"Ashura"-Umzug der Schiiten in Zürich
Schweiz

800 Schiiten am Trauermarsch durch Zürich

Zürich, 13.10.16 (kath.ch) Rund 800 Muslime schiitischer Glaubensrichtung sind am Mittwochabend durch die Zürcher Innenstadt marschiert. Die mehrheitlich dunkel gekleideten Männer, Frauen und Kinder begingen das Gedenken an den im Jahr 680 getöteten Imam Hussein, einen Enkel des Propheten Mohammed.

Einer gibt einen kurzen Ruf von sich, in dem der Name Hussein vorkommt, die anderen in seiner Nähe wiederholen diesen. Dann wieder der erste, gefolgt von den anderen. Von hinten und vorne sind weitere solche Rufgruppen auszumachen. Ein Fünfjähriger hat sich auf den Schultern seines Vaters zum Vorsinger gemausert, die Umstehenden antworten auch auf seine Rufe. Eine Gruppe fängt an zu singen. Die Demut sei der Hochmut vorzuziehen, heisst es auf dem Plakat, das diese Gruppe mit sich trägt. Er vergesse seine eigenen Schmerzen, wenn er an jene von Hussein denke, heisst es auf einem anderen Plakat. Viele, die mitgehen, schlagen sich im Takt mit den Worten auf die Brust. Einige tragen ein weisses Tuch mit roten Blutspuren um den Kopf. Andere halten eine Fahne mit arabischen Schriftzeichen. Frauen mit Kopfbedeckung stossen Kinderwägen.

Distanzierung vom IS

Zwei Jugendliche mit iranischer beziehungsweise libanesischer Herkunft drücken den Umstehenden ein Papier in die Hand. Da sei nachzulesen, weshalb alle Menschen schwarz gekleidet seien, sagen sie. «Wir möchten nicht, dass die Menschen Angst haben», sagt einer von ihnen. In Zeiten wie diesen, wo alle vom Islamischen Staat (IS) sprächen, sei Information sehr wichtig. Der in Schlieren ansässige islamisch-kulturelle Verein Ahlebeyt distanziert sich im Flyer klar von den Taten des IS. Die Schiiten seien selbst Opfer solcher Terroristen – seit 1400 Jahren, schreibt der Verein.

Der Umzug der Schiiten gilt dem Enkel des muslimischen Propheten Mohammed, Imam Hussein. Dies erklärt der verteilte Flyer. Der 624 nach Christus geborene Mann hatte einem Tyrannen seine Gefolgschaft verwehrt. Er musste mit seinen Anhängern flüchten, wurde aber vom Heer des Tyrannen gestellt. Es kam zur Schlacht, bei der Hussein und seine Anhänger alle getötet wurden. Der Glaubensrichtung der Schiiten drohte das Aus.

Am zehnten Tag des ersten islamischen Monats

Die Trauerfeier mit der Bezeichung «Ashura» findet jedes Jahr am zehnten Tag des Muharram statt. Muharram ist der erste Monat des islamischen Kalenderjahrs, der bekanntlich anders zählt als der in der westlichen Welt benützte Kalender. Auch der Umzug in Zürich ist nicht neu. Es seien jedes Jahr mehr Leute dabei, erzählt ein Teilnehmer. Es handle sich vorwiegend um Pakistaner, Iraner oder Araber.

Die rund 800 Personen – auf so viele schätzt die Stadtpolizei Zürich die Teilnehmenden am Trauermarsch – laufen durch das nächtliche Zürich. Die Kundgebung führt vom Helvetiaplatz zur Bahnhofstrasse und zurück zum Helvetiaplatz. Es ist dunkel, die Leute auf den Gehsteigen und in den Restaurants schauen verwundert, teilweise stirnrunzelnd hin zum ungewöhnlichen Aufzug. (rp)

«Ashura»-Umzug der Schiiten in Zürich | © Regula Pfeifer
13. Oktober 2016 | 15:34
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