Rana Alsoufi: Stellungnahme ,,Genug der Vogel-Strauss-Politik››

25.08.2018

Ich kann es nachvollziehen, wenn man als Dekan seine Fakultät verteidigt und sich für sie einsetzt. Was ich nicht nachvollziehen kann, ist die ,,Vogel-Strauss-Politik››, für welche sich der Dekan der Theologischen Fakultät entschieden hat.  Schön reden kann sachliche Kritik nicht entkräften. Wäre eine gute Zusammenarbeit möglich gewesen, wäre ich heute noch an der Fakultät tätig. Weil mir das Zentrum für Komparative Theologie beziehungsweise das Fach Islamische Theologie ein Anliegen ist, nehme ich zum Artikel in der Luzerner Zeitung am 22.08.2018 Stellung.

An der Theologischen Fakultät lernt man nicht aus der Geschichte. Vor zwei Jahren hat die Universität ihre Pläne für das Zentrum für Komparative Theologie mit grosser Medienaufmerksamkeit kommuniziert. Von diesem Pionierprojekt war ich beeindruckt. Meine Erfahrungen in der Theologischen Fakultät haben mir jedoch gezeigt, dass die Theologische Fakultät sich für das, was in den Medien kommuniziert wurde, überhaupt nicht vorbereitet und ihre Versprechungen auch später nicht eingelöst hat. Die nun gemachten Aussagen von Dekan Robert Vorholt über die Zukunft des Zentrums für Komparative Theologie und vor allem über die Zusammenarbeit mit dem «Schweizerischen Zentrum für Islam und Gesellschaft« der Universität Fribourg sind wieder nicht mehr als ein Wunsch, die Erklärung einer Absicht. Zur Realisierung benötigt die Fakultät eine klare Planung mit konkreten Zielen, mit gesicherter Finanzierung und mit einer ernsthaften Bereitschaft, in den Dialog mit dem Islam auf Augenhöhe einzutreten.

,,Rana Alsoufi konnte in der Fakultät leider nicht Fuss fassen››

Ich finde es sehr bedauerlich, dass Dekan Vorholt die Fakten bezüglich der Probleme des Zentrums für Komparative Theologie umgedreht hat. Die Idee zur Einrichtung eines Zentrums für Komparative Theologie geht bereits auf das Jahr 2012 zurück, wie Herr Regierungsrat und Präsident des Universitätsrats Reto Wyss mir kürzlich in einem Brief mitgeteilt hat. Warum hat es die Theologische Fakultät mit ihren zweifellos renommierten Professoren in sechs Jahren nicht geschafft, ein Zentrum für Komparative Theologie zu planen und zu etablieren?

Der Dekan war nicht in der Lage, den Leiter des Ökumenischen Instituts und die Leiterin des Instituts für Jüdisch-Christliche Forschung (IJCF) zu einem gemeinsamen Treffen mit mir einzuladen und den Aufbau des Zentrums für Komparative Theologie voranzutreiben. Aus diesem Grund hat der Rektor die Sitzungen selbst geführt, obwohl sein Fachgebiet weder Theologie noch Religionswissenschaften ist.

Am 27.06.2018 stellte Dekan Vorholt in einer Sitzung des Universitätsrats den neuen Strukturbericht vor, welcher das IJCF aus dem gesamten Projekt des Zentrums für Komparative Theologie herausnimmt. Es ist zu einem Zentrum für islamisch-christlichen Dialog gemacht geworden. Hier stellt sich die Frage: Warum ist die Leiterin des IJCF aus dem Projekt ausgestiegen, das sie 2012 unterschrieben hat als eine von zwei Verantwortlichen? Warum hat sie sich geweigert, mitzuarbeiten? Und warum war der Leiter des Zentrums für Komparative Theologie am Schreiben des neuen Konzeptpapiers nicht beteiligt?

Auf Grund dieser gravierenden Probleme habe ich mich bewusst entschieden, nicht nur zu kündigen, sondern auch auf die mangelhafte Situation des Zentrums für Komparative Theologie aufmerksam zu machen. Meine sachliche und gut begründete Kritik habe ich Dekan Vorholt und Rektor Staffelbach schon früh und in aller Deutlichkeit kommuniziert. Weil ich keine seriösen Entwicklungsschritte erkennen konnte und kann, habe ich vor kurzer Zeit einen Beschwerdebrief an den Universitätsrat geschrieben, in dem ich die Mitglieder des Universitätsrats über die Probleme, die mich zum Rücktritt veranlassten, informiert habe. Ich hoffe und bin zuversichtlich, dass der Universitätsrat die komplexe Problemlage überprüfen wird.

,,Das Zentrum für Komparative Theologie will genau das: einen Beitrag leisten zur politischen Debatte der Gegenwart. Um es theologisch zu formulieren: Es geht um einen «Dienst der Versöhnung».’’

Wesentliche Fragen zur Integration der Islamischen Theologie in die Theologische Fakultät wurden nie gestellt. Was will die Theologische Fakultät mit einer 50%-Professur für Islamische Theologie erreichen? Es gehörte zu meinen Aufgaben, Lehrveranstaltungen anzubieten, aber in den Studiengängen der Fakultät hat das Fach gar nicht existiert. Auch meine Mitwirkung an einer Masterprüfung ist abgelehnt worden.

Ist Islamische Theologie ernsthaft erwünscht an der Universität Luzern? Wenn die Antwort ja lautet, dann muss die Universität sich entsprechend engagieren. Warum kommt die Finanzierung vollständig von einer deutschen Stiftung? Wenn die Universität ernsthaft an Islamischer Theologie interessiert ist, muss sie sich zumindest an den Kosten für die Bibliothek und für die Hilfskraft beteiligen. Ohne genügende Infrastruktur nützen alle schönen Worte nichts.

Sehr problematisch finde ich, den Dialog mit dem Islam auf politische Ziele zu beziehen, aber von einem seriösen wissenschaftlichen Austausch ist keine Rede. Das ist eine unzulässige ,Ausnutzung und Instrumentalisierung der Wissenschaft der Islamischen Studien›. Die grosse Frage ist nicht, ob das Zentrum für Komparative Theologie eine Zukunft hat, sondern ob Islamische Theologie als Wissenschaft an der Universität Luzern und in der Schweiz ernst genommen wird und eine Zukunft hat. Es darf nicht sein, dass die Politik über die Ausrichtung des Fachs Islamische Theologie entscheidet. Aber ich habe leider diesen Eindruck.

Gastbeitrag
31. August 2018 | 11:23