Der Schweizer Finanzexperte René Brülhart – Archivbild von 2016.
Vatikan

René Brülhart vor Gericht: «Ich sehe keinen Interessenskonflikt»

Der Schweizer Finanzexperte René Brülhart hatte im Vatikan eine Doppelrolle: Er war Präsident der vatikanischen Finanzaufsicht und Berater des Staatssekretariats. Ist das Amtsmissbrauch? Nein, sagt Brülhart im Vatikan-Finanzprozess.

Im Strafprozess zum Finanzskandal im Vatikan hat der angeklagte Ex-Präsident der Finanzaufsicht AIF, René Brülhart, sein Unverständnis über die Vorwürfe gegen ihn deutlich gemacht.

Brülhart: AIF hat keine Aufsichtsrolle über das Staatssekretariat

Seine Rolle als Präsident sei «nicht-exekutiv», «nicht operativ» gewesen und unabhängig von seiner Beratertätigkeit für das Staatssekretariat, erklärte der Schweizer Finanzexperte zu Beginn seiner Befragung am Dienstag. Die AIF habe zudem nie eine Aufsichtsrolle über das Staatssekretariat gehabt. «Ich sehe keinen Interessenskonflikt», so Brülhart weiter.

Er sei als externer Berater engagiert worden aufgrund seiner Expertise in internationalen Finanzangelegenheiten und Anti-Geldwäsche-Regularien. Und dann zum AIF-Präsidenten ernannt worden – im Wissen aller, dass er gleichzeitig beratend tätig war.

Brülhart verteidigt sich auf Englisch

 «Ich wurde vom Heiligen Vater als Präsident der AIF ernannt», führte Brülhart weiter aus, der mit einer Übersetzerin seine Befragung in Englisch bestritt. Brülhart wird im Prozess Amtsmissbrauch vorgeworfen.

In der teils scharfen und redundanten Befragung, die mehrere Stunden dauerte, ging es vorrangig um die Frage des Interessenskonflikts von Brülhart in seinen Rollen als AIF-Chef und Berater des Staatssekretariats. Zugleich wollte man wissen, was er über einzelne Zahlungsvorgänge und eventuelle Unregelmässigkeiten wusste. Und welche Beziehungen er zu den Mitangeklagten hatte.

Brülhart muss auf Briefe eingehen

Immer wieder wurden Brülhart Briefe vorgelegt, auf die er eingehen sollte. Teilweise wies der Vorsitzende Richter Giuseppe Pignatone die Fragen als unzulässig zurück. Zivilkläger sind unter anderen das Staatssekretariat, die sogenannten Vatikanbank IOR sowie die Finanzaufsicht, die heute ASIF heisst.

In dem Prozess um finanzielle Unregelmässigkeiten und Verluste von rund 270 Millionen Euro beim Erwerb einer Immobilie in London sind Brülhart ebenso wie der damalige AIF-Direktor, Tommaso di Ruzza, angeklagt. Weitere Angeklagte sind Kardinal Giovanni Angelo Becciu, sein damaliger Sekretär Mauro Carlino. Beide haben in Befragungen bereits ihre Unschuld beteuert. Carlino bekräftigte, dass er als «Mann Gottes» nur Anweisungen befolgt habe.

Weitere Angeklagte im Vatikan-Finanzprozess

Als weitere Angeklagte noch zu befragen sind die selbst ernannte Sicherheitsberaterin Cecilia Marogna, die italienischen Finanzmakler Enrico Crasso und Gianluigi Torzi, der Fondsmanager Raffaele Mincione, der Rechtsanwalt Nicola Squillace sowie Finanzvermittler Fabrizio Tirabassi. Nicht angeklagt, sondern Hauptzeuge, ist Alberto Perlasca, der als Verwaltungsleiter im Staatssekretariat bis 2019 Finanzaktionen übersah.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf Becciu. Dieser hatte von 2012 bis 2018 als Substitut eine Schlüsselrolle in der Behörde. Unregelmässigkeiten bei Überweisungen in Beccius Heimatbistum und die dortige Caritas sowie Zahlungen an die selbst ernannte Sicherheitsberaterin Marogna sind ebenfalls Thema im Prozess. Becciu werden Veruntreuung und Amtsmissbrauch sowie Verleitung zur Falschaussage vorgeworfen. Ende April geht es weiter mit den Befragungen. (cic)


Der Schweizer Finanzexperte René Brülhart – Archivbild von 2016. | © KNA
5. April 2022 | 18:20
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