Letzte Ruhe auf gehäckseltem Papier

Die Vorschriften in den Friedhöfen sind streng. Ein Sarg, eine Urne müssen innert zwanzig Jahren verrotten. Eiche für den Sarg und Porzellan für die Urne liegen da nicht drin. Besser und beliebt ist Pappel.

Georges Scherrer

Mindestens 15 Millimeter dick müssen die Planken sein, aus welchen Särge für die Erdbestattung hergestellt werden, sagt der Vizepräsident und Pressesprecher des Schweizerischen Verbandes der Bestattungsdienste, Adrian Hauser. Das Holz stammt von Bäumen, die schnell wachsen, zum Beispiel Pappel und Tanne. Dieses verrotte innerhalb von zwanzig Jahren. Eiche, besonders wenn das Holz nass wird, würde hingegen der Verrottung grossen Widerstand leisten.

Furnier gibt den Ton an

Die Lackierung gibt dem Sarg die gewünschte Tönung in der Skala hell bis dunkel. Ein Sarg kann auch mit einem passenden Holz «furniert» werden, so dass er nach einem edleren Baum aussieht.

Furnire sind gestattet
Furnire sind gestattet

Gleich bestellt ist es mit den Urnen. Die Zeit der Prozellanurnen ist vorbei. Die Krematorien bieten Ton, Holz und Öko-Urnen an. Der Ton ist schwach gebrannt, so dass sich entsprechende Urnen nach zehn Jahren aufgelöst haben.

Mais, Kalk und kein Karton

Öko-Urnen werden aus Mais, Kartoffelstärke und auch aus Kalk hergestellt. Diese Materialien zersetzen sich in den Gemeinschaftsgräbern schnell.

«Das hat nichts mit Umweltschutz zu tun.»

In Deutschland gibt es Särge aus Karton. Die Schweiz will nichts davon wissen. Gemäss Adrian Hauser müssen Särge aus Karton mit chemischen Mitteln behandelt werden, damit sie das Gewicht der Leiche aushalten können. Hauser: «Das hat nichts mit Umweltschutz zu tun.»

Altpapier als Bett

Das Innenleben der Särge ist für Erdbestattung und Verbrennung gleich. Das Innenfutter des Sarges besteht aus Holzwolle. Einige Bestatter verwenden auch Altpapier oder gehäckseltes Papier als Bett für den Leichnam.

Dieses dient nicht dazu, um den Sarg besser brennen zu lassen, sondern als Unterlage, «damit die Verstorbenen nicht einfach in einem leeren Holzsarg liegen», erklärt Hauser.

Der Basler «Staatssarg»

Für die Basler Friedhöfe ist die Stadtgärtnerei zuständig. Gemäss dem Leiter der Stadtgärtnerei Basel-Stadt, Emanuel Trueb, werden in Basel weit über achtzig Prozent aller Verstorbenen eingeäschert.

«Der Brennvorgang wird mit der Zufuhr von Luft und Gas beeinflusst.»

Die Leichen werden in einen Holzsarg gebettet. In den überwiegenden Fällen komme der Basler «Staatssarg» zur Anwendung. Dieser besteht aus massiven Fichtenbrettern, einem «nachwachsenden Rohstoff», wie Trueb präzisiert.

Keine Brandbeschleuniger

Der Leichnam wird auf eine mit einem Vlies gedeckten Unterlage aus Hobelspänen gebettet. Weitere Materialien, welche die Verbrennung in irgendeiner Weise beschleunigen würden, werden nicht eingesetzt.

Basels Kremationsöfen werden mit Gas befeuert. Der Brennvorgang wird mit der Zufuhr von Luft und Gas beeinflusst. Das Krematorium bietet Urnen aus Holz oder Ton an. Rezykliertes Material kommt nicht zur Anwendung.

Beim Kleid reden die Angehörigen mit

Ein gewichtiges Wort haben die Angehörigen bei der Bekleidung des Leichnams mitzureden. «Wir haben nur einen geringfügigen Einfluss auf die Entscheidungen der Angehörigen, wie sie den Leichnam gekleidet haben möchten», sagt Trueb.

Sein Amt stellt ein einfaches Baumwollleichenhemd zu Verfügung. Die Bekleidung des Leichnams mit gewöhnlicher Strassenkleidung ist aber durchaus möglich.

Blick auf den Preis

Das Basler Bestattungsunternehmen Hans Heinis verwendet «zertifizierte Särge». Diese sind alle gleich ausgestattet und unterscheiden sich aufgrund der Holzart im Preis. Für das Kremieren wählten die Kunden normalerweise den günstigsten Sarg, heisst es auf Anfrage.

«Fremde Materialien können den Kremationsofen beschädigen.»

Den Särgen wird «absolut nichts beigemischt». Es werde darauf geachtet, das ökologische Produkte ohne chemische Zusätze verwendet werden. Es sei «absolut nicht erlaubt», neben dem Verstorbenen etwas anderes in den Sarg zu legen. Fremde Materialien könnten den Kremationsofen beschädigen.

Der «Züri-Sarg»

In Zürich werden neunzig Prozent der Verstorbenen kremiert. Die Nachhaltigkeit werde in der Stadt Zürich auch bei der Bestattung gross geschrieben, erklärt der Leiter des Bestattungs- und Friedhofamtes, Rolf Steinmann.

«Im Sarginneren befinden sich umweltfreundliche Materialien.»

95 Prozent werden im «Züri-Sarg» eingebettet. Dieser Sarg und auch die Holzurnen werden von den Sozialen Einrichtungen der Stadt hergestellt. Er besteht aus Pappelholz, das in der Regel aus der Po-Ebene stammt. Dieses Holz wachse schnell nach.

Särge entzünden sich von selbst

Im Sarginneren befinden sich «umweltfreundliche Materialien». Sargbespann, Kissenbezug und Bestattungshemd werde aus Bio-Baumwolle hergestellt, so Steinmann. Der Inhalt des Sargkissens wie auch die Sargpolsterung sind aus Hobelspänen.

Modernes Krematorium
Modernes Krematorium

In den Elektrospeicheröfen entzünden sich die Holzsärge bei einer Temperatur um die 700 Grad selber. Die Öfen werden mit Ökostrom betrieben.

Wärme wird weiter verwendet

Bei allen Einäscherungsanlagen hat die Stadt eine Wärmerückgewinnungsanlage eingebaut. Die dadurch gewonnene Wärme wird zum Beispiel für das Heizen der Abdankungshallen im Krematorium gebraucht.

Medizinische Implantate und magnetische Stoffe werden nach der Kremation der Asche entnommen und wiederverwertet. Edelmetalle ebenso, «sofern eine ausdrückliche Zustimmung vorliegt», sagt Steinmann.

Einfacher Holzsarg | © pixabay/PIRO4D, Pixabay License
1. November 2020 | 05:56
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