Kardinal Fridolin Ambongo Besungu, Erzbischof von Kinshasa (Kongo).
International

Afrikanische Bischofskonferenzen zu «Fiducia supplicans»: «Erklärung hat eine Schockwelle ausgelöst»

Der Präsident des gesamt-afrikanischen Bischofsrats SECAM, Kardinal Fridolin Ambongo Besungu, hat eine Umfrage unter den afrikanischen Bischofskonferenzen zur Erklärung «Fiducia supplicans» durchgeführt. Die Ergebnisse präsentierte er in einem Schreiben, das die katholische Nachrichtenagentur in Rom (CIC) in einer eigenen Übersetzung dokumentiert.

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn,

Gnade und Frieden!

Diese Botschaft, die ich Ihnen heute übermittle, hat die Zustimmung Seiner Heiligkeit Papst Franziskus und Seiner Eminenz Kardinal Victor Manuel Fernandez, des Präfekten des Dikasteriums für die Glaubenslehre, erhalten.

Sie stellt eine konsolidierte Zusammenfassung der Positionen dar, die von verschiedenen nationalen und interterritorialen Bischofskonferenzen auf dem afrikanischen Kontinent als Reaktion auf die Veröffentlichung der Erklärung Fiducia supplicans des Dikasteriums für die Glaubenslehre vom 18. Dezember 2023 angenommen wurden. Innerhalb der Kirchenfamilie Gottes in Afrika hat diese Erklärung eine Schockwelle ausgelöst, sie hat bei vielen Laien, Personen des geweihten Lebens und sogar Pfarrern Missverständnisse und Unruhe gesät und starke Reaktionen hervorgerufen.

Die Synthese der Antworten der afrikanischen Bischofskonferenzen zeigt deren gemeinsames Verständnis und einen gemeinsamen Ansatz. Sie umfasst ihre Ansichten über die unveränderte Lehre von der Ehe innerhalb der Kirche, die seelsorgerische Betreuung aller Mitglieder der Kirche und ihre einheitliche Position zu gleichgeschlechtlichen Beziehungen. 1. Unveränderte Lehre zu Ehe und Sexualität

In ihren verschiedenen Botschaften bekräftigen die Bischofskonferenzen der Kirchenfamilie Gottes in Afrika zunächst ihre unerschütterliche Bindung an den Nachfolger Petri, ihre Gemeinschaft mit ihm und ihre Treue zum Evangelium. Sie erkennen gemeinsam an, dass die Lehre der Kirche über die Ehe und die Familie nicht geändert wurde. Sie haben alle die Passagen zur Kenntnis genommen, in denen Fiducia supplicans diese traditionelle Position der Kirche bekräftigt und die Anerkennung homosexueller Ehen ausdrücklich ausschliesst. Diese in der Heiligen Schrift verwurzelte Position wurde vom universalen Lehramt der Kirche ununterbrochen gelehrt. Daher werden Riten und Bräuche, die die Definition der Ehe – als ausschliessliche, feste und unauflösliche Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau, die für die Fortpflanzung offen ist – verwischen könnten, als unannehmbar betrachtet. Die von Fiducia supplicans getroffene Unterscheidung zwischen liturgischen Segnungen oder formellen rituellen Segnungen und spontanen Segnungen soll nicht vorschreiben, dass es Segnungen für Paare in irregulären Situationen und gleichgeschlechtliche Paare gibt (vgl. 31), auch wenn das Dokument sagt, dass sie «ausserhalb des liturgischen Rahmens durchgeführt werden sollten» (vgl. 31 & 38).

2. Seelsorgliche Betreuung und Führung

Durch die Erklärungen der Bischofskonferenzen bekräftigt die Kirche in Afrika als Familie Gottes ihre Verpflichtung zu kontinuierlicher seelsorgerlicher Begleitung aller ihrer Mitglieder. Der Klerus wird ermutigt, eine einladende und unterstützende Seelsorge zu leisten, insbesondere für Paare in irregulären Situationen. Die afrikanischen Bischofskonferenzen betonen, dass Menschen mit homosexuellen Neigungen mit Respekt und Würde behandelt werden müssen, erinnern aber auch daran, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften dem Willen Gottes widersprechen und daher nicht den Segen der Kirche erhalten können.

3. Position zu homosexuellen Partnerschaften und gleichgeschlechtlichen Paaren

Die Bischofskonferenzen ziehen es insgesamt vor – wobei es jedem Bischof in seiner Diözese freisteht -, gleichgeschlechtlichen Paaren keinen Segen zu erteilen. Diese Entscheidung beruht auf der Sorge um mögliche Verwirrung und Skandale innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft. Die ständige Lehre der Kirche bezeichnet homosexuelle Handlungen als «in sich nicht in Ordnung» (Kongregation für die Glaubenslehre, Erklärung Persona Humana, Nr. 8) und im Widerspruch zum Naturrecht. Diese Handlungen werden dahingehend bewertet, dass sie sexuelle Akte gegen das Geschenk des Lebens abschotten und nicht aus einer wirklichen affektiven sexuellen Komplementarität hervorgehen, sie dürfen unter keinen Umständen gebilligt werden (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2357).

Um diese Position zu untermauern, stützt sich die grosse Mehrheit der Einlassungen der afrikanischen Bischöfe vor allem auf das Wort Gottes. Sie zitieren Passagen, die Homosexualität verurteilen, insbesondere Lev 18:22-23, wo Homosexualität ausdrücklich verboten und als Gräuel betrachtet wird. Dieser Gesetzestext bezeugt diese Praktiken im Umfeld Israels, ebenso wie andere Praktiken, die Gott verbietet, z. B. den Kindermord (vgl. Die Opferung Isaaks). Eine Bischofskonferenz fügte den Skandal der Homosexuellen von Sodom hinzu (vgl. Gen 19,4-11). In der Erzählung des Textes ist die Homosexualität so abscheulich, dass sie zur Zerstörung der Stadt führen wird. Im Neuen Testament verurteilt der heilige Paulus im Brief an die Römer ebenfalls das, was er als widernatürliche Beziehungen (vgl. Röm 1,26-33) oder schändliche Sitten (vgl. 1 Kor 6,9-10) bezeichnet.

Zusätzlich zu diesen biblischen Gründen erschwert der kulturelle Kontext in Afrika, der tief in den Werten des Naturrechts in Bezug auf Ehe und Familie verwurzelt ist, die Akzeptanz von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, da sie als unvereinbar mit den kulturellen Normen und als von Natur aus verdorben angesehen werden.

4. Abschliessende Erklärung

Zusammenfassend sind die Bischofskonferenzen in ganz Afrika, die ihre Gemeinschaft mit Papst Franziskus nachdrücklich bekräftigt haben, der Meinung, dass die in der Erklärung Fiducia supplicans vorgeschlagenen ausserkirchlichen Segnungen in Afrika nicht durchgeführt werden können, ohne sich Skandalen auszusetzen. Sie erinnern den Klerus, die religiösen Gemeinschaften, alle Gläubigen und alle Menschen guten Willens daran, dass die Lehre der Kirche über die christliche Ehe und die Sexualität unverändert bleibt, wie es Fiducia supplicans eindeutig vorsieht. Aus diesem Grund halten wir, die afrikanischen Bischöfe, es für Afrika nicht für angebracht, homosexuelle Partnerschaften oder gleichgeschlechtliche Paare zu segnen, da dies in unserem Kontext Verwirrung stiften würde und in direktem Widerspruch zum kulturellen Ethos der afrikanischen Gemeinschaften stehen würde. Die Sprache von Fiducia supplicans ist für einfache Menschen zu subtil, um sie zu verstehen. Ausserdem ist es sehr schwer glauben zu machen, dass gleichgeschlechtliche Menschen, die in einer festen Verbindung leben, nicht die Legitimität ihres eigenen Status beanspruchen. Wir, die afrikanischen Bischöfe, beharren auf dem Aufruf zur Bekehrung aller.

Wie Hosea kommt Jesus, um Zeugnis von der Zärtlichkeit Gottes zu geben: «Denn ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten» (Mt 9,13). Daran gibt es keinen Zweifel. Aber Jesus streckt auch dem Sünder die Hand entgegen, damit er sich erhebt, damit er sich bekehrt (vgl. Mk 1,5). Nachdem er der Frau, die beim Ehebruch ertappt wurde, so viel Zärtlichkeit gezeigt hatte, sagte er zu ihr: «Geh und sündige von jetzt an nicht mehr» (Joh 8,11). Als Salz der Erde und Licht der Welt (vgl. Mt 5,13-14) ist es der barmherzige Auftrag der Kirche, gegen den Strom des Geistes der Welt zu schwimmen (vgl. Röm 12,2) und ihr das Beste anzubieten, auch wenn es anspruchsvoll ist.

Einige Länder ziehen es vor, mehr Zeit für die Vertiefung der Erklärung zu haben, die zwar die Möglichkeit dieser Segnungen bietet, sie aber nicht verlangt. Auf jeden Fall werden wir weiterhin über den Wert des allgemeinen Themas dieses Dokuments nachdenken, auch über die Segnungen für Paare in einer irregulären Situation hinaus, d.h. über den Reichtum der spontanen Segnungen in der alltäglichen Seelsorge.

Gnade und Frieden

«Gnade und Friede»: Mit diesen Worten des heiligen Paulus, in Gemeinschaft mit Seiner Heiligkeit Papst Franziskus und allen afrikanischen Bischöfen, schliesse ich als Präsident des Rats der Bischofskonferenzen von Afrika und Madagaskar (SECAM) diese Botschaft und rufe die christlichen Gemeinschaften auf, sich nicht erschüttern zu lassen. Seine Heiligkeit Papst Franziskus, der sich vehement gegen jede Form der kulturellen Kolonisierung in Afrika wendet, segnet das afrikanische Volk von ganzem Herzen und ermutigt es, wie immer der Verteidigung der christlichen Werte treu zu bleiben.

Accra, 11. Januar 2024

Fridolin Kardinal Ambongo, OFMCap

Metropolitan-Erzbischof von Kinshasa

Präsident des SECAM


Kardinal Fridolin Ambongo Besungu, Erzbischof von Kinshasa (Kongo). | © KNA
12. Januar 2024 | 14:30
Lesezeit: ca. 5 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!