Säkularer Anti-Christianismus

Medienmitteilung

Paul Jeannerat

Luzern, 30. Januar 2017

Anti-Christianismus ist in den Schweizer Medien verbreitet, wird aber nicht als Problem wahrgenommen. Dies führt zu einem Malaise in der Bevölkerung und begünstigt konservativ-populistische Politik. Höchste Zeit, die vitalen und bis heute revolutionären Traditionen des Christentums hervorzuheben!

So lautet eine These, die am 44. Dialog des Forums für offene Katholizität, am 30. Januar 2017 im RomeroHaus Luzern, diskutiert wurde. Der Dialog stand unter dem Titel «Säkularer Anti-Christianismus» und war der zweite der Reihe des Bildungsjahres 2016/2017, die dem Thema «Säkularimus als Herausforderung» gewidmet ist.

Zuerst referierte der promovierte Theologe Thomas Staubli. Er lehrt an der Universität Freiburg/CH Theologie des Altes Testaments und wirkt als Seelsorger in der Pfarrei Bösingen FR/Laupen BE. Seine Thesen klangen provokant:

Das Christentum in seinem Selbstverständnis und Engagement wird in den Schweizer Medien häufig nicht sachgerecht dargestellt. Unwissenheit und Vorurteile führen zu unpräziser und falscher Berichterstattung. Dem Christentum werden Eigenschaften angehängt, die gerade nicht christlich, sondern typisch für die konservativ bürgerliche Gesellschaft sind. Auf diese Weise wird subtil Anti-Christianismus verbreitet. Dieser Vorgang geht weitgehend unbemerkt und auch unkommentiert vor sich und wird darum nicht als Problem erkannt, sondern als Teil einer quasi «natürlichen» Säkularisierung hingenommen. Progressiv christliches Gedankengut und Engagement wird kaum wahrgenommen und es fehlt an einer angemessenen Empathie mit dem Christentum als weltweit verfolgter Religion.

Thomas Staubli belegte diese Beobachtungen mit einem Beispiel aus einem renommierten Forschungsmagazin, das eine verzerrte Form des Christentums als Negativfolie zur pointierten Darstellung von wissenschaftlichen Forschungsergebnissen verwendet hat. Und mit einem Beispiel aus einer Boulevardzeitung: Mit der Foto einer Kirche und der Überschrift «Pädophiler (90) betastet Mädchen in der Kirche», wird suggeriert, dass sich «schon wieder» ein Kirchenmann eines sexuellen Übergriffs schuldig gemacht hat. Solche Beispiele gibt es viele. Staubli fügte an: «Dies ist nur die Spitze des Eisbergs!»

Josef Estermann, Leiter Grundlagen und Forschung des RomeroHauses, leitete anschliessend das Podiumsgespräch mit Thomas Staubli und dem ehemaligen Fernsehjournalisten Erwin Koller (der für den erkrankten Uwe Justus Wenzel einsprang) und mit den etwa 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Die Feststellung, dass weltweit Christen verfolgt werden, weil sie Christen sind, beeindruckte die Anwesenden, ist doch diese Tatsache noch kaum in unser Bewusstsein eingeflossen, da die mediale Information darüber hierzulande nur dürftig ist.

Weil ein subtiler Anti-Christianismus in den Medien verbreitet, aber tendenziell nicht als Problem wahrgenommen wird, fördert dies das religiöse Nicht-, Halb- und Falschwissen. Dies führt zu einem Malaise in der christlichen Bevölkerung und schlimmstenfalls zu einer gefährlichen Verbindung von christlicher Abendlandromantik und populistisch-rassistischer Politik. Nicht nur in den USA, sondern auch in Polen, Frankreich   – und in der Schweiz –   droht diese beängstigende Entwicklung. Journalistinnen und Journalisten tragen Verantwortung, sich gegen die Marginalisierung der christlichen Botschaft zu wehren und aufzuzeigen, dass das Grossartige des Glaubens wert ist, verteidigt zu werden.

 

Die Dialoge des Forums für Offene Katholizität (FOK) werden verantwortet durch das FOK-Team in Zusammenarbeit mit dem Verein tagsatzung.ch und dem RomeroHaus Luzern. Mitglieder des FOK-Teams sind: Durrer Brigitte, Estermann Josef, Karrer Leo, Koller Erwin, Jeannerat Paul, Odermatt Alois, Rüttimann Vera, Suter Ester.

Der nächste, 45. Dialog findet am Montag, 20. März 2017, 14 bis 1730 Uhr, im RomeroHaus Luzern statt. Thema: Aufgeregt statt aufgeklärt: Kirche und Gender. Es referieren die Preisträgerin 2017 der Herbert Haag Stiftung für Freiheit in der Kirche, Jadranka Rebeka Anic, Professorin für Pastoraltheologie in Split/Kroatien, und die promovierte Theologin Angela Büchel Sládkovic, Worb (BE).

Die Texte (Themensetzung, Thesen, Berichte, Kommentare, Schlagwörter) der Dialoge 1 bis 44 sind publiziert unter www.fokdialoge.org.

 

Forum Offene Katholizität
1. Februar 2017 | 08:52