Das ist keine Hochzeitskutsche, sondern ein Archiv-Bild. Der Sänger Patrick Lindner (links) und sein Partner Peter Schäfer winken auf dem Oktoberfest beim Einzug der Festwirte. Das Foto stammt von 2019.
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Homo-Segen in München: Patrick Lindner tauscht in katholischer Kirche Ringe

Zum 60. Geburtstag ist der Münchner Pfarrer Schiessler gerade mit einem TV-Porträt gewürdigt worden. Mit seiner unkonventionellen Art eckt er an – wie jetzt nach dem Segen für Schlagerstar Patrick Lindner und dessen Partner.

Barbara Just

«Patrick Lindner und sein Peter – heimliche Hochzeit nach 10 Jahren!» titelte die «Bild»-Zeitung zu Beginn der Woche. Weil die Feierlichkeiten coronabedingt nicht in Australien hätten stattfinden können, sei das Paar in München geblieben. Im «Rahmen einer Kommunionfeier» hätten beide die Ringe in der katholischen Kirche Sankt Maximilian getauscht. Und Pfarrer Rainer Maria Schiessler habe eine bewegende Rede gehalten.

Die Aufregung in konservativen katholischen Kreisen liess nicht auf sich warten. Schiessler sei ein zunehmendes Ärgernis für die Kirche, so der Tenor sinngemäss. Vor allem aber sei unerträglich, dass Homosexuellen die zivile Trauung nicht mehr reiche – «nein, sie wollen auch noch den kirchlichen Segen für ihr sündhaftes Tun», hiess es auf einem Portal.

Mit Protest gerechnet

Mit solchen Reaktionen hatte der mittlerweile bundesweit bekannte Pfarrer gerechnet, wie er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte. Auch dem Musiker Lindner als Person des öffentlichen Lebens sei das bewusst gewesen. Gemeinsam kamen sie zu dem Schluss: «Das können wir aushalten.» Aber entscheidend sei, was in der Kirche gelaufen sei – und was nicht.

Eine kirchliche «Quasi-Trauung» fand auch bei Lindner und seinem Partner nicht statt, wie der Pfarrer betont. Die Betroffenen wollten das ohnehin nicht. «Die wissen genau, dass sie anders sind und nichts kopieren müssen.» Sakramental trauen kann er diese Paare nicht. Nach katholischer Lehre ist die Ehe ausschliesslich möglich zwischen einem Mann und einer Frau.

«Akzeptanz und Toleranz stärken»

Auch im Rahmen des katholischen Reformprojekts Synodaler Weg ist der Umgang mit gelebter Homosexualität ein Thema. Aufsehen erregte die jüngste Wortmeldung des Dresdner Bischofs Heinrich Timmerevers. «Es ist mir ein Anliegen, dass wir in unseren Gemeinden wie in der ganzen Kirche für Homosexuelle Akzeptanz und Toleranz weiterentwickeln und stärken», sagte der Bischof im KNA-Interview und sprach sich für eine Segnung homosexueller Paare aus.

«Wenn ein Mensch vor mir steht und um einen Segen bittet – wie kann ich diesen Segen verweigern? Ein Segen ist ja der Zuspruch Gottes», so Timmerevers weiter. Was aber nicht heisse, dass er damit alles absegne und gut finde, was diese Menschen täten.

«Wenn es halt nicht nur bei den Worten bliebe», seufzt Schiessler. Der Seelsorger betont, er wäre froh um offizielle Handreichungen für die Seelsorge. Wenn er diese von der Bistumsverwaltung erbitte, höre er nur: «Ihnen fällt schon was ein.» Aber er wolle den betroffenen Menschen gerne einmal sagen: «Nicht der Schiessler oder Sankt Max tut was, sondern die Kirche tut was für euch.»

Wunsch, aufgehoben zu sein

Seit fast 30 Jahren ist er Pfarrer in einem der «grössten Schwulenviertel Deutschlands», wie er 2016 in dem Buch «Himmel, Herrgott, Sakrament» schreibt. Dabei hätten gläubige Homosexuelle nie gefordert, bei ihm zu heiraten. Was er aber immer spüre, sei der Wunsch, «gesegnet zu werden, nicht verstossen, sondern aufgehoben zu sein».

Im Falle des Schlagerstars war den Angaben zufolge alles eingebettet in eine am vergangenen Samstag angesetzte Gedenkmesse für dessen 2016 gestorbene Mutter. Am Ende des Gottesdienstes hatte Schiessler neben Andachtsgegenständen auch die Ringe der beiden Männer gesegnet. Danach sei Lindner in den Chorraum gekommen, habe ein Dankeswort an die Gäste gerichtet und auch seinen Partner zu sich gebeten, berichtet Schiessler.

Auf der Linie von Kardinal Marx

Die beiden hätten einander die Ringe gereicht, und jeder habe sich seinen an den Finger gesteckt. Kein Trauspruch, kein Versprechen. Das Segensgebet am Schluss sei der Festgemeinde und den beiden Männern neben ihm in besondere Weise gewidmet gewesen. «Das war alles», so der Pfarrer.

Sein Handeln liegt damit auf der von Kardinal Reinhard Marx vorgegebenen Linie. Homosexuelle könnten in der katholischen Kirche einen Segen «im Sinne einer seelsorglichen Begleitung» bekommen, sagt dieser. Damit werde aber keine eheähnliche Beziehung gesegnet. Ob dieser theologische Unterschied aber überall nachvollzogen wird, steht auf einem anderen Blatt. (kna)


Das ist keine Hochzeitskutsche, sondern ein Archiv-Bild. Der Sänger Patrick Lindner (links) und sein Partner Peter Schäfer winken auf dem Oktoberfest beim Einzug der Festwirte. Das Foto stammt von 2019. | © Keystone
15. Oktober 2020 | 17:51
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