Kölner Wahrzeichen: Dom und Hohenzollernbrücke.
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75-Jährige Priester fordern in einem offenen Brief Reformen

Köln, 13.1.17 (kath.ch) Zölibat, Frauenpriestertum, gemeinsames Abendmahl. Die Forderungen, welche elf Kölner Priester in einem offenen Brief an den Klerus aufstellen, sind nicht neu. Neu ist jedoch, dass dieser «frische Wind» aus Köln kommt, wo die Bischöfe lange eher konservativ waren, sagt Markus Heil, Präsident der Schweizer Pfarrei-Initiative, gegenüber kath.ch.

Sylvia Stam

Mit einem offenen Brief zum Zustand der Kirche und des Priesterberufs in Deutschland haben sich elf Priester aus Köln, die 1967 geweiht wurden, an Klerus und Öffentlichkeit gewandt. Anlässlich der Dankesmesse zum Priesterjubiläum, die am 27. Januar stattfindet, schildern sie in einem zweiseitigen Schreiben, wie sie die Zeit nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erlebt haben. Aus ihrer langjährigen Erfahrung formulieren sie ausserdem «sieben Wegweiser für eine Kirche der Zukunft».

Die elf Priester fühlten sich in den Sechziger Jahren als «Avantgarde einer sich erneuernden Christenheit», heisst es in dem Schreiben, das auf domradio.de publiziert ist. Leider hätte im Verlauf der Zeit jedoch eine von Angst geprägte «Bunkermentalität» überhandgenommen.  »Wir mussten lernen, mit Enttäuschungen unseren Weg zu gehen.» Kraft geschöpft hätten sie in dieser Situation bei den Gemeinden vor Ort.

Gott ist kein Thema mehr

Im Weiteren halten die Mittsiebziger fest, was ihnen am heutigen kirchlichen Leben Sorgen bereitet, nämlich «dass die Frage nach Gott bei vielen Menschen hierzulande kein Thema mehr ist.» Die Begeisterung für das Evangelium, die Papst Franziskus zu wecken versuche, packe bisher nur wenige.

Von der Kraft, die von Jesus Christus ausgehen könnte, sei in Gesellschaft und Kultur selbst unter Christen wenig bemerkbar. Dabei müssten Christen gerade «angesichts der wachsenden Zahl der Muslime in Deutschland» ihr christliches Gesicht zeigen. «Vor allem der geistliche Dialog ist gefordert, damit der Geist der Bibel dem Geist des Koran begegnet und hier Wort und Widerwort findet zur Klärung und Annäherung.»

Als besonders schmerzhaft erfahren sie, dass junge Familien und Kinder nach der Erstkommunion nur noch punktuell am kirchlichen Leben teilnähmen.

Wegweiser in die Zukunft

In einem zweiten Teil machen die Priester anhand von «sieben Wegweisern in die Zukunft» Reformvorschläge für die Kirche. Als ersten Punkt erwähnen sie die Erneuerung der Sprache, welche «mit den Erfahrungen deutlicher in Zusammenhang gebracht werden» müsse.

Sie fordern die Kirchenleitungen auf, die «Geistesgaben von Männern und Frauen» nicht durch Kirchengesetze zu begrenzen. Es brauche dringend Vorstösse zur Zulassung von Frauen zu den Weiheämtern. «Es hat keinen Sinn, den Heiligen Geist ständig um Berufungen zu bitten und gleichzeitig alle Frauen von diesen Ämtern auszuschliessen.»

Gott steht über konfessionellen Querelen

In Fragen der Ökumene erinnern sie daran, «dass der Herr hoch über unseren konfessionellen Querelen steht». Entsprechend liege die Teilnahme an Eucharistie und Abendmahl in der Verantwortung der Gläubigen.

«Grosspfarreien sind in jeder Hinsicht eine Zumutung», halten die Priester mit Blick auf die Pastoralplanung fest. Hier brauche es ein Umdenken. Eine Gemeinde lebe dort, wo Menschen vor Ort sind. Sie verweisen diesbezüglich auf Projekte in Österreich und Frankreich.

Im letzten Punkt sprechen sie in berührend ehrlicher Weise von der Einsamkeit der Priester. «Als alternde Ehelose bekommen wir sie jetzt, nach 50 Dienstjahren, manchmal deutlich zu spüren.»  Der Zölibat, der ausserhalb einer Klostergemeinschaft gelebt werde, «führt immer wieder zu fruchtloser Vereinsamung.» Eine spirituelle Quelle in der Seelsorge setze er selten frei. Viele von ihnen hätten diese Lebensform «um des Berufes willen angenommen, aber nicht gewählt.» Eine Verpflichtung zum Zölibat lasse sich in der Bibel nicht finden.

 

Kölner Wahrzeichen: Dom und Hohenzollernbrücke. | © Georges Scherrer
13. Januar 2017 | 16:18
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Blick der Schweizer Pfarrei-Initiative auf den Brief

Markus Heil, Präsident der Pfarrei-Initiative, welche ebenfalls für viele der im Brief genannten Forderungen eintritt, findet den Text «spannend». Er entdeckt aber wenig neuen Inhalt. «Einerseits ist es eine Freude, einen so klar formulierten Text zu lesen, gleichzeitig weist er darauf hin, dass im Reformstau der katholischen Kirche auch unter Papst Franziskus noch nicht viel passiert ist.»

Vor dem Hintergrund der langjährigen konservativen Kölner Erzbischöfe sei der Brief «ein Zug frischer Luft». Dass er von etwa 75-jährigen Männern stammt, zeige, «dass die älteren Priester eher zu den mutigen zählen». In Köln einen solchen Schritt zu sehen, mache Mut, «auch für unsere Zusammenarbeit zwischen Österreich, Deutschland und der Schweiz.»