Fürchtet euch nicht, denn ich bin mit euch!

46. Begegnung der Generalsekretäre der Europäischen Bischofskonferenzen

Nicosia, Zypern, 29. Juni – 02. Juli 2018

Medienmitteilung

Die Begegnungskultur stand im Mittelpunkt der 46. Versammlung der Generalsekretäre der Europäischen Bischofskonferenzen, die vom 29. Juni bis zum 2. Juli auf Zypern zusammentrat, der Insel der Apostel Paulus und Barnabas. In Nicosia bestätigten die Generalsekretäre ihren Willen, sich für eine Kultur der Begegnung in der Kirche, innerhalb der ökumenischen Beziehungen und mit der ganzen Welt einzusetzen. Das erfordert Sympathie und Entgegenkommen den anderen gegenüber, und die Freiheit, man selbst zu sein. Die wahren Begegnungen haben eine vertikale und eine horizontale  Struktur; erstere kennzeichnet die Begegnung mit Gott, letztere die mit den Brüdern. Daher geht die Kirche, im Bestreben, dem Kontinent Gründe zur Hoffnung zu geben, hinaus und auf den anderen zu, um das Evangelium Christi zu verkünden, das der Welt wahre Gerechtigkeit und Frieden bringt.

Das Thema Begegnungskultur wurde vor allem entlang einer Reflexion über Europa und die Kirche in Europa entwickelt; hierzu sprach der Generalsekretär des CCEE, Mons. Duarte da Cunha, der nach zehnjähriger Tätigkeit im September sein Amt niederlegt. Ihm folgte der maronitische Erzbischof von Zypern und Gastgeber der Begegnung, S.E. Mons. Youssef Soueif, mit einer Überlegung über die «spirituelle Nahrung, die Europa braucht»; danach traten die Arbeitsgruppen zusammen, um Herausforderungen und Erfahrungen mit den von den einzelnen Bischofskonferenzen angeregten Begegnungen zu diskutieren. Den Abschluss bildeten die Berichte verschiedener kirchlicher Netzwerke in Europa (COMECE, Caritas Europa, Justitia & Pax Europa) – Grenzerfahrungen mit der Welt der Politik, der Kultur, der Armut – an denen sich zeigte, dass ihre Aufgabe nur dann zum Zeugnis der Hoffnung wird, wenn sie aus einer Erfahrung des gelebten Glaubens heraus entsteht.

Auch wenn viele Aspekte uns zu einer negativen Sicht auf die derzeitige Situation Europas verleiten könnten, so gibt es doch auch Zeichen, die darauf hindeuten, dass Europa gerade einen kairos (einen günstigen Zeitpunkt), erlebt, in dem die Stimme Jesu widerhallt, der seinen Jüngern sagt: «Fürchtet euch nicht, denn ich bin mit euch!» (Mt 28 5.20).

In seiner Betrachtung über Europa und seine innersten Bedürfnisse legte er maronitische Erzbischof besonderes Augenmerk auf drei Schlüsselbegriffe, die auch drei theologische Kategorien repräsentieren: Oekonomia des Heils (die Anwesenheit und das Handeln Gottes in der Geschichte), Koinonia (die Gemeinschaft) und Diakonia (der Dienst). Die Christen haben die Gewissheit, dass Gott immer in der Geschichte präsent und aktiv ist und die Realität, die Er berührt, verwandelt. Dies ist die Heilsökonomie (oikonomia). Nach der Schöpfung, die Zeugnis der Liebe Gottes ist, war mit dem Sündenfall nicht das letzte Wort gesprochen, sondern Gott hat in Jesus Christus die Menschheit mit Seiner Vergebung erneuert und ihr neues Leben gegeben.  Die Kirche verkörpert den Bund zwischen Gott und den Menschen, die der Beweis für Gottes Liebe zur Welt ist. Und so wird die Kirche, die selbst eine Gemeinschaft (koinonia) ist, zur Hoffnung für Europa. Das Leben in Christus, mit Christus und für Christus ist die Schönheit und die Rettung Europas. Der Dienst (diakonia) am anderen, insbesondere an den Ärmsten, zu dem jeder Christ angehalten ist, bildet die dritte und letzte Kategorie, von der Mons. Soueif sprach. Die Pflege des Menschlichen in all seinen Ausprägungen ist die Gnadengabe, die die Kirche Europa anzubieten hat. Ein Christ kann nicht trennen zwischen seinem Verhältnis zu Gott und dem Dienst an seinen Brüdern.

In anderen Worten: Die Kirche in Europa, die aus der Begegnung mit Gott hervorgeht, steht im Dienste jener Begegnungskultur, die die Gelegenheit zur Versöhnung und zur Reinigung der Herzen schafft. Dies ist besonders offensichtlich und stellt ein fortdauerndes und dringliches Vorhaben dar, das die Kirche auf Zypern verfolgt, wenn sie Gelegenheiten zur Begegnung schafft, für den Frieden auf dieser Insel, die seit 1974 in einen griechischen und einen türkischen Teil zerfällt.

In den Arbeitsgruppen hingegen stellten sich die Generalsekretäre die Frage, auf welche Weise die Bischofskonferenzen die Begegnungskultur fördern können, und welche Faktoren, Sachpunkte und Orte eine Schlüsselrolle bei diesem Vorhaben spielen könnten.  Als besonders wichtig stellte sich in diesem Zusammenhang die Bereitschaft heraus, anderen zu begegnen, ihnen zuzuhören und Erfahrungen zu teilen, in Achtung und Wertschätzung der kulturellen Verschiedenheit eines jeden Gegenübers. Besondere Aufmerksamkeit sollte der Erziehung zur Begegnungskultur zukommen.

Die Versammlung war auch eine ausgezeichnete Gelegenheit, Informationen zusammenzuführen und sich über wichtige aktuelle Themen auszutauschen. Im Lauf der Arbeiten wurde auch der Jahresbericht über die Tätigkeiten des CCEE vorgestellt.

Auf Zypern trafen die Teilnehmer mehrere orthodoxe Metropoliten und besuchten das orthodoxe erzbischöfliche Palais der Insel sowie die Hauptstelle des christlich-ökumenischen Fernsehsenders TV SAT7.

Im weiteren Verlauf der Versammlung sprachen Padre Jerzy Kraj OFM, Patriarchalvikar  für die lateinischen Katholiken auf Zypern, Mons. Wahib Khawaja, Generalsekretär der Versammlung der Patriarchen und katholischen Bischöfe im Libanon, und Padre Pietro Felet, Generalsekretär der Versammlung der katholischen Orden im Heiligen Land und informierten über die Arbeit und die Situationen der von ihnen repräsentierten Organisationen.

Die Versammlung wurde skandiert durch Augenblicke des Gebets, aber auch durch die zahlreichen Gelegenheiten zur Begegnung mit den verschiedenen katholischen Gemeinden am Ort. Am Sonntag (1. Juli) trafen sich die Generalsekretäre mit mit der Caritas Cipro Koinonia, wo sie sich über deren Arbeit mit den Migranten und Asylsuchenden informierten. Auch besuchten sie die maronitischen Ortschaften Ayia Marina, Assomatos, Karpasha und Kormakitis im Norden der Insel und erlebten zusammen mit den jungen Leuten des Ortes einen «Abend des Friedens» mit Musik, Tanz und Gesang, der mit einem von der Pfarre Kormakitis zubereiteten Abendessen schloss. Sie genossen die zypriotische Gastfreundlichkeit und nutzten die Gelegenheit, um ihre Solidarität mit der maronitischen Gemeinde auszusprechen, die, wie auch andere christliche Gemeinschaften, gerne in ihre Dörfer zurückkehren würde; es handelt sich dabei um eine grundlegende Frage für die Existenz und die Zukunft der Gemeinde.

Auf Zypern beteten die Generalsekretäre für alle, die in Europa Frieden brauchen und besonders für den Frieden im Nahen Osten.