Lachen in der Bibel

Wer in der Bibel nach Witzen forscht, kann lange suchen. Dennoch haben darin Humor und Lachen durchaus ihren Platz.

von Viktor Dormann

Ein Bettelprediger war bekannt dafür, dass er den Leuten das Geld aus der Tasche zu locken verstand. Nachdem er ihnen in der Predigt so richtig eingeheizt hatte, liess er statt der Sammelbüchse einen Hut durch die Bänke zirkulieren. Da beschloss einmal ein Zuhörerkreis, dem berühmten Prediger seine erfolgssichere Bettelei wenigstens einmal zu durchkreuzen und den Hut leer zurückzugeben. Die Sache war noch besonders pikant, weil der Mann bei der folgenden Eucharistiefeier das Sammelgeld in die Gabenbereitung einbezog und ein Dankgebet dazu sprach. Gespannt warteten daher alle, was kommen würde. Ohne eine Miene zu verziehen, nahm der Prediger den leeren Hut entgegen, hielt ihn in die Höhe und betete: «Lieber Gott, ich danke dir, dass mir diese Leute wenigstens den Hut zurückgegeben haben.» Damit war die Situation natürlich gerettet: Der Prediger konnte seine Schlagfertigkeit bewahren, und die Leute wurden für ihre Aktion nicht abgekanzelt, sondern mit Humor bedacht.

Jesus – ein Mann mit Mutterwitz

In der Bibel scheinen Witz und Humor ein Mauerblümchendasein zu fristen. Das heisst nicht, dass es sie nicht gibt, nur fallen sie nicht auf und werden gern übersehen. Jesus beispielsweise besass im Stil des erwähnten Bettelpredigers einen ausgeprägten Mutterwitz, der ihn auf unerwartete Situationen schnell und ebenso unerwartet reagieren liess. So fragten ihn Pharisäer einmal, ob es erlaubt sei, dem Kaiser Steuern zu bezahlen. Die Frage war eine Falle, denn bejahte er sie, erschien er als schlechter Jude, der die fremde Besatzungsmacht unterstützt. Und sagte er nein, konnte er beim kaiserlichen Statthalter als Aufwiegler verklagt werden. Er durchschaute die Sache sofort und bat darum, ihm eine Steuermünze zu zeigen. Sogleich reichten ihm die Fragesteller einen Denar – und verrieten sich im selben Augenblick selbst. Denn indem sie die römische Währung auf sich trugen, bekundeten sie, dass sie sich der fremden Herrschaft längst angepasst hatten, sodass sich ihre Frage in Luft auflöste. Weshalb sie von der Reaktion Jesu «sehr überrascht» waren und sich kleinlaut zurückzogen (Matthäus 22,15–22). Das Schmunzeln Jesu über diesen gelungenen Schachzug wird allerdings nicht erwähnt, sondern ist höchstens zwischen den Zeilen zu lesen. Ebenso verwirrte er mit überraschenden Gegenfragen mehrmals auch Kreise, die seine Heiltätigkeit in Frage stellten (Markus 3,1–4; Matthäus 12,27).

Erdhafte Freude(n)

Man darf annehmen, dass Jesus bei seiner mehrfach bezeugten Teilnahme an Gastmählern, Hochzeiten und anderen Essen auch gelacht hat. Von einer knauserigen Lebenseinstellung scheint er jedenfalls nicht geprägt gewesen zu sein, wenn ihn der Evangelist bei der Hochzeit von Kana gleich 600 Liter Wasser in Wein verwandeln lässt – und dies, «nachdem die Gäste schon reichlich getrunken haben» (Johannes 2,1–10). Auch das Weinstock-Gleichnis deutet die Verbundenheit zwischen Christus und den Jüngern nicht vorerst im Blick auf moralische Leitwerte, sondern «damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird» (Johannes 15,1–11). Dabei hat dieses Wort in der Bibel keinen völlig vergeistigten Klang, sondern wird mit durchaus irdischen Wonnen verknüpft. Jesaja 9,2 umschreibt die Freude in Gottes Nähe, «wie man sich freut bei der Ernte». Das religiöse Laubhüttenfest ist eine Feier zum Anlass der Wein- und Olivenernte. Deuteronomium 28,47 deutet eine Niederlage als Strafe, «weil du deinem Gott nicht gedient hast in Freude und Dankbarkeit dafür, dass alles in Fülle da war». Woraus ein Frommer mit Witz folgerte: «Du wirst Rechenschaft ablegen müssen über jede Freude, die du dir hast entgehen lassen.»

Gläubiges Lachen

«Da fiel Abraham auf sein Gesicht nieder und lachte.» So beschreibt Genesis 17,17 die Reaktion Abrahams auf die Ankündigung, er werde von seiner Frau Sara noch ein Kind bekommen, obwohl beide schon im hohen Alter standen. Ebenso reagierte die Frau, als sie davon erfuhr: «Sara lachte daher still in sich hinein und dachte: Ich bin doch schon alt und verbraucht und soll noch das Glück der Liebe erfahren?» (Genesis 18,12). Daraus entstand die Redewendung vom «ungläubigen Lachen», doch die Szene lässt sich auch dahin deuten, dass die Geburt Isaaks seine Eltern die Nähe Gottes erfahren lässt und so ein gläubiges Lachen auslöst. Abrahams und Saras Lachen bei der Ankündigung der Geburt Isaaks ist eine Anspielung auf den Namen des Kindes, da Isaak eine Kurzform für Jizchaq-El ist und «Gott lächelt ” bedeutet. «Gott liess mich lachen», so schildert Sara in Genesis 21,6 diese Erfahrung.

Etwas davon klingt auch an, wenn das Lukasevangelium die ebenfalls im vorgerückten Alter schwangere Elisabeth beim Besuch Marias sagen lässt: «Als ich deinen Gruss hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib» (Lukas 1,44). Die Freude am werdenden Leben wird in diesen Stellen sowohl mit Lachen wie mit Glauben verbunden.

Situationskomik und Satire

Sinn für Humor zeigt die Bibel auch in ihrer Bildsprache, wenn etwa der Prophet Maleachi die kommende Heilszeit mit einem Beispiel aus dem Tierreich anschaulich macht: «Ihr werdet hinausgehen und Freudensprünge machen, wie Kälber, die aus dem Stall kommen» (Maleachi 3,20).
Nicht ohne Situationskomik ist auch die Geschichte Bileams, der von seinem Esel daran gehindert wird, eine falsche Mission auszuführen (Numeri 22–24). Dass ausgerechnet der als nicht besonders intelligent geltende Esel einen Wink Gottes schneller wahrnimmt als sein Reiter, ist eine feine Ironie des Erzählers. Ins selbe Kapitel gehört das goldene Kalb, dessen Verehrung Exodus 32,1–6 anprangert. Das Kalb war in Wirklichkeit ein junger Stier – ein damals verbreitetes Gottessymbol –, dessen Kult der Text so als Kalberei lächerlich macht.
Die Bibel kennt aber auch schärfere Formen des Humors. Ein Beispiel ist die Fabel Jotams in Richter 9,7–15, die das Königtum Abimelechs auf satirische Weise entlarvt. Jotam vergleicht die Wahl des mörderischen Abimelech damit, wie sich einst die Bäume einen König ausgesucht hätten. Nachdem alle besseren Kandidaten vom Ölbaum über den Feigenbaum bis zum Weinstock die Wahl abgelehnt hatten, blieb nur der Dornenstrauch übrig, der die Wahl annahm, danach Feuer fing und alle anderen in den Untergang riss.
Auch dort, wo Gott lachend geschildert wird, hat dies meist eher eine spöttische Note: Gott verlacht überhebliche Frevler (Psalm 37,13) und skrupellose Feinde seines Volkes (Psalm 59,9). Wenn solche Kerle auf die Nase fallen, werden sie ohne falsche Scham ausgelacht. Denn auch in diesem Fall gilt: «Weinen und Lachen hat seine Zeit» (Kohelet 3,4).

Sonntag
31. Januar 2008 | 15:57