Erzbischof Georg Gänswein (l.), Präfekt des Päpstlichen Hauses, küsst die Hand des aufgebahrten Leichnams von Benedikt XVI.
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Bayern? Liechtenstein? Was wird aus Erzbischof Gänswein?

Seit Silvester ist Georg Gänswein arbeitslos. Nach dem Tod von Benedikt XVI. fragen sich viele, was aus dem prominenten Kirchenmann wird. Mit 66 Jahren ist er zu jung für den erzbischöflichen Ruhestand. Die Gerüchteküche brodelt: Er könnte Bischof in Bayern werden – oder Erzbischof von Vaduz.

Severina Bartonitschek, Ludwig Ring-Eifel und Raphael Rauch

Noch einmal konnte Erzbischof Georg Gänswein am Montag im Petersdom in seine frühere Rolle schlüpfen. Neben dem aufgebahrten Leichnam von Benedikt XVI. sprach er mit Ehrengästen, die jenseits der langen Reihe von Pilgerinnen und Pilgern gekommen waren, um dem einstigen Papst die letzte Ehre zu erweisen. 

Glamour wie früher

Der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella war an diesem Morgen im Petersdom, Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni kam ebenfalls, und dann viele mehr oder weniger prominente Gesichter aus Italien und dem Vatikan. 

Erzbischof Georg Gänswein und die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni
Erzbischof Georg Gänswein und die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni

Viele kondolierten Gänswein, mit manchen sprach er länger. Ein Foto zeigt, wie er sich mit der Regierungschefin unterhält – ganz wie in früheren Jahren, als Gänswein noch das Amt des «Präfekten des Päpstlichen Hauses» ausübte.

Ein «Diener zweier Päpste»

Damals war der gebürtige Schwarzwälder eine Art vatikanischer Protokollchef. Er geleitete Staatsgäste wie US-Präsident Barack Obama oder Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Papst. Das wichtige Amt des Haus-Präfekten hatte ihm Benedikt XVI. kurz vor seinem Rücktritt vom Papstamt verliehen und ihn zum Erzbischof befördert – wohlwissend, dass er selbst bald nicht mehr Papst sein würde.

Georg Gänswein (hinten r.) am aufgebahrten Leichnam des emeritierten Papstes Benedikt XVI.
Georg Gänswein (hinten r.) am aufgebahrten Leichnam des emeritierten Papstes Benedikt XVI.

Nach der Wahl von Papst Franziskus war Gänswein dann sieben Jahre lang «Diener zweier Päpste». Er wohnte mit dem früheren Papst in dem kleinen Kloster «Mater Ecclesiae» in den vatikanischen Gärten,erledigte für ihn die Post und organisierte die zahlreichen Besuche dort. Doch im Hauptberuf war er weiter Präfekt des Päpstlichen Hauses und für Staatsbesuche ebenso zuständig wie für den kleinen päpstlichen «Hofstaat».

2020: Franziskus entmachtet Gänswein

Die Beziehung zwischen ihm und dem Papst aus Argentinien verlief nicht frei von Spannungen. Einmal lud ihn Franziskus bei einem wichtigen Termin kurzfristig aus – seither war klar, dass es knirschte. Zum Bruch kam es, als Franziskus ihn im Februar 2020 offiziell vom Amt des Präfekten «beurlaubte», damit er sich künftig ganz dem emeritierten Papst widmen könne, dessen Gesundheitszustand damals bereits allmählich nachliess.

Georg Gänswein trauert um Benedikt XVI.
Georg Gänswein trauert um Benedikt XVI.

Vorausgegangen war ein Streit um ein Buch des konservativen Kardinals Robert Sarah zur Verteidigung des Zölibats. Zunächst hiess es, Benedikt XVI. sei ein Mitherausgeber des Buches – was der amtierende Papst offenbar nicht guthiess. Welche Rolle Gänswein spielte, ist bis heute nicht restlos geklärt.

Zu jung für den erzbischöflichen Ruhestand

Feststeht, dass er seit dem Frühjahr 2020 nicht mehr als Haus-Präfekt im Vatikan in Erscheinung getreten ist. Die Beurlaubung wurde jedoch nie «offiziell gemacht». Bis heute steht Gänswein im Päpstlichen Jahrbuch als Präfekt des Päpstlichen Hauses – ohne Hinweis auf seine Beurlaubung. Deshalb ist eine Rückkehr in die aktive Rolle des Präfekten keineswegs ausgeschlossen.

Georg Gänswein (l.) trauert im Petersdom um Benedikt XVI.
Georg Gänswein (l.) trauert im Petersdom um Benedikt XVI.

Mit 66 Jahren ist Gänswein jedenfalls zu jung für den erzbischöflichen Ruhestand, denn der tritt in der Regel erst mit 75 Jahren ein. Deshalb spekulieren Vaticanisti schon länger darüber, was Franziskus für ihn in petto hat.

Bischof in Bayern?

Der im Vatikan gern bemühte Rückgriff auf historische Präzedenzfälle kann auch im Falle Gänsweins hilfreich sein. Angesichts der kirchenpolitischen Lage ist es zwar schwer vorstellbar, dass Franziskus ihn auf einen wichtigen Bischofsposten in der Heimat befördert – so wie es Benedikt seinerzeit mit dem Privatsekretärseines Vorgängers machte, als er Stanislaw Dziwisz im Juni 2005 zum Erzbischof von Krakau ernannte.

Trauer um den Papa emeritus: Ein Foto zeigt Papst Benedikt XVI. und Georg Gänswein.
Trauer um den Papa emeritus: Ein Foto zeigt Papst Benedikt XVI. und Georg Gänswein.

Eine mögliche Variante wäre allerdings die Ernennung Gänsweins zum Bischof in Bayern. Denn anders als in anderen deutschen Landen kann der Papst in den bayerischen Bistümern weitgehend frei entscheiden, wen er dort zum Bischof ernennt.

Erzbischof von Vaduz?

Eine zweite Variante wäre das Erzbistum Vaduz. Erzbischof Wolfgang Haas wird am 7. August 2023 75 und muss Papst Franziskus dann seinen Rücktritt anbieten. Anders als in Chur, wo das Domkapitel ein Wahlrecht hat, ist der Papst in Vaduz bei der Bischofsernennung völlig frei.

Familienausflug zum Papst: Franziskus empfängt Fürst Hans-Adam II. (2.v.l.) und Fürstin Marie (1.v.l.) von und zu Liechtenstein und den Erbprinzen mit seiner Frau 2017 im Vatikan.
Familienausflug zum Papst: Franziskus empfängt Fürst Hans-Adam II. (2.v.l.) und Fürstin Marie (1.v.l.) von und zu Liechtenstein und den Erbprinzen mit seiner Frau 2017 im Vatikan.

Dies hat zuletzt Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein bekräftigt. «Die Entscheidung zur Neubestellung eines Erzbischofs ist allein in der Hand des Heiligen Stuhls. Ein Vorschlagsrecht wie teils in anderen Bistümern gibt es bei uns nicht», sagte der Erbprinz letzte Woche in einem Interview mit dem Liechtensteiner «Volksblatt».

Leiter einer Wallfahrtsstätte?

Als Schwarzwälder würde Gänswein zur Mentalität des Fürstentums gut passen. Zwar geht es in Vaduz gemächlicher zu als in Rom. Bei Beerdigungen und Hochzeiten indes käme Gänswein auf Glamour-Kosten. Schliesslich gehört das Fürstentum zum europäischen Hochadel. Bei der Abdankung für Fürstin Marie kam 2021 ganz selbstverständlich die Königin von Spanien.

Trauergottesdienst für Fürstin Marie von und zu Liechtenstein: In der ersten Reihe ist die Königin von Spanien.
Trauergottesdienst für Fürstin Marie von und zu Liechtenstein: In der ersten Reihe ist die Königin von Spanien.

Eine Stufe darunter wäre die Ernennung zum Leiter einer grossen Wallfahrtsstätte, wovon es nicht nur in Bayern einige gibt. Damit würde Gänswein dann in die Fussstapfen gleich zweier päpstlicher Privatsekretäre der vergangenen Jahrzehnte treten.

Apostolischer Nuntius?

Der getreue Assistent von Johannes XXIII., Loris Capovilla, wurde vom Nachfolger-Papst Paul VI. zunächst zum Erzbischof von Chieti und später zum «Päpstlichen Delegaten» für den grossen italienischen Marienwallfahrtsort Loreto ernannt – und blieb dort bis 1988. Dann übernahm ein anderer ehemaliger päpstlicher Privatsekretär diese Stelle: Pasquale Macchi, der seinerseits Paul VI. gedient hatte.

Erzbischof Georg Gänswein.
Erzbischof Georg Gänswein.

Denkbar wäre auch die Entsendung Gänsweins als Apostolischer Nuntius an einen «angemessenen» Posten – vorzugsweise in Europa oder auf dem amerikanischen Kontinent. Erfahrungen auf dem diplomatischen Parkett hat der polyglotte Kirchenjurist in seiner aktiven Zeit als Präfekt des Päpstlichen Hauses reichlich gesammelt.

Lehrtätigkeit als Kirchenrechtler?

Eine weitere Variante wäre eine Lehrtätigkeit als Kirchenrechtler an einer der Päpstlichen Universitäten in Rom. Rein dienstrechtlich ist Gänswein übrigens nach wie vor Priester des Erzbistums Freiburg, wo er 1984 zum Priester geweiht wurde. (cic/rr)


Erzbischof Georg Gänswein (l.), Präfekt des Päpstlichen Hauses, küsst die Hand des aufgebahrten Leichnams von Benedikt XVI. | © KNA
2. Januar 2023 | 18:49
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