Helmut Dieser, Bischof von Aachen.
International

Absage an Synodalen Weg: Vatikan lehnt Öffnung für Homo- und Transsexuelle ab

Der päpstliche Nuntius in Deutschland hat am Sonntag die Haltung des Vatikans bezüglich Homo- und Transsexualität bestätigt. Die Aussagen sind eine weitere Absage an den Synodalen Weg. Und sie fallen in eine Zeit steigender Gewalt gegen queere Menschen.

Annalena Müller

Nuntius Nicola Eterović erteilt Forderungen aus den Reihen des Synodalen Weges nach einer Liberalisierung der Sexualmoral eine weitere Absage. Bei einem Gottesdienst zur Heiligtumsfahrt in Aachen äusserte sich Eterović zu den Themen Ehe, Homo- und Transsexualität. Der Papstbotschafter unterstrich am Sonntag erneut die römische Linie, wonach es ungesund sei, «den Unterschied zwischen den Geschlechtern auszulöschen».

Nuntius stellt sich gegen Bischof

Der Mensch müsse seine Natur achten und könne diese nicht «beliebig manipulieren», sagte Eterović. Auch sagte der Nuntius, dass die Ehe nur zwischen Mann und Frau möglich sei. «Die katholische Kirche hat diese Lehre stets in Treue zum Herrn verkündet und alten wie neuen Angriffen auf die Familie standgehalten, welche die Urzelle von Kirche und Gesellschaft ist.»

Nicola Eterovic ist apostolischer Nuntius in Deutschland.
Nicola Eterovic ist apostolischer Nuntius in Deutschland.

Der vom Nuntius gewählte Ort für die Predigt dürfte kein zufälliger sein. Der Aachener Bischof Helmut Dieser hat sich mehrfach für eine Weiterentwicklung der katholischen Sexualmoral ausgesprochen. So hat er homosexuelle Partnerschaften als «gottgewollt» bezeichnet und in einem Interview gesagt, dass es «keine hundertprozentige Binarität» bei der persönlichen Zuordnung zum weiblichen oder männlichen Geschlecht gebe. Daher könne man auch nicht länger sagen, es gebe nur zwei Geschlechter.

Zunahme von Gewalt gegen homo- und transsexuelle Menschen

Die Predigt von Eterović kommt in einem Moment, in dem der Hass gegen Schwule, Lesben und Transmenschen in der Gesellschaft wieder zu wachsen scheint. Am Montag warnte der Queer-Beauftragte der deutschen Bundesregierung, Sven Lehmann, in der «Rheinischen Post» vor einer Zunahme von Hass gegenüber homo- und transsexuellen Menschen.

Sven Lehmann ist Queer-Beauftragter der deutschen Bundesregierung.
Sven Lehmann ist Queer-Beauftragter der deutschen Bundesregierung.

Laut Lehmann sei deren Lage äusserst ambivalent: «Einerseits gibt es emanzipatorische Errungenschaften, wie das Recht auf gleichgeschlechtliche Eheschliessung und mehr Sichtbarkeit queerer Menschen in Sport, Medien, Politik und Kultur.» Auf der anderen Seite aber gebe es auch täglich Hasskriminalität. «Laut offizieller Zahlen werden jeden Tag drei bis vier queere Menschen in Deutschland angegriffen.» Die Tendenz ist derzeit steigend.

Römische Haltung muss erweitert werden

Hier tritt das Spannungsfeld zwischen abstrakter römischer Theologie und praktischer Weltnähe der Ortskirchen zutage. Eterovićs Predigt basiert auf dem tradierten kirchlichen Verständnis der Ehe als lebenslange Gemeinschaft, die der Zeugung von Nachkommenschaft dient.

Vier brennende Kerzen in einer Schale auf den Altarstufen zum 20-jährigen Bestehen von Queer-Gottesdiensten in München.
Vier brennende Kerzen in einer Schale auf den Altarstufen zum 20-jährigen Bestehen von Queer-Gottesdiensten in München.

Bischof Helmut Dieser hingegen gehört zu den bekannten Gesichtern des deutschen Synodalen Weges, der für eine Akzeptanz und Inkorporierung der gesellschaftlichen Gegebenheiten plädiert. Auch unter der Prämisse, dass Kirche niemanden ausschliessen dürfe.

In einer ersten Reaktion nach der Predigt von Eterović sagte Bischof Dieser: «Das war nicht anders zu erwarten. Der Nuntius vertritt – und muss vertreten – die offizielle römische Linie.» Dieser fügte hinzu, dass er Eterović im Grundsatz zustimme. «Aber wir sagen eben immer auch an einigen Stellen noch ein paar Sätze mehr. Und das ist der Streitpunkt. Kann man das Bisherige, ohne es zu gefährden oder infrage zu stellen, auch erweitern?»


Helmut Dieser, Bischof von Aachen. | © KNA
12. Juni 2023 | 14:00
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