Abt Urban Federer nimmt das Stundenbuch in die Ferien mit
Schweiz

«Ich fliege für eine Abtweihe in die USA»

Einsiedeln (SZ), 8.7.16 (kath.ch) Eigentlich wollte sich Urban Federer in ein Schweizer Kloster zurückziehen. Nun reist der Abt des Klosters Einsiedeln in die USA und nimmt an der Abtweihe eines ihm gut bekannten Ordensmannes teil. Ein Beitrag zur Sommerserie «Katholiken und Katholikinnen erzählen von ihren Ferienplänen».

Regula Pfeifer

Was haben Sie geplant für die Sommerferien?

Urban Federer: Mir sind alle Pläne über den Haufen geworfen worden. Ich wollte mich zurückziehen in ein anderes Kloster in der Schweiz. Dort wollte ich nur lesen, schlafen und am Klosterleben teilnehmen, so viel ich will. Nun kam alles anders.

Wie denn?

Federer: Im Kloster in den USA, in dem ich Theologie studiert habe, wurde ein neuer Abt gewählt, ein Erzabt von Sankt Meinrad, wie man dort sagt. Die Abtweihe fällt in meine Ferien. Da dachte ich: Ich habe gar keine Möglichkeit abzusagen. Und: Es wäre auch schön, mal wieder dorthin zu gehen. Ich war ja seit 1994 nie mehr dort. Jetzt brauche ich meine Ferien für diese Reise in die USA. So kann ich am grossen Fest dabei sein. Ich kenne den neuen Abt gut.

Wie verbringen Sie die Ferien sonst in den USA?

Federer: Ich werde nicht gross herumreisen. Die USA lernte ich kennen, als ich dort studierte. Ich werde lesen und zur Ruhe kommen. Und vor allem am Fest dabei sein. Ich muss selber ja nichts beitragen, keine Predigt oder so.

Werden Sie mehrere Wochen bleiben?

Federer: Nein, auch nicht meine ganze jährliche Ferienzeit. Wir können über 17 Tage Ferien verfügen. In den USA werde ich etwas mehr als eine Woche sein und die restlichen Tage übers Jahr einziehen.

Was nehmen Sie mit?

Federer: Etwas, wovon Sie vielleicht denken: Was soll das? Ich habe mein Gebetsbuch dabei, das Stundenbuch. Als ich in Freiburg Germanistik und Geschichte studierte, war ich bereits Mönch und Pater. Da hatte ich mit Leuten zu tun, die nicht wussten, was wir Mönche machen und wie unser Leben ist. Da sorgte ich offenbar mal für einen grossen Lacher. In einem Doktorandenkolloqium war ein Professor aus Berlin dabei, der fragte mich aus. Später erzählte er mir, er habe den Berliner Studenten erzählt, ich hätte ihm gesagt, Mönche hätten auch Ferien. Da habe das Auditorium gelacht – in Berlin, wo man so weit weg ist vom Mönchtum. Ich fragte, weshalb sie gelacht hatten. Sie fänden das lustig, dass ein Mönch sein Leben Gott weiht und Gott sucht – und dann mache er einfach Ferien von dem Ganzen, antwortete mir der Professor.

«Sie fanden das lustig, dass ein Mönch sein Leben Gott weiht und Gott sucht – und dann macht er einfach Ferien von dem Ganzen.»

Machen Sie denn das?

Federer: Wir haben Ferien, weil wir ja auch sehr viel arbeiten im Kloster. Und damit die immer gleiche Art, Gott zu suchen, auch mal anders verlaufen kann. Das heisst aber nicht, dass wir in den Ferien nicht beten. Deshalb habe ich das Stundenbuch mitgenommen. Ich bin froh, dass ich mal nicht wie üblich im Chorgestühl bin mit den Mitbrüdern, sondern mal eher privat beten darf.

In den USA kann ich mich ins klösterliche Gebet einklicken, muss aber nicht, denn in den Ferien sind wir da frei. Da dort alles auf Englisch läuft, ist es auch anders.

Behalten Sie den Gebetsrhythmus bei?

Federer: Ja, auch dort werde ich ein Morgengebet, ein Mittagsgebet und ein Abendgebet haben. Nur das spezielle Setting, das gemeinsame Gebet mit den anderen Mönchen, wird sich ändern. Ich finde es spannend, dies in den Ferien mal anders zu erleben.

Sie leben dort auch im Kloster?

Federer: Ja.

Wie beten Sie denn anders?

Federer: Ich bete beispielsweise im Flugzeug. Das finde ich etwas ganz Schönes. So eine neue Form des Gebets, das sind für mich Ferien. Auch anderen Leuten möchte ich dies mitgeben: Suchen Sie in den Ferien doch irgendwo eine Kirche auf. Die Sommerferien ermöglichen eine andere Art, in die Gottesbeziehung einzutreten als im Alltag, in der gewohnten Pfarrei. Viele Leute besuchen übrigens in den Ferien Kirchen.

«Ich bete beispielsweise im Flugzeug. Das finde ich etwas ganz Schönes.»

Wovon erholen Sie sich genau?

Federer: Vor allem von der Arbeit. Als Abt habe ich nicht wenig zu tun. Das Wichtigste für mich ist, mehr schlafen zu können. Und ich bin froh, dass in dieser Zeit die übliche Email- und Briefflut, die vielen Treffen und Sitzungen wegfallen. Ich bin in den Ferien mit einem Nottelefon unterwegs; nur mein Stellvertreter kennt diese Telefonnummer. So bin ich nicht erreichbar.

Was ist anstrengend in Ihrem Alltag?

Federer: Als Abt bin ich sehr viel an der Öffentlichkeit. Die Ferien ist jene Zeit, in der ich all dies nicht muss. Ich darf einfach mal mich sein, niemand will etwas von mir.

«In den Ferien darf ich einfach mal mich sein, niemand will etwas von mir.»

Wie schaffen Sie sich im Alltag Ruhezonen?

Federer: Ich werde Gott sei Dank durch unseren klösterlichen Alltag immer wieder rausgerissen aus der Arbeit. Wir haben unsere Stillezeiten, unsere Meditationszeiten, unsere Gebetszeiten. Das ist meine erste Art, mich zu erholen. Hätte ich das nicht, wäre ich dauernd am Arbeiten. Das wäre nicht gut für mich. Der Klosteralltag hilft mir, nicht zu viel zu arbeiten. (rp)

 

Erster Beitrag der Sommerserie von kath.ch:

«Das Jublalager ist anstrengend, macht aber Spass»

Abt Urban Federer nimmt das Stundenbuch in die Ferien mit | © 2016 Regula Pfeifer
8. Juli 2016 | 12:40
Lesezeit: ca. 3 Min.
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