Katholiken begrüssen muslimische Seelsorger in Asylzentrum

Zürich, 5.7.16 (kath.ch) Am 1. Juli hat der Bund im Asylzentrum Juch in Zürich einen Pilotversuch mit muslimischen Seelsorgenden gestartet. Ab sofort können sich Asylsuchende auch an eine Frau oder zwei Männer muslimischen Glaubens wenden. Die Katholische Kirche im Kanton Zürich begrüsst die Ausweitung des Seelsorgeangebots.

Regula Pfeifer

«Wir freuen uns, dass der Vorschlag des Interreligiösen Runden Tisches nun vom Staatssekretariat für Migration umgesetzt wird», sagt Simon Spengler, Bereichsleiter Kommunikation und Kultur bei der Katholischen Kirche im Kanton Zürich auf Anfrage von kath.ch. Die Körperschaft ist Teil dieser interreligiösen Gruppe, in der auch die Reformierten, Christkatholiken, Juden und Muslime vertreten sind. Der Interreligiöse Runde Tisch im Kanton Zürich hatte 2013 beim Bundesamt für Migration eine interreligiöse Erweiterung der Seelsorge angeregt, wie er in einer Mitteilung vom 4. Juli schreibt. Er dankte in der Mitteilung für die Durchführung des Pilotprojekts.

Test für flächendeckende Einführung

Die muslimischen Bewohner des Asylzentrums Juch hätten nun direkte Ansprechpartner für ihre Sorgen, Anliegen und Glaubensfragen. Und das sei gut, so Spengler. Er zeigt sich überzeugt, dass die Seelsorgenden auf diese Weise «gezielter und besser auf die Bedürfnisse der Asylsuchenden eingehen können». Des Weiteren erhofft sich die Katholische Kirche im Kanton Zürich vom Projekt Erfahrungen in der interreligiösen Seelsorge, die künftig auch auf andere Bereiche angewandt werden könnten, wie Spengler ausführt.

Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat gemäss Mitteilung vom 4. Juli ein konkretes Ziel vor Augen. Das Projekt solle prüfen, ob die flächendeckende Einführung einer muslimischen Seelsorge in den Bundesasylzentren möglich sei und welchen Nutzen dieses Angebot habe.

Bei der Erarbeitung des Projekts wurde die katholische Kirche laut Spengler konsultiert. Laut SEM war die Zusammenarbeit mit den reformierten und katholischen Landeskirchen sowie dem schweizerischen Israelitischen Gemeindebund eng. Ansprechperson für die Katholische Kirche im Kanton Zürich war die Synodalrätin Ruth Thalmann. Sie wurde laut Spengler auch bei der Auswahl der muslimischen Seelsorgenden einbezogen.

Reformierte und katholische Seelsorger arbeiten weiter

Der Einsatz der drei muslimischen Seelsorgenden ist ein zusätzliches Angebot im Zentrum Juch. Die bisherigen Seelsorger, ein reformierter und ein katholischer, arbeiten laut Spengler in gleichem Umfang weiter. Sie werden durch die beiden Landeskirchen finanziert.

Die muslimischen Seelsorgenden arbeiten im Auftrag des SEM und werden vorläufig durch dieses bezahlt. Sie decken zusammen eine 70-Prozent-Stelle ab. Laut SEM wurden sie durch die Vereinigung der Islamischen Organisationen Zürich (VIOZ) empfohlen, mussten einen Kriterienkatalog der Schweizer Landeskirchen und des SEM erfüllen und wurden durch den Nachrichtendienst des Bundes geprüft.

Der Pilotbetrieb mit den muslimischen Seelsorgenden im Zentrum Juch ist für ein Jahr angelegt und wird wissenschaftlich begleitet (siehe Sidebar).

Das Zentrum Juch ist ein Testbetrieb für das beschleunigte Asylverfahren. Es liegt an der Förrlibuckstrasse in Zürich-Altstetten. Unweit davon wird das künftige Verfahrenszentrum der Asylregion Zürich entstehen, das 2020 in Betrieb gehen soll.

Zentrum Juch, Zürich | © Keystone Steffen Schmidt
5. Juli 2016 | 16:26
Lesezeit: ca. 2 Min.
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Zentrum für Islam untersucht das Pilotprojekt

Das Schweizerische Zentrum für Islam und Gesellschaft der Universität Freiburg begleitet das Pilotprojekt «Muslimische Seelsorge» im Zentrum Juch in Zürich-Altstetten wissenschaftlich. Es hat den Auftrag dazu vom Staatssekretariat für Migration (SEM) erhalten. Der Auftrag besteht darin, herauszufinden, wie sich die muslimische Seelsorge auf das Zusammenleben in einem Zentrum für Asylsuchende und deren Integration auswirkt, wie Hansjörg Schmid, Co-Leiter des Zentrums gegenüber kath.ch sagt. Zudem sei die Frage zu beantworten, wie sich ein solch erweitertes Seelsorgekonzept auf Bundesasylzentren ausweiten liesse.

Ein Konzept für die wissenschaftliche Erfassung des Projekts besteht. Ein Mitarbeiter des Zentrums für Islam wird die Situation im Zentrum Juch erfassen, wie Schmid sagt. Die geschehe mit Hilfe von Interviews und teilnehmender Beobachtung. Schmid hat bei diesem Projekt die Leitung Evaluation inne. (rp)