Gedanken zum Sonntag: Unerträglich, wie er redet

Gedanken zum Sonntag, 26.August 2018 – 21.Sonntag im Jahreskreis (Johannesevangelium 6,60-69)

*Ingrid Grave

Es geht hier nicht um die Art und Weise seines Sprechens, sondern um Worte, Ausdrücke und Inhalte seiner Rede. «Wer kann das anhören?»  Unter den Jüngern muss ein ziemliches Gemurre entstanden sein, und etliche von ihnen entscheiden sich zum Ausstieg aus der Jesus-Gruppe (Joh 6, 60 – 69). Dieses Unerträgliche aus dem Munde Jesu – gemäss Johannes –  ist für die Zuhörenden  eine Provokation und scheidet die Geister. Bis heute.

Es handelt sich um den Ausspruch Jesu: «Mein Fleisch ist eine Speise, mein Blut ist ein Trank.»  Was will Johannes seinen Leserinnen und Lesern damit nahe bringen? In den folgenden Versen scheint Jesus selbst seine Aussage relativieren zu wollen: «Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt nichts.» Oder: «Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und Leben.»

Dieser Johannes und seine Texte sind für den religiös interessierten Durchschnittsverbraucher eine schwere Kost. Versuchen wir eine Annäherung und bleiben wir zunächst beim Greifbaren und Sichtbaren: Fleisch und Blut; das kennen wir. Das sind «Bestandteile» unserer selbst. Als Mensch aber bin ich mehr als eine perfekte Zusammenfügung von Bestandteilen. Ich habe Gemüt, Geist, Seele… wie soll ich’s sagen? Ich bin durchseelter Leib. Oder wie? Da hinein spricht Jesus – mit dem Mund seines Leibes: «Meine Worte sind Geist und Leben».  Ohne Leib geht nichts.

Wir wissen heute: Im ganzen Universum ist alles miteinander verbunden. Und nichts wird endgültig verloren gehen. Eine exakte Trennlinie zwischen Materie und Geist kann nicht ausgemacht werden.

Kennen Sie den Ausspruch «Dieser Mensch ist ein armes Blut»?  Jesus, die – in jeder Hinsicht – aussergewöhnlich starke Persönlichkeit, spricht vom eigenen Blut als Trank, als stärkenden Trank für uns, die wir ein armes Blut sind.

Wer heute offenen Herzens an einer Eucharistiefeier teilnimmt, kann eigentlich nur noch in Ergriffenheit schweigen, wenn er/sie die Worte hört: Nehmet, esst und trinkt, das ist mein Fleisch und Blut. –  Was wir empfangen, ist Geist und Leben. Geheimnis des Glaubens: Göttlicher Geist durchwirkt die Materie. Wie? Dazu wird uns niemand  den Beweis erbringen. «Wer kann das anhören?»  Wer es wagt, Seele, Herz und Gemüt dem göttlichen Geheimnis zu öffnen. Die Seele, die unseren Leib «bewohnt», vermag es zu ahnen.

*Ingrid Grave ist Dominikanerin in Zürich, wo sie sich in der Seelsorge engagiert

Schwester Ingrid Grave | © zVg
25. August 2018 | 11:00
Lesezeit: ca. 1 Min.
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