern. Dies lehnt die UOK ab, weil ihr die Gläubigen davonrennen – sobald sich der russische Einfluss bemerkbar macht.

Bei der eigentlichen Untersuchung der kirchlichen Räumlichkeiten durch den ukrainischen Geheimdienst wurden denn auch – gemäss dem ukrainischen Internet-Portal – ein «Lager mit kremlfreundlicher Literatur aufgestöbert, das Russland lobt und zur Unterstützung der Besatzer aufruft».


Auf einer Wand in einer Kirche ist am 3. November 2022 der dunkle Schatten eines Mannes mit einem Kreuz in der Hand zu sehen. (Aufnahmeort unbekannt) | © KNA
28. November 2022 | 17:33
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