Kanzler Dr. Claudius-Luterbacher-Maineri im Gespräch mit Frau Mutter Sr. Gabriela Tinner und Sr. Scholastika Beyeler (rechts)

Schwestern von Tübach ziehen um

Medienmitteilung

Kapuzinerinnen von St.Scholastika übersiedeln ins Kloster Maria vom Guten Rat, Notkersegg, St.Gallen – Tübach: In den ersten Aprilwochen geht eine 403-jährige Geschichte zu Ende. Die sechs zumeist hochbetagten Schwestern des Klosters St. Scholastika haben sich zu einem Neuanfang entschieden, sie übersiedeln ins Kloster Maria vom Guten Rat, Notkersegg, St.Gallen. Hier finden sie in eine Gemeinschaft, die wie sie der Kapuzinerinnen-Föderation St.Klara angehört und eine ähnliche Spiritualität pflegt. Zwei Tübacher-Schwestern werden in der 2017 eingeweihten Pflegabteilung von Notkersegg betreut, die acht Kapuzinerinnen von St. Scholastika sind also nach dem Umzug wieder vereint.

Dem Beschluss gingen viele Gespräche voraus, es war ein Ringen und schliesslich ein Vernunftsentscheid. Die Kräfte der sechs verbleibenden Schwestern reichen nicht mehr aus, das Kloster weiter zu führen. Frau Mutter Gabriela Tinner und ihre Stellvertreterin Sr. Scholastika Beyeler sind seit Februar mit Vorbereitungsarbeiten für den Umzug beschäftigt. Wehmut ist beim Rundgang durch die Klosteranlage mit harmonischem Innenhof spürbar, beide haben auch Blütezeiten des Klosters erlebt. «Bei meinem Eintritt vor 58 Jahren war ich die 40. Schwester», erzählt Frau Mutter Sr.Gabriela.

Beten, Arbeiten, persönliche Zeit
Gebetszeiten, Arbeit und persönliche Zeiten prägten über vier Jahrhunderte das Leben der Schwestern. «Wir haben noch bis Ende 2018 Hostien gebacken», erzählt Sr. Scholastika. Sie erklärt in der Hostienbäckerei die Funktionen der in Tübach für immer stillstehenden Backmaschinen. Möglich ist, dass sie irgendwo auf der Welt eine neue Verwendung finden, Interesse ist vorhanden. In der Sakristei liegen Priestergewänder in Schubladen, einst aufwändig bestickt von talentierten Kapuzinerinnen. An der Türe der Klosterkirche sind die Gebetszeiten angeschlagen, in Bilderrahmen im Kreuzgang auf fein säuberlich geschriebenen Bogen die Namen der verstorbenen Schwestern aufgeführt, eine Zeile ist noch leer. «Hier wird kein Name mehr eingeschrieben», sagt Frau Mutter. Sie zeigt trotz des nahenden Abschieds ein kleines Schmunzeln.

Gebündelte Ressourcen

«Im Kloster Maria zum Guten Rat leben die Schwestern aus St.Scholastika im Status von Gastschwestern, sind aber trotzdem ganz in die Gemeinschaft integriert», erklärt Frau Mutter Schwester Manuela Schreiner. «Die Schwestern vom Kloster Notkersegg freuen sich sehr auf die gemeinsame Zukunft und darauf, dass sie den Schwestern von Tübach Heimat sein dürfen.» Durch die Übersiedlung der Tübacher Schwestern können die Ordensfrauen beider Gemeinschaften ihre Ressourcen bündeln. «Und Schwestern, die pflegebedürftig werden, müssen dank unserer Pflegeabteilung nicht nochmals einen Ortswechsel durchmachen», ergänzt Sr. Manuela Schreiner.

Zukunft der Klosteranlage
Wie die Klosteranlage St. Scholastika künftig genutzt wird, ist noch ganz und gar offen. «Schnelle Entscheidungen wird es nicht geben», betont Kanzler Claudius Luterbacher. Er ist im Auftrag des Bischofs und zusammen mit Generalvikar Guido Scherrer für diverse Frauenklöster im Bistum zuständig. Beide sind froh und dankbar, dass die Schwestern aus Tübach in St.Gallen eine neue Heimat finden. Klosterberater Peter Schönenberger ist für die Schwestern wie für das Bistum eine grosse Stütze in diesen Tagen des Abschieds. Es gibt nebst den Umzugsvorbereitungen viel Administratives zu erledigen und die Zukunft der Anlage zu sichern. Für die Betreuung und Überwachung der Gebäude sind Vorkehrungen getroffen worden, wertvolle Kulturgüter werden ausgelagert. Sr. Gabriela und Sr. Scholastika gehen mit tiefem Gottvertrauen die nächsten Schritte. «Alles in Gottes Vorsehung ist für etwas gut». Ihr heiterer Gesichtsausdruck verrät, dass es für sie keine leeren Worte sind. (BistumSG/Sabine Rüthemann)

Am Sonntag, 24. März, 9 Uhr, wird in der Tübacher Klosterkirche ein Abschiedsgottesdienst mit Bischof Markus Büchel gefeiert.

Geschichte des Klosters St.Scholastika

Das Kloster St. Scholastika wurde 1617 in Rorschach neu angesiedelt und entstand durch die Zusammenlegung der beiden Mörschwiler Waldschwesternhäuser Hundtobel und Steinertobel. Dies waren mittelalterliche Gemeinschaften von Frauen, die als Beginen nicht einem Orden angehörten und keine Klausur kannten. Das Kloster St.Gallen bestimmte um 1600 über die Zukunft der Schwestern auf seinem Herrschaftsgebiet. Als tiefgreifende Reform wurden sie in den damals jungen und modernen Kapuzinerorden eingebunden, ein Zweig der franziskanischen Orden. Die Schwestern erlebten gewaltige Umbruchzeiten: die Reformation, die Bedrohungen der Französischen Revolution, die Industrialisierung. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts traten immer mehr Schwestern ein. Dies vermutlich auch, weil das Ordensleben den Frauen eine Alternative zum vorgespurten, bürgerlichen Lebensweg bot. Die Industrialisierung, gekoppelt mit dem starken Wachstum von Rorschach, brachte die Geschäftigkeit der Stadt sowie den Lärm des nahen Hauptbahnhofes in die kontemplative Gemeinschaft. Ein Neubau in Tübach wurde 1905 eingeweiht, hier fanden die Kapuzinerinnen wieder die nötige Ruhe. Äusserlich ist der weit herum sichtbare Gebäudekomplex von romanischen wie gotischen Elementen geprägt. Der Innenraum der Klosterkirche ist im Beuroner-Stil ausgemalt. Die ganze Anlage steht unter Denkmalschutz. (BistumSG/sar.)

Kanzler Dr. Claudius-Luterbacher-Maineri im Gespräch mit Frau Mutter Sr. Gabriela Tinner und Sr. Scholastika Beyeler (rechts) | © BistumSG / Regina Kühne | © Bistum St. Gallen
Bistum St. Gallen
7. März 2019 | 15:44