Susann Schüepp, , Bereichsleiterin Entwicklungspolitik und Grundlagen bei Fastenopfer
Schweiz

Gold oder Asche? – Entwicklungszusammenarbeit ruft nach Politik

Luzern, 10.2.16 (kath.ch) Mit Beginn der Fastenzeit am Aschermittwoch wird in den katholischen Pfarreien und in vielen Haushalten auch die Ökumenische Kampagne von «Fastenopfer» und «Brot für alle» sichtbar. Das katholische Hilfswerk «Fastenopfer» versteht sich heute zusammen mit der evangelischen Partnerorganisation als gewichtige Stimme in der Entwicklungszusammenarbeit. Und die beiden Organisationen erheben auch politisch ihre Stimme.

Martin Spilker

«Gold glänzt nicht für alle gleich», heisst es auf einer aktuellen Publikation von «Fastenopfer». Darin finden sich Reportagen und Hintergründe über das Kampagnenthema 2016 «Verantwortung tragen – Gerechtigkeit stärken». Es geht um Gold. Beispielsweise, wie die lokale Bevölkerung unter katastrophalen Bedingungen in den Minen arbeiten muss. Aber auch, welche Rolle die Schweiz als Drehscheibe im weltweiten Goldhandel spielt. Und es geht um die Rolle der Schweizer Regierung und ihr Verhältnis zu dieser global tätigen Branche.

Hinschauen, benennen

Es geht um Wirtschaft und um Politik. Das gefällt nicht allen, wenn sich Organisationen wie «Fastenopfer» hier einmischen. «Wenn wir uns glaubwürdig für soziale Gerechtigkeit einsetzen wollen, dann geht es nicht anders», entgegnet dem Susann Schüepp, Bereichsleiterin a.i. Entwicklungspolitik und Grundlagen bei «Fastenopfer». Denn wer die Situation um den Goldabbau, beispielsweise in Burkina Faso, unter die Lupe nehme, der stosse bald auf Firmen, deren Verbindungen auch in die Schweiz führen.

Wenn «Fastenopfer» die Tätigkeiten internationaler Konzerne öffentlich macht, dann geht es, so Schüepp, nicht darum, diese an den Pranger zu stellen. Im Zentrum der Arbeit stehe das Wohl und der Schutz der Menschen in den Landesprogrammen, ihr Zugang zu Lebensgrundlagen. «Wer sich dafür einsetzt, kommt um Politik nicht herum», weiss die Theologin, die selber mehrere Jahre in Brasilien in einer kirchlichen Entwicklungsorganisation tätig war. Die politische Arbeit in der Schweiz sei denn auch nichts anderes als die Weiterführung und Unterstützung der Arbeit in den Landesprogrammen.

Appelle, nicht Verbote

Aus diesem Grund unterstützen «Fastenopfer» und «Brot für alle» – zusammen mit 74 weiteren Organisationen – auch die Konzernverantwortungsinitiative. Diese verlangt, dass international tätige Unternehmen mit Sitz in der Schweiz verbindlich den Schutz von Menschenrechten und der Umwelt in ihre Geschäftsabläufe aufnehmen und darüber Rechenschaft ablegen. Eine solche «Sorgfaltsprüfung», die im Zentrum der Initiative steht, kennen heute bereits verschiedene Unternehmen, weiss Susann Schüepp. Aber bei weitem nicht alle.

Und hier setzt das Volksbegehren an: Kommt es zu einer Klage gegen ein Unternehmen wegen Menschenrechtsverletzungen oder Umweltzerstörung, dann muss dieses, um nicht haftbar zu sein, beweisen, dass es die nötige Sorgfalt hat walten lassen.

Überzeugungsarbeit allein reicht nicht

«Während die Handelswege heute schnell und global sind, hinkt der Schutz der Menschenrechte und der Umwelt hinterher», erklärt Schüepp, die aus ihrer Tätigkeit mit globalen Zusammenhängen vertraut ist. Und sie fügt ernüchtert hinzu: «Wenn Verfehlungen einzelner Konzerne festgestellt werden, dann genügt Überzeugungsarbeit allein nicht mehr. Es braucht Verbindlichkeit.»

Kommt dazu, dass für die Theologin Grundrechte ein viel zu wichtiger Wert sind, als dass diese dem freiwilligen Engagement überlassen werden dürfen. Konzerne sollen darum dokumentieren, wie sie sich um diese Fragen kümmern. Erst wo dies nicht überzeugend nachgewiesen wird, verlangt die Konzernverantwortungsinitiative rechtliche Schritte.

Kirche und Politik – immer stärkere Verbindung

Auf der Grundlage der christlichen Soziallehre versteht es «Fastenopfer» als Aufgabe und Pflicht, sich angesichts von sozialer Ungerechtigkeit auch politisch zu betätigen. Denn, so die Theologin: «Wir machen das nicht für uns, sondern für die Menschen, die unter unfairen Bedingungen leiden.» Und sie räumt ein, dass wer die Stimme für Benachteiligte erhebe, immer auch mit Widerstand rechnen müsse. Und, ja, es gebe auch innerhalb der Kirche Stimmen, die diese Art Engagement der Organisation nicht verstehen würden.

Doch das Wissen um die Bedeutung der Entwicklungszusammenarbeit ist für sie Grund genug, sich politisch ein- und damit auch auszusetzen. Übrigens erhalte dieses Engagement aktuell durch Papst Franziskus sehr grosse Unterstützung. Was alle Beteiligen – hier und in den Partnerländern – stark ermutige. (ms)

Susann Schüepp, , Bereichsleiterin Entwicklungspolitik und Grundlagen bei Fastenopfer | © 2016 Martin Spilker
10. Februar 2016 | 16:00
Lesezeit: ca. 2 Min.
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Verantwortung tragen – Gerechtigkeit stärken

Die Ökumenische Kampagne wird vom katholischen «Fastenopfer» und von «Brot für alle» der reformierten Kirche durchgeführt. Daran beteiligt ist auch die christkatholische Organisation «Partner sein». Die Kampagne vermittelt wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge, etwa wie Armut und Ungerechtigkeit entstehen, und illustriert diese mit Beispielen aus der Projektarbeit. Sie macht damit auf zentrale Anliegen der Entwicklungszusammenarbeit aufmerksam.

2016 steht das afrikanische Land Burkina Faso im Zentrum der Kampagne, die unter dem Titel «Verantwortung tragen – Gerechtigkeit stärken» steht. Am Beispiel der durch internationale Konzerne kontrollierten Goldgewinnung im Land werden die globalen Zusammenhänge dieser Handels- und Wertschöpfungsketten gezeigt. Aktiv werden kann man mit einer Unterschrift unter die Konzernverantwortungsintiative.

«Fastenopfer» ist eine kirchliche Stiftung, gegründet 1961. Sie führt in 14 Ländern rund 300 Projekte durch, mit denen sie jedes Jahr eine halbe Million Menschen erreicht. Finanziert wird die Arbeit durch Spenden von Einzelpersonen, Pfarreien, weiteren Institutionen sowie vom Bund. An ihrem Sitz in Luzern sowie weiteren Stellen in Lugano und Lausanne beschäftigt das Hilfswerk 54 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Stiftungsratspräsident ist ein Mitglied der Schweizer Bischofskonferenz, gegenwärtig Felix Gmür, Bischof von Basel. (ms)