Kampf zweier Schwinger
Schweiz

Kirchen schaffen besinnliche Oase zwischen den Schwinger-Kämpfen

Zug, 22.8.19 (kath.ch) Es wird das grösste Schwingfest aller Zeiten werden, das «Eidgenössische» vom 23. bis 25. August in Zug. Die Landeskirchen setzen dort mit einer Jodlermesse am Samstagabend einen überraschenden Farbtupfer.

Martin Spilker

Für eine Atempause zwischen dem ersten und dem zweiten Wettkampftag am Eidgenössischen Schwing- und Älperfest (Esaf) sorgen nicht nur die zahlreichen Restaurationsangebote in den riesigen Festzelten, sondern auch ein ökumenischer Gottesdienst am Samstagabend. Leopold Kaiser, katholischer Priester, und Vroni Stähli, reformierte Pfarrerin, laden zu einer Jodlermesse in die Zuger Johanneskirche in unmittelbarer Nähe zum Festgelände.

Das Leben als «Hoselupf»

Aber warum ein Gottesdienst an einem Sportanlass wie dem Schwingfest? Leopold Kaiser findet im Nu Anknüpfungspunkte zwischen Schweizer Volkssport und Alltag. «Es ist im Sägemehl wie im Leben: Einer gewinnt und einer verliert», sagt der Kaplan, und ergänzt: «Doch wer auf dem Rücken landet, dem wird aufgeholfen.»

Der Glaube ist für Kaiser aber nicht ein «Hoselupf», sondern viel mehr der Ort, das eigene Gleichgewicht zu finden. Und um es zu halten, um beim Bild des Schwingens zu bleiben. Er freut sich, dass ein solcher Gottesdienst im Rahmen des Esaf möglich ist und sich so auch eine breite Bevölkerungsgruppe ansprechen lässt.

Sich einsetzen – im Sport wie für den Glauben

Dem kann sich auch Vroni Stähli anschliessen. Die reformierte Zuger Pfarrerin wird im ökumenischen Gottesdienst die Predigt halten. «Wir wollen mit dem volkstümlich gestalteten Gottesdienst Freude bereiten», sagt sie. Aber sie wird durchaus auch kritische Akzente setzen. So setzt sie sie etwa Fragezeichen, was die Grösse des Anlasses betrifft (siehe separater Text).

Doch auch sie macht die Verbindung zwischen Sport und Glauben. «An beiden Orten ist persönlicher Einsatz gefragt. Entscheidend ist aber, was und wie wir es machen», hält die Pfarrerin fest. Auch sie selbst ist gespannt darauf, wie die Jodlermesse am «Eidgenössischen» ankommen wird. Wie im Sport gelte es hier offen zu sein, sagt Stähli: «Das Resultat steht schliesslich nie zum Vornherein fest.»

Schwingerverband begrüsst die Initiative

«Seit ich dabei bin, und das sind nun doch schon einige Jahre, hat es an einem ‹Eidgenössischen› noch nie einen Gottesdienst gegeben», hält Rolf Gasser, Geschäftsführer des Eidgenössischen Schwingerverbandes gegenüber kath.ch fest. Der Verband sei grundsätzlich politisch und konfessionell neutral. Die Initiative der Zuger Kirchen wurde aber begrüsst, wie Gasser sagt.

Der Gottesdienst findet jedoch nicht in der Arena statt. – Hier hätte sich den Kirchen die Möglichkeit geboten, mit über 50’000 Personen zu feiern! Doch das dichte Schwingerprogramm würden dies gar nicht zulassen. Allerdings hat der Hinweis auf den Gottesdienst einen prominenten Platz auf der Seite des Esaf erhalten.

Als einziger Regionalverband kennt der Innerschweizer Schwingerverband die Tradition von Gottesdiensten an Schwingfesten. Diese wurden allerdings nach und nach durch eine sogenannte Sonntagsruhe ersetzt, während der keine Wettkämpfe stattfinden.

Kirchen sprachen Schwingerverbote aus

Die Ursprünge des Schwingsports sind gemäss Schwingerverband nicht eindeutig festzumachen. Die älteste Darstellung eines dem Schwingen sehr ähnlich sehenden Kampfes aus dem 13. Jahrhundert findet sich – in der Kathedrale von Lausanne. Die Schnitzerei im Chorgestühl wird als «Kleiderringen» bezeichnet.

Das Schwingen entwickelte sich von der Wendigkeitsübung zwischen Älplern zu einem veritablen Sport mit streng geregelten Wettkämpfen. Da diese jedoch jeweils an Kirchweihsonntagen stattfanden, sah die kirchliche Obrigkeit im 16. und 17. Jahrhundert die Sonntagsheiligung in Gefahr und verbot die Wettkämpfe kurzerhand bei Busse oder sogar Gefangenschaft.

 

 

 

Kampf zweier Schwinger | © ESAF
23. August 2019 | 13:20
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Ein Nationalsport

Seit über 100 Jahren gilt Schwingen als eigentlicher Nationalsport, der sich auch in Städten grosser Beliebtheit erfreut. Hier werden aber im Unterschied zu anderen Sportarten keine horrenden Transferzahlungen bezahlt. Als Preise winken im «Gabentempel» nicht nur Traditionelles wie Treicheln oder geschnitzte Möbel, sondern unterdessen auch Flachbildschirme, Reisegutscheine oder Rasenmäher. Für die Sieger werden in der Regel Lebendpreise gespendet. In Zug ist es der stolze Stier Kolin mit einem Wert von 30’000 Franken.

Eidgenössische Schwingfeste finden alle drei Jahre statt und werden abwechselnd von einem der fünf Teilverbände ausgetragen. In Zug, das zum Innerschweizer Verband gehört, wurde eine temporäre Arena für 56’500 Zuschauer erstellt. Erwartet werden 350’000 Besucher. Das Budget für den Anlass beträgt 37 Millionen Franken.

Lange Zeit war Schwingen mit Ausnahme der Ehrendamen eine reine Männersache. Seit dem ersten Frauenschwingfest 1980 ist der Sport gendergerecht und erfreut sich ebenfalls bei Mädchen und Frauen grosser Beliebtheit.  (ms)