«Kirche in Not» thematisiert heikle Verbindung von Religion und Krieg

Einsiedeln, 18.5.17 (kath.ch) Religion kann Kriege auslösen, aber auch Menschen im Krieg trösten. Diesem Spannungsfeld geht das Hilfswerk «Kirche in Not» am 21. Mai in einem Podium nach, an dem auch Nahostexperte Ulrich Tilgner dabei sein wird. 

Das internationale katholische Hilfswerk «Kirche in Not» Schweiz feiert am 21. Mai sein 70-jähriges Bestehen im Wallfahrtsort Einsiedeln. Mittags wird eine Heilige Messe gefeiert – mit Louis Raphaël I. Sako, chaldäisch-katholischer Patriarch von Babylon, als Hauptzelebranten.

Nebst der Heiligen Messe und einer «Spaghettata» für Pilgerinnen und Pilger findet ein öffentliches Podium statt. Das Thema: «Verantwortung der Religionen im Krieg». Mitreden tun nebst dem Patriarchen auch der Nahostexperte Ulrich Tilgner, Roberto Rimona, Experte für Fragen des Islams bei «Kirche in Not» und Mahmoud El Guindi, Präsident des Vereins «Vereinigung des islamischen Organisationen Zürich» (VIOZ).

Einsatz für bedrängte und verfolgte Christen

«Aktuell gibt es rund 16 Kriege rund um den Globus – dazu schwelen unzählige weitere kleinere und grössere Konflikte», sagt der Geschäftsführer von Kirche in Not, Jan Probst, gegenüber kath.ch. Oft würden die Religionen dazu missbraucht, den Einsatz von Gewalt zu legitimieren, so Probst. Gleichzeitig setze sich aber auch jede Religion für Frieden und für ein gutes Leben der Menschen ein. «Dies ist auch ein Spannungsfeld, in dem sich die Religionen scheinbar befinden.»

Für «Kirche in Not» als katholisches Hilfswerk sei es ein an Anliegen, die Rolle der Religionen in Kriegen etwas genauer auszuleuchten, erklärt Probst die Themenauswahl des Podiums. Schon der Gründer, des Hilfswerks, Pater Werenfried van Straaten, habe sich nach dem 2. Weltkrieg für die Versöhnung zwischen den ehemaligen Opfern und Tätern des grossen Krieges eingesetzt. «Heute ist es «Kirche in Not» ein grosses Anliegen, sich für die bedrängten und verfolgten Christen weltweit einzusetzen», so Probst weiter.

Nicht nur Religion ist schuld

«Die Religion kann in Kriegszeiten trösten», wie El Guindi gegenüber kath.ch sagte. Aber sie könne von der Politik auch missbraucht werden, um Kriege zu entfachen und Benachteiligungen für Minderheiten zu schaffen. Er finde es wichtig, als muslimische Stimme am Podium dabei sein zu dürfen. «Die Christen sind in Mittelosteuropa mittlerweile benachteiligt und werden verfolgt. Das war nicht immer so», so El Guindi weiter.

Er habe selbst zwei Kriege miterlebt, weshalb das Thema des Podiums ihm auch persönlich nahe gehe. Er habe die Zeit in Ägypten miterlebt, als noch ein «vorbildliches Zusammenleben von Muslimen und Christen» bestand. «Die Politik hat diesen Frieden zerstört – die Religion wurde für diese Unruhe instrumentalisiert.»

Politik und wirtschaftliche Interessen tragen Löwenanteil.

Ähnlich sieht das auch Nahostexperte Tilgner. Er hofft, dass für die Lage der Christen im Mittleren Osten nicht nur der Islam an sich verantwortlich gemacht werde, wie er auf Anfrage von kath.ch sagt. «Für mich als Europäer ist wichtig, dass die Staaten des Westens und die dort lebenden Menschen ihre Verantwortung erkennen.» Er sieht ebenso politische Instanzen beziehungsweise «bestimmte Strömungen» für das Leiden der Christen im Orient verantwortlich. «Gerade diese Strömungen (siehe Saudi Arabien) werden leider in der westlichen Politik akzeptiert», so Tilgner weiter.

Obwohl religiöse Gefühle zur Rechtfertigung von Gewalt und Kriegen genutzt würden, seien diese nicht allein für Krieg und Gewalt verantwortlich, so Tilgner weiter. «Politik und wirtschaftliche Interessen tragen den Löwenanteil der Verantwortung.» (ft)

Weitere Infos zur Jubiläumswallfahrt nach Einsiedeln von «Kirche in Not»

18. Mai 2017 | 08:00
Lesezeit: ca. 2 Min.
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