Kardinal Joseph Zen aus Hongkong.
Vatikan

Historisches Abkommen zwischen China und Vatikan stösst auf Skepsis

Rom, 23.9.18 (kath.ch) Der Vatikan und China haben ein «vorläufiges Abkommen» über die Frage von Bischofsernennungen geschlossen. Hongkongs emeritierter Bischof, Kardinal Joseph Zen Ze-kiun, sprach von einem «unglaublichen Verrat».

Papst Franziskus erkannte acht regierungstreue katholische Bischöfe an, die ohne päpstliche Zustimmung geweiht worden waren. Damit stehen nun erstmals seit über 60 Jahren alle katholischen Bischöfe Chinas in Gemeinschaft mit Rom.

Beziehungen waren seit 1951 unterbrochen

Laut päpstlichem Presseamt unterzeichneten ein Vertreter des vatikanischen Staatssekretariates und Chinas Vize-Aussenminister Wang Chao das Dokument am Samstag in Peking. Die Ernennung katholischer Bischöfe und die Anerkennung bereits amtierender regierungstreuer, aber ohne Zustimmung Roms geweihter Oberhirten waren ein entscheidendes Hindernis in der Annäherung des Heiligen Stuhls und Chinas.

Zweck des Abkommens ist die Seelsorge.

Seit 1951 sind die offiziellen diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Seiten unterbrochen. Vatikansprecher Greg Burke erklärte, Zweck des Abkommens sei kein politischer, sondern ein seelsorglicher.

Katholische Gläubige sollten «Bischöfe haben, die in Gemeinschaft mit Rom stehen, aber zugleich von der chinesischen Regierung anerkannt sind». Papst Franziskus rief Chinas Katholiken zu Einigkeit auf.

Eine staatliche und eine Untergrundkirche

Derzeit ist der Grossteil der geschätzt 13 Millionen Katholiken in China in der staatlich zugelassenen «Patriotischen Vereinigung» organisiert. Daneben besteht eine sogenannte Untergrundkirche mit mehr als 30 Bischöfen ohne staatliche Genehmigung.

Von den etwa 65 regierungstreuen Bischöfen waren zuletzt sieben nicht von Rom anerkannt, drei von ihnen ausdrücklich exkommuniziert. Dass sich der Papst die letzte Entscheidung über Bischofskandidaten vorbehält, betrachtete Peking bislang als Einmischung in innere Angelegenheiten.

Beobachtern zufolge zielt die jetzige Einigung auf einen pragmatischen Umgang mit der Frage.

Zeichen des Friedens setzen

Der Vatikan knüpft an das Abkommen auch friedenspolitische Hoffnungen. Dies sei in einer Zeit internationaler Spannungen von Bedeutung, erklärte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin am Samstag. Nun brauche es Einheit und Vertrauen.

Katholiken zu Versöhnung und «konkreten Gesten» aufgerufen.

Der Kardinal rief die Katholiken in China zu Versöhnung und «konkreten Gesten» auf. Ausdrücklich verwies er auf gegenseitiges Unverständnis innerhalb der katholischen Gemeinschaft in der jüngsten Vergangenheit.

Warnung vor Ausverkauf der Kirche

Teile der chinesischen Kirche hatten die Verhandlungen der vergangenen Monate zwischen dem Heiligen Stuhl und Peking mit Sorge und Skepsis verfolgt. Kardinal Zen warf dem Vatikan Naivität vor und warnte vor einem «Ausverkauf» der Kirche in China.

Parolin liefere seine Herde «den Wölfen zum Frass».

Der frühere Bischof von Hongkong forderte Kardinal Parolin zum Rücktritt wegen «Verrats des katholischen Glaubens». Die vatikanische Nummer zwei liefere seine Herde «den Wölfen zum Frass». (kna)

Kardinal Joseph Zen aus Hongkong. | © KNA
23. September 2018 | 06:46
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!

Vatikan vergibt Einflussmöglichkeiten

Die Sinologin Katharina Wenzel-Teuber vom China-Zentrum im deutschen Stankt Augustin sieht das Abkommen zwischen dem Vatikan und China zurückhaltend. Der Vatikan und Papst Franziskus hätten damit wenige Einflussmöglichkeiten, wenn etwa die chinesische Regierung eigene Bischofskandidaten ohne Zustimmung des Papstes durchdrückte, sagte sie dem Portal katholisch.de.

Mit dem Abkommen akzeptiere der Vatikan, dass künftig Bischöfe unter Aufsicht der staatlichen Behörden gewählt würden, so Wenzel-Teuber. Diese versuchten in der Regel, die Wahl «nach ihren eigenen Interessen zu beeinflussen». Der Papst hätte dann nur noch das Recht, der Personalie zuzustimmen oder sie abzulehnen.

Zwar hätte der Papst dann künftig «aus chinesischer Sicht überhaupt etwas zu sagen». Allerdings hätte er keine Möglichkeit mehr, eigene Kandidaten vorzuschlagen, so die Expertin. Dafür stünden künftig die chinesischen Katholiken nicht mehr «immer in einer Opposition zum Staat». (kna)