Friedenskundgebung in St. Gallen: «Stop der Politik der Vertreibung»

Medienmitteilung

Bereits zum fünften Mal fand am Samstag, 22. September, in St. Gallen eine Kundgebung zum UNO-Friedenstag statt, mit einer Beteiligung von gut 150 Frauen, Männern und Kindern. Angesichts blutiger Konflikte in vielen Teilen der Welt, allen voran in Syrien und im Jemen, zunehmend wieder in Afghanistan, der systematischen Verfolgung und Vertreibung der burmesischen Minderheit der Rohingya wie der kurdischen Bevölkerung in der Türkei war das Motto «Stop der Politik der Vertreibung».

Eröffnet wurde die Kundgebung durch das Interkulturelle Theater Thespis mit dem Theaterstück «Macht der Vielfalt der Macht», gespielt von Laien aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Europa unter der Leitung von Barbara Schällibaum und Udaya R. Tennakoon.

Der Demonstrationszug – musikalisch angeführt durch «La Banda di San Gallo» – führte vom Leonhardspärkli durch die Altstadt zum Paul Grüninger-Platz für die Abschlusskundgebung. Sie wurde mit einer Schweigeminute im Gedenken an den im Juli tödlich verunglückten Josef Wirth eingeleitet, der in den letzten Jahren die Vorbereitungsarbeiten und die Kundgebung geleitet hatte. Für das Hauptreferat war Nationalrätin Sibel Arslan (Grüne) aus Basel angereist. Vor ihrem kurdischen Hintergund sprach sie engagiert zur Politik der Vertreibung in den Kurdengebieten der Türkei. Sie ermutigte zum persönlichen Engagement, beginnend mit der Verhinderung von Gewalt im eigenen Land – erwähnte Angriffe auf Frauen, auf unbeteiligte Passanten, aber auch auf die Polizei. Zweitens forderte sie, die Schweiz solle sich mehr für den Weltfrieden engagieren und bedauerte, dass die Kritik an der Türkei doch sehr leise sei, was auch in Bezug auf Syrien gelte. Es brauche nun politisches Engagement gegen die Ausweitung der Waffenausfuhr – sei doch schon die heutige Praxis zu large – wie für verschiedene Vorstösse für eine friedlichere Welt. Nicht vergessen gehen dürften die sozialen Ungleichheiten hierzulande wie weltweit, insbesondere Armut, Hunger und Arbeitslosigkeit.

Junge bringen neuen Wind

Dann verbreitete die kurdische Musikgruppe «Akin» mit ihren Instrumenten und Gesang eine friedliche Stimmung. Erfrischend war der Auftritt von Jungen an der Kundgebung, begonnen mit der einfachen und gradlinigen Moderation durch Sämi Assir. Zum Abschluss hielt sie fest, Frieden brauche immer Menschen, die für ihn kämpfen.

Seinen flammenden Aufruf für die Konzernverantwortungsinitiative leitete Benjamin Steinweg vom Grünen Bündnis in Bern ein mit dem Beispiel der Kinderarbeit, die in der Schweiz mit dem Fabrikgesetz von 1877 verboten wurde. Es ist nicht einzusehen, warum dieses Verbot an der Landesgrenze aufhören und für Kinder in der Dritten Welt nicht gelten soll. Die Anliegen der Initiative sind hierzulande Selbstverständlichkeiten, es ist deshalb nicht einzusehen, warum sie nicht weltweit gelten sollen.

Als «Slalomkurs» bezeichnete Ruedi Tobler vom Schweizerischen Friedensrat die Haltung des Bundesrates zum Atomwaffen-Verbotsvertrag. Grundsätzlich teilt dieser das Ziel einer Welt ohne Kernwaffen, weshalb die Schweiz im Juli 2017 in der UNO-Generalversammlung den Vertrag unterstützt hat. Nun aber, wo es um den Beitritt der Schweiz geht, überwiegen für den Bundesrat die negativen Aspekte, will er sich explizit unter den «atomaren Schutzschild» der Nato stellen. Aber noch kann der Ständerat mit der Zustimmung zu einer diesbezüglichen Motion die Weichen umstellen und den Bundesrat zwingen, das Ratifikationsverfahren zum Atomverbotsvertrag einzuleiten. Mit der Unterzeichnung einer Petition von ICAN – der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten internationalen Kampagne gegen Atomwaffen – kann ein Zeichen gesetzt und Druck für den Beitritt der Schweiz zum Atomwaffen-Verbotsvertrag gemacht werden.

Eindrückliche persönliche Bekenntnisse

Den eindrücklichen Abschluss bildeten persönliche Ausführungen zweier junger Frauen zum Frieden, Arani Jeyakumar und Mizgeen Sayaband. Aranis tamilische Eltern sind aus Sri Lanka in die Schweiz gekommen, Mizgeen’s kurdische Eltern aus dem Irak. Arani setzte sich vor allem grundätzlich mit dem Frieden auseinander. Er muss für sie wesentlich mehr sein als Abwesenheit von Krieg; dazu gehören die Lust zu leben, zu teilen und glücklich zu sein. Aber auch das Engagement für die Menschen, die vertrieben gefoltert und entführt werden. Ihnen müssen wir helfen. Mizgeen vermittelte die Zerrissenheit durch die Flucht, betonte die Wurzeln und Geborgenheit, die ihr die Eltern in der Heimat gegeben haben, die Erinnerung an den Geschmack des Bachs, an dem sie gespielt hat, ein Heft mit Gedichten; sie hat schlecht verstanden, warum sie die Geborgenheit aufgeben musste und aus allem herausgerissen wurde durch die Flucht. Aber offensichtlich hat sie es geschafft, in der Schweiz anzukommen.

 

Gastbeitrag
23. September 2018 | 15:20