Stephansdom in Wien
International

Religionsrechtsexperte: Viel Dynamik im Verhältnis von Staat und Religion

Wien, 30.5.15 (kath.ch) Anders als noch vor 20 Jahren gedacht, hat sich das Verhältnis von Staat, Kirche und Religion zu einem dynamischen Rechtsgebiet entwickelt. Mit diesem Befund liess der emeritierte Wiener Religionsrechtsexperte Richard Potz am Freitag, 29. Mai, bei einer Diskussion in Wien aufhorchen. Er widersprach damit explizit der Auffassung, dass die Verhältnisbestimmung zwischen dem modernen demokratischen Staat und der Religion mit der Überwindung des Kommunismus gleichsam zu einem Ende gekommen sei.

«Weltweit hat es noch nie so viele Konkordate gegeben wie jetzt, selbst mit islamischen Staaten», betonte Potz, der auch mit Blick auf Islam, Aleviten und Freikirchen auf die zahlreichen neuen religionsrechtlichen Bestimmungen in Österreich verwies.

In der Diskussion mit dem Titel «Staat und Religion in Österreich» diagnostizierte Potz, dass das österreichische Modell der Kooperation von Staat und Religion durch einen europaweiten Trend bestätigt werden. Länder mit traditionellen Staatskirchen wie in den skandinavischen Staaten würden immer mehr das mitteleuropäische Kooperationsmodell übernehmen.

Laizistisches Frankreich steht «ziemlich alleine» da

Und Frankreich sei mit seinem religionskritischen Verständnis von Laizität in Europa «ziemlich alleine». Den Grund hierfür ortete Potz in einem gleichheitswidrigen Grundzug einer die Religion ausgrenzenden Laizität: Ein Staat der aus ideologischen Überlegungen mit allen Kräften der Gesellschaft mit Ausnahme von Kirchen und Religionen zusammenarbeitet, verletzte selbst das Gebot der staatlichen Neutralität, so der Religionsrechtler.

Für Österreich ortet Potz staatlichen Handlungsbedarf bei den «zu krassen Unterschieden» zwischen anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften im Vergleich mit religiösen Bekenntnisgemeinschaften. Nach dem Vorbild von Staaten wie Deutschland oder Italien sollte Österreich zudem die Möglichkeit eröffnen, dass der Staat öffentlich-rechtliche Verträge mit Kirchen und Religionen abschliessen kann. Dies würde auch den Vorwurf einer formalen Privilegierung der katholischen Kirche durch das Konkordat entkräften. (kap)

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30. Mai 2015 | 16:25
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