Gender Mainstreaming zur Durchsetzung der Menschenrechte von Frauen

Medienmitteilung zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember 2017: Gender Mainstreaming und Gender schlecht zu reden, ist in letzter Zeit salonfähig geworden. Dabei werden die beiden Begriffe unwissend oder gar böswillig verdreht, wie aktuell im Wort zum Tag der Menschenrechte des Churer Bischofs Vitus Huonder. Eine tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter erfordert aber die Verankerung von Gender Mainstreaming. Das ist aus menschenrechtlicher Sicht eine Notwendigkeit.

Frauen sind in vielen Bereichen benachteiligt. Weltweit sind sie immer noch stärker von Armut betroffen als Männer. Auch in unseren Breitengraden hat Armut sehr oft ein weibliches Gesicht. Zwar haben Mädchen und Frauen in der Schweiz bildungsmässig aufgeholt, dennoch gibt es einen nach Geschlecht unterteilten Arbeitsmarkt und Frauen verdienen weniger. Frauen haben zudem in Arbeitswelt und Politik nach wie vor die schlechteren Karten. Das ist eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts, die viel mit den immer noch dominierenden Geschlechterbildern zu tun hat.

Eine solche Benachteiligung widerspricht den Menschenrechten. Die Staaten haben die Aufgabe, die Menschenrechte zu garantieren. Unter dem Begriff «Gender Mainstreaming» sind deswegen seit Jahren Bestrebungen im Gang, mit Massnahmen auf verschiedensten Ebenen die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen. Nicht aufgrund des Geschlechts benachteiligt zu werden, ist ein Menschenrecht, das auch in der Schweizer Bundesverfassung verankert ist.

Wer genauer hinschaut erkennt, dass Gender Mainstreaming oft missverstanden oder bewusst fehlinterpretiert wird. So unterstellt Birgit Kelle, die im Auftrag des Bischofs von Chur das diesjährige Wort zum Tag der Menschenrechte verfasst hat, dass Gender Mainstreaming zum Ziel habe, in den Kindergärten sexuelle Vielfalt und Freizügigkeit zu lehren. Die unbelegten und in der vorgebrachten Art als böswillig zu bezeichnenden Verdrehungen haben nur eines im Sinn: Frauen und Männer wieder an ihre traditionellen Plätze zu verweisen.

Gewisse kirchliche Kreise sind nach wie vor nicht bereit, sich unvoreingenommen und seriös mit dem auseinanderzusetzen, was Gender wirklich meint und Gender Mainstreaming politisch anstrebt (siehe Definition auf Seite 2). Sie erweisen damit den Menschenrechten und der Kirche einen Bärendienst. Für den Einstieg in eine ernsthafte Diskussion empfehlen wir allen die informative Broschüre «Let’s talk about gender!». Sie lädt mit inspirierenden Comics und vertiefenden Texten ein, sich mit Gender zu befassen und über Gender zu reden.

Die Broschüre kann gratis bezogen werden unter www.aboutgender.ch.

Béatrice Bowald, FAMA – Feministisch-theologische Zeitschrift

Regula Grünenfelder, FrauenKirche Zentralschweiz

Maria Oppermann, FrauenKirche Zentralschweiz

Regula Ott, SKF Schweizerischer Katholischer Frauenbund

Doris Strahm, IG Feministische Theologinnen

Soziales Geschlecht (engl. gender) im Unterschied zum biologischen Geschlecht (engl. sex). Gender ist erlernt, d.h. wird durch Erziehung, Sozialisation, Rollenzuschreibungen und kulturelle Normen erworben und im täglichen Verhalten ständig «hergestellt» (doing gender). Aufgrund des biologischen Geschlechts werden nämlich bestimmte Erwartungen an Menschen in Bezug auf typisch «männliches» und typisch «weibliches» Verhalten oder Aussehen gestellt. Das soziale Geschlecht, die Geschlechterrolle, ist also nicht einfach vollständig von der Biologie vorgegeben, sondern zu einem grossen Teil erworben und daher veränderbar. Biologisches Geschlecht und soziales Geschlecht lassen sich aber auch nicht vollständig trennen, sondern stehen in einem Wechselverhältnis zueinander.

Politische Strategie zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter. Gender Mainstreaming bedeutet, die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern bei allen Entscheidungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen zu berücksichtigen und bei jeder Aktion auch die geschlechtsspezifischen Folgen abzuschätzen. Ziel ist die Gleichstellung der Geschlechter in allen gesellschaftlichen Bereichen

Quelle: «Let’s talk about gender», www.aboutgender.ch

FAMA
8. Dezember 2017 | 12:03