Ausweitung der Militäroffensive in Afrin bedroht das Leben Hunderter Zivilisten

Medienmitteilung

Beirut / Bern, 28. Februar 2018 – Die türkische Armee und – in geringerem Umfang – die kurdischen YPG – beschiessen in den Kämpfen um Afrin und Azaz auch Wohngebiete und zivile Einrichtungen. Gemäss den von Amnesty dokumentierten und verifizierten Augenzeugenberichten sind dadurch bereits zahlreiche Zivilisten ums Leben gekommen.

Amnesty International hat Interviews mit 15 Personen geführt, die in den von den Kämpfen betroffenen Ortschaften in den Regionen Afrin und Azaz leben oder kürzlich von dort geflohen sind. Die meisten dieser Augenzeugenberichte über den wahllosen Beschuss von Wohngebieten konnten mittels Videoanalysen durch SpezialistInnen von Amnesty verifiziert werden. Die Verwendung von Artillerie und anderen unpräzisen Waffen in dicht besiedelten Gebieten verletzt das in den Genfer Konventionen statuierte Gebot der Unterscheidung militärischer und ziviler Ziele und ist daher völkerrechtlich verboten. Amnesty ruft die Konfliktparteien auf, derartige Angriffe umgehend einzustellen. Türkische Angriffe Nach Angaben des Kurdischen Roten Kreuzes hat die am 20. Januar lancierte türkische Militäroperation «Olivenzweig» bisher das Leben von 93 Zivilpersonen gefordert, darunter 24 Kinder. 313 Zivilistinnen und Zivilisten wurden verletzt, unter ihnen 51 Kinder.

Einwohner in den Dörfern Jenderess, Rajo und Maabatli in der Region Afrin beschrieben gegenüber Amnesty, wie sie – völlig unvorbereitet – während Stunden Artilleriebeschuss ausgesetzt waren, selbst nachdem die türkische Armee versichert hatte, die Zivilbevölkerung zu schonen. (Augenzeugenberichte finden sich in der englischen Medienmitteilung)

Angriffe der YPG

Demgegenüber berichteten Einwohner von Azaz über eine Serie von Mörsergranaten- und Raketenangriffen durch die mit der YPG verbündeten SDF-Einheiten, die Wohnhäuser und Spitäler trafen (Die entsprechenden Zeugenaussagen finden sich ebenfalls in der englischen Medienmitteilung). Zudem wurden auch Wohngebiete auf der türkischen Seite der Grenze beschossen, bei denen gemäss türkischen Angaben sieben Zivilpersonen getötet und über 100 verletzt wurden. Betroffen von der türkischen Militäroffensive ist eine Region, die bisher von Kampfhandlungen wenig betroffen und zahllosen Vertriebenen Zuflucht gewährt hat.

Die USA, Russland und andere Staaten müssen ihren Einfluss auf ihre Alliierten geltend machen, damit diese völkerrechtswidrigen Angriffe unterlassen und die Zivilbevölkerung geschont wird.

 

 

Amnesty International
28. Februar 2018 | 08:28