Gedanken zum Sonntag: Das Streitbrot

Gedanken zum 12. August 2018 – 19. Sonntag im Jahreskreis (Johannesevangelium 6,41–51)

Von Jacqueline Keune*

Seit Jahren wird uns gesagt, dass wir Christinnen und Christen getrennt seien, dass wir das Brot des Lebens nicht mit den «anderen» teilen dürfen, weil wir so den ökumenischen Frieden gefährden würden. – Aber was ist das für ein Friede, der andere ausschliesst?

Seit Jahren wird uns gesagt, dass Abendmahlsgemeinschaft nur durch Kirchengemeinschaft möglich sei, dass die «Kommunionbank» der rechten Gesinnung vorbehalten und wir ja so oder so eins seien in Christus Jesus. – Aber was ist das für eine Einheit, die am Tisch zerfällt?

Und wie können wir jenen, die gemeinsam mit uns den Leib Christi bilden, den Leib Christi vorenthalten? Und wie nur die einladen, die im gleichen Haus wohnen wie wir? Und wie ausladen, wo es doch gar nicht wir sind, die einladen, sondern Christus selbst? Und wie über das Brot verfügen, wo es uns doch gar nicht gehört?

Es ist für mich längst ungeniessbar geworden, was uns da seit Jahren aufgetischt wird. Dass Gedankenspiele wichtiger sind denn Lebewesen, die die Ausgrenzung schmerzt. Dass bloss nach dem Buchstaben des Rechts, nicht aber nach dem Hunger der Menschen gefragt wird. Dass die gewährte Gastfreundschaft Skandal geheissen wird – nicht die Spaltung!

So wie sich das Brot des Alltags trotz verschiedener Ansichten gemeinsam essen lässt, so lässt sich das Brot des Himmels trotz Unterschiede wunderbar miteinander teilen.

Ich weigere mich, die reformierten Schwestern und Brüder als meine von mir getrennten Glaubensgeschwister zu sehen! Ich weigere mich, nochmals jahrelang zu warten, bis uns erlaubt wird, was wir längst als würdig und recht erkannt haben! Ich weigere mich, Unterschiede als Trennungen zu verstehen, Verschiedenheit statt Verbundenheit zu betonen, und die Zulassung Getaufter zum gemeinsamen Mahl zu begründen – die Verweigerung soll begründet werden! Was kann – um Himmels willen – falsch daran sein, mit den anderen Konfessionen das Lebensbrot zu brechen?

Wenn wir andere ausschliessen, schliessen wir uns selber von der Gegenwart Christi aus. Warten wir nicht länger auf Lehrkonsens, sondern vertrauen wir auf unsere Gottesdienstgemeinschaften. Das, was uns verbindet, ist ungleich grösser denn das, was uns trennt!

Ich bin das Brot, sagt er, das Brot des Lebens. Worauf warten wir also noch?

«Nehmt und esst alle davon!»

*Jacqueline Keune ist freischaffende Theologin und lebt in Luzern.

sonntag Jacqueline Keune | © 2014 zVg
11. August 2018 | 09:38
Lesezeit: ca. 1 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!