Trauer um Othmar Frei
Schweiz

Luzern trauert um den ehemaligen Stiftspropst Othmar Frei

Othmar Frei ist am Samstag während der Eucharistiefeier gestürzt und musste ins Spital. In der Nacht zum Dienstag ist er im Alter von 88 Jahren gestorben. Er hatte die Katechese mit «Kopf, Herz und Hand» revolutioniert.

Stephan Leimgruber*

In der Nacht auf den 15. März 2022 ist der ehemalige Stiftspropst und frühere Präfekt der Jesuitenkirche, der Religionspädagoge, Historiker und Kenner des Bruder Klaus, Othmar Frei, im Alter von 88 Jahren in Luzern verstorben.

Stephan Leimgruber, emeritierter Professor und Priester des Bistums Basel
Stephan Leimgruber, emeritierter Professor und Priester des Bistums Basel

Am Kopf schwer verletzt

Am letzten Samstag zelebrierte er in seiner geliebten St. Peterskapelle Luzern, bei der bekannten Kapellenbrücke, die Eucharistie und stürzte während des Vaterunsers so unglücklich, dass er sich an der Treppe des Hochaltars am Kopf schwer verletzte. Nach zwei Tagen in der St. Annaklinik ist er, versehen mit den Tröstungen der katholischen Kirche, friedlich in Gottes ewige Herrlichkeit eingegangen.

Todesnachricht
Todesnachricht

Mit Othmar Frei verliert der Kollegiatsstift im Hof St. Leodegar Luzern eine Stütze des täglichen Gebets und den früheren Propst. Die Pfarrei St. Leodegar trauert um einen offenen, aktiv mitarbeitenden Priester und die Diözese Basel muss sich von einem ratgebenden, historisch versierten Religionspädagogen verabschieden.

Bruder-Klaus-Experte

Die Kirche Schweiz kennt ihn als Experten des Friedensstifters und Ratgebers Niklaus von Flüe, der bis zuletzt die ältesten Quellen und die frühesten Zeugnisse des Ranftheiligen studiert hat. Mit ihm ist ein weiterer Zeuge des Grenchner Arbeitskreises für Religionsunterricht, des Zweiten Vatikanischen Konzils und der Synode 72 von uns gegangen. Requiescat in pace!

Geboren wurde Otmar Frei am 13. Dezember 1933 in Cham (Kanton Zug), er hatte fünf Geschwister. Der Vater übte den Beruf eines Tierarztes aus, der Bruder Thomas war ebenfalls Priester und wirkte lange Zeit als Pfarrer in Horw. Nach der A-Matura in der Stiftsschule des Klosters Engelberg wandte sich Othmar dem Philosophiestudium zu: zuerst am «Institut Supérieur de Philosophie» der Universität Leuven in Belgien und dann dem Theologiestudium in Rom, Paris und Luzern.

Priester mit 28 Jahren, Mitglied des Grenchner Kreises

Nach dem Pastoralkurs in Solothurn und dem Diakonat empfing er im Alter von 28 Jahren, am Fest St. Peter und Paul 1961, das Sakrament der Priesterweihe aus der Hand von Bischof Franziskus von Streng.

Aushang in der Pfarrei
Aushang in der Pfarrei

Die erste und lange Vikariatsstelle erhielt Othmar Frei in Grenchen (1961-1967), wo er die Lehrer Karl Stieger und Fritz Oser (1937-2020) kennenlernte – und auch den Moraltheologen Anton Meinrad Meier, der später aufgrund von «Humanae vitae» seine Professur niederlegte. Auch Alois Müller und Anton Cadotsch lernte er kennen.

Antworten auf den staubtrockenen Katechismus

Im Religionsunterricht waren sie alle des staubtrockenen Katechismus mit seinem Frage-Antwort-Schema überdrüssig. Sie liessen sich von der Ingenbohler Schwester Oderisia Knechtle (1900-1978) in die Symboldidaktik einweisen, entdeckten Heinrich Pestalozzis Erbe eines ganzheitlichen Lernens neu und gründeten noch vor Konzilsbeginn den «Grenchner Arbeitskreis zur Erneuerung des Religionsunterrichts», der in der ganzen Schweiz ein neues, lebendigeres religiöses Lernen einführte.

Othmar Frei führte diese Überlegungen in seiner Dissertation weiter, die ihren Schwerpunkt auf dem religionspädagogischen Umbruch hatte, wie er in der Synode 72 vollzogen und in der darauffolgenden Kinderpastoral wirksam wurde. Der Titel der bei Professor Josef Bommer 1982 abgeschlossenen Dissertation lautet: «Der Religionsunterricht im Rahmen der Kinderpastoral nach der Synode 72.»

Im Dienste des Religionsunterrichts in der Schweiz

Nach der Vikariatsstelle gewährte Bischof Franziskus von Streng Othmar Frei eine zweijährige Auszeit von der praktischen Seelsorge, um im Weiterstudium seinen religionspädagogischen Schwerpunkt an der Universität Fribourg i. Ü. auch theoretisch auszubilden. Er wurde Sekretär der 1967 schweizweit neu gegründeten Interdiözesanen Katechetischen Kommission (IKK) und bereitete dem neu gestalteten Religionsunterricht den Weg – zusammen mit Fritz Oser, Vreni Merz, Karl Kirchhofer und vielen weiteren.

Vreni Merz
Vreni Merz

1975 bekam Othmar Frei in Luzern eine Arbeitsstelle der IKK und konnte bis 1997 deren Anliegen voranbringen. Er wohnte über 35 Jahre im Seminar St. Beat und wurde allen Theologiestudierenden zu einem festen Begriff. Er stand für eine neue ganzheitliche «Katechese mit Kopf, Herz und Hand».

Katechese fand damals weitgehend im Rahmen des schulischen Religionsunterrichts statt. Von 1982-1996 war er Dozent für angehende (Religions-) Lehrerinnen und -lehrer am Kantonalen Lehrerseminar und von 1985-1988 war er Forschungsbeauftragter der Theologischen Fakultät Luzern.

Präfekt der Jesuitenkirche

Seit den 1990er-Jahren wandte sich Othmar Frei wieder vermehrt der Pastoral zu. Er half in den Pfarreien Buchrain, Perlen und Littau aus. Von 1993 bis 2005 stellte er sich als Präfekt für die Leitung der Jesuitenkirche Luzern zur Verfügung.

Die Jesuitenkirche in Luzern: Hier gibt es eine Gedenktafel, die an Pater Martin Schmid erinnert.
Die Jesuitenkirche in Luzern: Hier gibt es eine Gedenktafel, die an Pater Martin Schmid erinnert.

Die Jesuitenkirche ist keine Pfarrkirche, sondern ein stadtweiter, viel besuchter Gottesdienstort und ein kunstvolles Barockjuwel. Das Kollegium des heiligen Franz Xaver, das zumeist aus Professorinnen und Professoren der Theologischen Fakultät besteht, hält dort Predigten und feiert Gottesdienste, oft mit reichhaltigem musikalischem Programm. Othmar Frei koordinierte die Anlässe und Feiern dieser wichtigen Kirche in Luzern und initiierte eine Stiftung für die musikalische Gestaltung der Gottesdienste. Mit 72 Jahren übergab er diese Aufgabe an Hansruedi Kleiber SJ, der mit anderen Jesuiten zusammen die Hochschulseelsorge dazunahm.

Kollegiatsstift der Hofkirche St. Leodegar

Othmar Frei kannte keine Pensionierung und kein Sich-zur-Ruhe-Legen. 2006 trat er in die Gemeinschaft des Kollegiatsstifts der Hofkirche St. Leodegar ein. Er wurde bald Stellvertreter (Custos) und von 2009 bis 2020 selbst Stiftspropst.

Hofkirche St. Leodegar Luzern
Hofkirche St. Leodegar Luzern

Seine Devise betreffend Chorgebet lautete: «Semper adsum!», «Ich bin (immer) da»! Hierbei weilte er jeweils eine gute Viertelstunde vor Beginn des Breviergebets in seinem Chorstuhl der Hofkirche.

Bruder-Klaus-Publikation kurz vor dem Abschluss

Was er in den letzten Lebensjahren mit Verve vertiefte, das war seine Bruder-Klaus-Forschung. Insbesondere interessierten ihn die ältesten Zeugnisse, die von und über Bruder Klaus existierten. Die Jubiläumsfeierlichkeiten 2017 begleitete er mit eigenen Beiträgen, etwa zum Verhältnis des Ranftmystikers zur Eucharistie. Bruder Klaus war ihm geistig-geistlich sehr nahe. Eine Publikation über die ältesten Zeugnisse steht kurz vor dem Abschluss.

Nun müssen wir Abschied nehmen von Othmar Frei, seiner gutmütigen Art und seinem reichen Leben. Er hat uns, der Kirche und Stadt Luzern, auch dem Bistum Basel, viel gegeben und wird in lebendiger Erinnerung bleiben. Herzlichen Dank!

* Stephan Leimgruber (73) ist emeritierter Professor für Religionspädagogik der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er ist Priester des Bistums Basel und lebt in Luzern.


Trauer um Othmar Frei | © kath.ch
15. März 2022 | 12:58
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