Kirchenhistoriker sieht Reformbedarf bei der Papstwahl

Münster, 26.1.17 (kath.ch) Der deutsche Kirchenhistoriker Hubert Wolf fordert Reformen bei der Papstwahl. Insgesamt sei die Erfindung des Konklaves aber «eine Erfolgsgeschichte», sagte er am Donnerstag im Interview der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Münster.

«Die Abschottung von allen äusseren Einflüssen und zunehmende Ausschaltung des Einflusses weltlicher Machthaber sowie die Ermöglichung von Gewissensentscheidungen der einzelnen Kardinäle sind die wichtigsten Errungenschaften des Konklaves», sagte Wolf, dessen neues Buch «Konklave. Die Geheimnisse der Papstwahl» am Freitag erscheint. «Zugleich ermöglicht es, die Papstwahl auch als einen spirituellen Akt zu sehen.»

«Zweidrittelmehrheit ohne Abstriche»

Reformbedarf sieht der Kirchenhistoriker der Universität Münster mit Blick auf die geforderten Mehrheiten bei der Papstwahl und bei den Regelungen für den Fall eines Papstrücktritts. Er sprach sich für eine «Zweidrittelmehrheit ohne Abstriche» aus.

Johannes Paul II. hatte eine Abkehr von der Zweidrittelmehrheit nach elf erfolglosen Wahltagen festgelegt, Benedikt XVI. dagegen für diesen Fall eine Stichwahl zwischen den beiden stärksten Kandidaten vorgesehen, die mit «einer qualifizierten Mehrheit» entschieden werden soll. «Über eine Ausweitung des Wahlgremiums über das Kardinalskollegium hinaus kann man nachdenken», sagte Wolf.

Klare Regelung für Papstrücktritt nötig

Notwendig sind nach seiner Ansicht auch eine klare Regelung des Papstrücktritts und des Status der zurückgetretenen Päpste. Kritik übte der Kirchenhistoriker am «restriktiven Archivgesetz, das Johannes Paul II. erlassen hat und das in völligem Widerspruch zu der bisherigen grosszügigen Öffnungspraxis der Vatikanischen Archive steht». Das mache eine weitere Erforschung unmöglich. (kna)

 

 

26. Januar 2017 | 12:31
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Konklave

Nach dem Tod oder dem Amtsverzicht eines Papstes kommen die wahlberechtigten Kardinäle zum Konklave zusammen, um einen Nachfolger zu wählen. Das geschieht von der Aussenwelt abgeschlossen unter strengster Geheimhaltung.

Das aus dem Lateinischen stammende Wort Konklave bedeutet «verschlossener Raum». Es leitet sich von «cum clave» (mit dem Schlüssel) ab. Das Konklave muss zwischen dem 15. und dem 20. Tag nach Beginn der Sedivakanz, der Zeit ohne Papst, beginnen. Benedikt XVI. (2005-2013) hatte jedoch nach seinem Rücktritt in diesem Fall ein Vorziehen um «einige Tage» gestattet.

Am Konklave teilnehmen dürfen alle Kardinäle, die das 80. Lebensjahr zu Beginn der Sedisvakanz noch nicht vollendet haben. Die Kardinäle sowie die im Konklave tätigen Helfer verpflichten sich eidlich zu absoluter Geheimhaltung. Die Benutzung von Kommunikationsmitteln aller Art, von Zeitungen bis Twitter, ist untersagt.

Seit 1996 ist die Sixtinische Kapelle als ausschliesslicher Wahlort festgeschrieben. Die Abstimmung erfolgt durch Stimmzettel. Zum Papst gewählt ist, wer zwei Drittel der Stimmen erhält. Sollte nach 34 Wahlgängen noch keine Entscheidung gefallen sein, kommt es zur Stichwahl. Gewählt ist der, der über eine «qualifizierte Mehrheit» verfügt.

Das erste Konklave fand 1241 statt. 1274 fixierte Papst Gregor X. die Papstwahl in einem Konklave kirchenrechtlich. Dadurch sollten die Einflussnahme weltlicher Machthaber verhindert und ein zügiger Ablauf gewährleistet werden. Das längste Konklave dauerte vom 29. November 1268 bis 1. September 1271. Das kürzeste Konklave dauerte 1503 nur wenige Stunden. Seit 1831 dauerte keine Papstwahl länger als vier Tage. (kna)