Bianca Forster im Gebet
Schweiz

Auf Tuchfühlung mit dem heiligen Geist – Bianca Forster am Adoray-Festival

Zug, 11.11.18 (kath.ch) Von Freitagabend bis Sonntag haben sich mehr als 700 Jugendliche und junge Erwachsene in Zug getroffen, um dort am Adoray-Festival teilzunehmen. Eine davon ist die 21-jährige Bianca Forster aus dem st. gallischen Niederwil.

Vera Rüttimann

Als am Samstag auf der Bühne vorne im Chor der St. Michaelskirche die Musiker zu Geige, Gitarre, Piano und Schlagzeug schreiten, halten viele in der Kirche den Atem auf. Scheinwerfer tauchen die Kirche in bonbonfarbenes Licht. Mehrere Videokameras übertragen jede Regung auf grosse Bildschirme, die in der Kirche angebracht sind. Dann erklingt «Pfingstsequenz». Es ist eines dieser Lieder, das für Gänsehaut sorgt und von mehreren hundert Menschen vielstimmig mitgesungen wird.

In den Bänken steht auch Bianca Forster und hält beim Refrain dieses Liedes die Arme in die Höhe. Ihre Augen sind geschlossen. Sie geht ganz auf in der Melodie des Liedes, dessen Refrain sich immer wieder wiederholt. Sie kennt diesen Ohrwurm, denn seit 2013 reist die Ostschweizerin jeden November nach Zug zum Adoray-Festival. Schon am Freitag ist sie angereist und hat mit vielen an der Lichterprozession durch die Altstadt teilgenommen.

Wie Adoray entstanden ist

Beim Fisherman-Stage am Nachmittag in der St. Michaels-Kirche erfährt Bianca Forster, wie die Lobpreis-Bewegung Adoray entstanden ist. Auf der Bühne stellen sich nun Personen wie die Präsidentin des Adoray-Kernteams, Rahel Kölbener,  ihre Vorgängerin Magdalena Hegglin und Jean-Uriel Frey dem Gespräch.

Der eloquente Ordensmann kennt die Anfänge von Adoray. Es war im Jahr 2004, erzählt er, als zwei Jugendliche an der Klosterpforte der «Gemeinschaft der Seligpreisungen» in Zug anklopften, in der er tätig war. Sie suchten bei ihnen Hilfe, weil sie eine Gebetsgruppe gründen wollten. Fast zeitgleich habe sich in Luzern  eine Gruppe von Jugendlichen mit demselben Ansinnen versammelt. «Das war die Geburtsstunde von Adoray», berichtet Jean-Uriel Frey.

14 Jahre später ist Adoray in vielen Schweizer Städten präsent. Überall stehen Lobpreis, Impuls, Anbetung und Gemeinschaft im Zentrum der Treffen. Bianca Forster hört Martin Iten, den Mitgründer des katholischen Medienkollektivs Fisherman.FM, sagen: «Adoray hat sich von einer Veranstaltungsreihe zu einer Bewegung entwickelt.»

Ein 84-Jähriger heizt ein

Am Nachmittag wählt Bianca Forster den Workshop mit dem Titel «Heiliger Geist-ganz praktisch». Neugierig ist sie auf den Stargast dieses Tages: Raniero Cantalamessa, ein italienischer Priester, der seit 1980 als päpstlicher Hausprediger amtet und in dieser Funktion den Papst, Kardinäle, Bischöfe und andere Amtsträger der katholischen Kirche als Zuhörer hat. Ein hagerer Mann mit wachen, lebendigen Augen, der wortgewaltig predigt.

«Ich entschied, Gott die Zügel meines Lebens zu überlassen.»

Sein Referat geht der Frage nach, was es mit dem heiligen Geist auf sich hat, wie man ihm begegnet und was das mit einem macht. Bianca Forster hört vom Ordensmann Sätze wie: «Ich entschied, Gott die Zügel meines Lebens zu überlassen.» Auch, dass es nicht ausreiche, nur schöne Gebete und Lieder zu singen, deren Inhalt man nicht wirklich begreife.

Nach dem Workshop stärken sich alle mit Äpfeln und Tee vor der Michaelskirche.  Bianca Forster zeigt sich beindruckt vom Referat des 84-Jährigen: «Man hat gemerkt: Dieser Mann predigt nicht nur vom heiligen Geist, er lebt auch mit ihm», sagt die junge Frau gegenüber kath.ch.

Wie das Leben auf Gott ausrichten?

Als der Gast aus Rom davon erzählt habe, wie er sich in einem Schlüsselmoment dazu entschied, ein  Leben mit Gott zu führen,  habe sie sich an eine Situation aus ihrem eigenen Leben erinnert, so Bianca Forster. Mit 16 habe sie einer Predigt gelauscht, wo es um die Frage ging: Will ich wirklich radikal mein Leben für Jesus zu investieren?

Die Studentin erzählt: «Bei mir ging es zu diesem Zeitpunkt längst nicht mehr um den kindlichen Glauben, den ich bis dahin hatte, sondern um eine wegweisende Entscheidung.»  Von da an habe sie sich  Gedanken darüber gemacht, in welcher Weise sie ihr Leben auf Gott ausrichten könne.

Berufsziel Entwicklungshilfe

Bianca Forster liebt Afrika. Sie spricht am Adoray-Festival oft von diesem Kontinent. Gerade hat sie an der Universität Bern ein Medizinstudium begonnen. Später möchte sie auf dem Schwarzen Kontinent  in der Entwicklungshilfe arbeiten. «Das Bedürfnis zu helfen, entwickelte sich bei mir schon früh», sagt sie.

Als Jugendliche habe sie einen Film über Franziskus von Assisi gesehen. Sie sei fasziniert gewesen von dem Gedanken, «wie man schon mit wenig sehr glücklich sein kann». Obendrein bewundert sie den Mut des Heiligen, alles zu verschenken und sich auf die Seite der Hilfsbedürftigen zu schlagen.

Als Volontärin in Äthiopien

Es passt deshalb ganz gut  zur jungen Medizinstudentin, dass die Essensausgabe in einem Zelt auf dem Gelände des Franziskanerklosters stattfindet. Begeistert erzählt sie über der dampfenden Gemüsesuppe von ihrer Reise, die sie unlängst unter anderem nach Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens führte, wo sie als Volontärin in einem Gesundheitszentrum bei den «Missionarinnen der Nächstenliebe» arbeitete.

«Am meisten beeindruckte mich die Dankbarkeit der Menschen für die Schwestern, die einfach für sie da sind. Egal, wie sie aussehen und woher sie kommen», sagt sie. Die Ostschweizerin möchte sich von «Gott führen lassen und anderen etwas geben». In ihrer Adoray-Gruppe in Bern, wo sie sich engagiert, stösst sie damit auf offene Ohren.

«Anbetung gibt mir Kraft für den Alltag»

Um halb acht Uhr abends leert sich das beheizte Zelt auf dem Gelände des Franziskanerklosters zusehends. Auch Bianca Forster packt ihre Sachen und macht sich auf Richtung St. Michaels-Kirche, wo wenig später das «Big Adoray» stattfindet.

Als sie die Kirche betritt, sind noch ein paar mehr Farben für die Beleuchtung hinzugekommen. Jetzt sitzen auch ein paar ältere Stadtzuger in den Bänken. Vorne bringen sich die Musiker für die Lobpreisgesänge bereits wieder in Stellung. Bianca Forster freut sich darauf. «Die Anbetung Gottes, zusammen mit so vielen anderen, tut mir gut und gibt mir Kraft für den Alltag», sagt sie.

«Big Adoray» – Lobpreis bis tief in die Nacht

Das «Big Adoray» dauert bis tief in die Nacht hinein. Einige sitzen oder liegen auf dem Boden. Die Kirche, ein Wohnzimmer. Nach dem letzten Lied leert sich die St. Michals-Kirche nach und nach, und auch Bianca Forster zieht es nun in den Burgbachsaal zur Chillout-Lounge, wo bereits die Bässe wummern. Zeit für Austausch und Party bei einem Drink.

Spät in der Nacht denkt  Bianca Forster noch einmal über das Podium am Fisherman-Stage nach und sagt: «Ich finde es beeindruckend zu sehen, wie sich aus etwas Kleinem, das mit wenigen Leuten begann, so etwas Grosses entstehen konnte.»

Bianca Forster im Gebet | © Vera Rüttimann
11. November 2018 | 17:16
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