Schweiz
Zu Jesus finden?
Zürich, 26.1.18 (kath.ch) Die Initianten des «Mission Manifests» möchten, dass andere «zu Jesus finden». Eine beengende Formulierung, findet kath.ch-Redaktorin Sylvia Stam in ihrem Kommentar. Denn wo bleibt da Raum für echte Begegnung, die auch Überraschung bedeuten kann?
Ist es wirklich nur eine Frage der Interpretation? Er spricht gut, Abt Urban. Seinen feurigen Worten vom Dienen, von der Nächstenliebe, vom Hingehen an die Ränder der Gesellschaft kann ich voll zustimmen. Bloss lese ich sie nicht im Manifest. Vielmehr lese ich davon, dass unsere Länder «zu Jesus finden sollen», dass Menschen «durch eine Klare Entscheidung ihr Leben Jesus Christus übergeben». Formulierungen, die mich beengen.
Auch wenn es laut Federer zuerst um die eigene christliche Grundhaltung geht, so liegt den Verben «finden», «entscheiden» und «übergeben» doch eine gemeinsame Richtung zu Grunde, nämlich die von einem anderen Menschen hin zu Jesus.
Was mich am Manifest irritiert, ist die damit verbundene Gewissheit und Zielgerichtetheit. «Wer Jesus Christus als seinem persönlichen Herrn nachfolgt, wird andere für eine leidenschaftliche Nachfolge Jesu entzünden.» Das wird geschehen, als wäre das ein Fakt. Wo bleibt da die Demut, vielleicht im Irrtum zu sein? Wo bleibt das Vertrauen auf einen Gott, der weiss, was er oder sie im anderen tut? Und wo bleibt die Offenheit, dem oder der anderen wirklich zu begegnen? All das vermisse ich in dem Manifest.
Christin zu sein, bedeutet auch für mich, zu den Menschen hinzugehen, und ihre Lebensrealität ernst zu nehmen. Ihnen wirklich zu begegnen, bedeutet zuallererst, mich überraschen zu lassen. Ich weiss nicht von vornherein, wie Gott in ihnen wirkt. Das überlasse ich ihm. Und ich lasse dem Gegenüber die Freiheit, diese Wirkung zuzulassen.
Vielleicht wird die Begegnung so zu einer Gotteserfahrung. Keinesfalls aber bringe ich Jesus zu den Menschen. Vielmehr lasse ich mich überraschen von dem, wie Gott mir im anderen Menschen begegnet. Von Begegnung und Überraschung lese ich in diesem Manifest jedoch herzlich wenig.
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