Schutz für Menschen auf der Flucht: Bundesrat muss endlich handeln!

Medienmitteilung

Amnesty Schweiz ruft den Bundesrat dazu auf, seine Versprechen wahr zu machen und 1500 besonders verletzliche Flüchtlinge des Syrienkonflikts so schnell als möglich aufzunehmen. In einer Petition fordert Amnesty von der Schweiz zudem, Italien und Griechenland mit der Aufnahme von Asylsuchenden zu entlasten. In Schweizer Bahnhöfen machten Dutzende von Aktivistinnen und Aktivisten auf das Schicksal von Menschen auf der Flucht aufmerksam.

Unter dem Titel «Alles ist besser geschützt als Menschen auf der Flucht» lancierte die Menschenrechtsorganisation am Montag eine nationale Kampagne. AktivistInnen eingehüllt in Rettungsdecken erinnerten die Pendlerinnen und Pendler an den grössten Hauptbahnhöfen wie Zürich, Bern, Basel, Lausanne und Genf an die Verletzlichkeit der Menschen, die in ihren Heimatländern alles aufgeben mussten und auf Schutz und Aufnahme hoffen. In weiteren Orten in der Schweiz liefen Aktionen zur Lancierung der neuen Kampagne zum besseren Schutz von Menschen auf der Flucht an.

Zu wenige Plätze für besonders verletzliche Menschen

65 Millionen weltweit: Seit dem zweiten Weltkrieg waren nie mehr so viele Menschen auf der Flucht. Sie fliehen vor Krieg, Verfolgung und Gewalt. Die reichen Länder und die gesamte internationale Gemeinschaft schaffen es nicht, die Verantwortung für die Aufnahme und den Schutz der Flüchtlinge auf der Welt gerecht untereinander zu verteilen. Am Uno-Flüchtlingsgipfel, der heute in New York beginnt, ringen die Staaten erneut um eine Lösung.Nach Schätzung des UNHCR müssen 2017 über 1,19 Millionen besonders verletzliche Flüchtlinge (Kinder, Opfer von schwerer Gewalt, Schwangere und Familien mit Kleinkindern, kranke und ältere Menschen) dringend in einem neuen Land dauerhaft angesiedelt werden. Bislang stellen aber nur rund 30 Länder insgesamt etwas über 100›000 «Neuansiedlungsplätze» pro Jahr zur Verfügung (UNHCR Projected Global Resettlement Needs 2017, Juni 2016).

Abschottung und Auslagerung der Verantwortung

Zahlreiche Menschen nehmen eine lebensgefährliche Reise in Kauf, um in ein sicheres Land zu kommen, wo sie ein würdiges Leben führen können. Anstatt den Flüchtlingen Schutz zu bieten, setzt Europa auf Abschottung und Auslagerung der Verantwortung an die Aussengrenzen.

So sitzen Tausende von Flüchtlingen in Griechenland und Italien fest, weil die Grenzen anderer europäischer Länder für sie verschlossen sind. Die meisten von ihnen leben unter unwürdigen Bedingungen: Es fehlt an Unterkünften, medizinischer Versorgung, sanitären Anlagen. Sie leben in Ungewissheit über ihre Zukunft und warten monatelang auf einen Termin bei den Behörden. Die Staaten müssen enger zusammenarbeiten und die Verantwortung für den Schutz der Flüchtlinge gerechter aufteilen. Auch die Schweiz muss hier einen grösseren Beitrag als bislang leisten.

Aufnahme kommt nur schleppend voran

Der Bundesrat hatte 2015 beschlossen, innerhalb von drei Jahren 1500 besonders verletzliche Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen sowie Griechenland und Italien mit der Aufnahme von 1500 Asylsuchenden zu entlasten. Am Freitag hat der Bundesrat in einem neuen Bericht sein Engagement für eine stärkere europäische Zusammenarbeit für syrische Flüchtlinge bekräftigt.

Bis heute ist allerdings erst wenig passiert. Im Rahmen des sogenannten Relocation-Programms wurden erst 72 Menschen aus Italien und keine einzige Person aus Griechenland aufgenommen (Zahlen EU-Kommission, Stand 15. September). Direkt aus der Konfliktregion (Resettlement) kamen nach dem Bundesrats-Beschluss erst 751 besonders verletzliche Syrienflüchtlinge in die Schweiz (Bericht des Bundesrats zum Engagement der Schweiz in der Syrienkrise, 16. September).

Die Schweiz kann und muss mehr tun!

Daher fordern wir vom Bundesrat:

  • die versprochenen 1500 besonders verletzlichen Flüchtlinge des Syrienkonflikts so schnell als möglich aufzunehmen,
  • möglichst rasch Italien und Griechenland zu entlasten, indem – wie versprochen – 1500 Asylsuchende aus diesen Ländern aufgenommen werden,
  • mehr Solidarität zu zeigen und weitere Flüchtlinge und Asylsuchende aufzunehmen.

Die Petition von Amnesty an die Schweiz reiht sich ein in die globale Kampagne «I Welcome» von Amnesty International, die anlässlich des Uno-Flüchtlingsgipfels und der Flüchtlingskonferenz von US-Präsident Barack Obama lanciert wird.

Amnesty International
19. September 2016 | 08:07