Schwester Veronika zeigt, wo Faustine Kowalska 1931 die Christuserscheinung hatte
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Barmherzigkeitssonntag: Am Anfang sind die Visionen einer polnischen Ordensfrau

Plock, 11.4.15 (kath.ch) Am Sonntag, 12. April feiert die katholische Kirche die göttliche Barmherzigkeit. Eingeführt hat das Fest Papst Johannes Paul II. Er folgte dabei den Anordnungen der polnischen Ordensfrau Faustine Kowalska. Eine Reportage über das Kloster im polnischen Plock, in dem der barmherzige Gottessohn erstmals erschienen ist.

Bernard Litzler

Überraschung am 13. März letzten Jahres: Papst Franziskus kündigt ein Heiliges Jahr der Barmherzigkeit an, das von Dezember 2015 bis November 2016 dauern sollte. Das war keinerlei Überraschung für jene, die wissen, wie sehr der argentinische Papst an der göttlichen Sanftheit hängt.

Tatsächlich hat die alte Verehrung der Barmherzigkeit Gottes in den letzten Jahrzehnten neue Formen angenommen. Mehr und mehr erscheinen Bilder des barmherzigen Christus mit der Formel «Jesus, ich vertraue auf Dich». Woher kommt dieses Bild? Es widergibt die Vision einer polnischen Ordensfrau, der Schwester Faustine Kowalska. Eine Christus-Vision, die am 2. Februar 1931 stattfand.

«Jesus, ich vertraue auf Dich»

Das Kloster, in dem die Erscheinung geschah, ist bescheiden. Nichts unterscheidet es von anderen Gebäuden am Hauptplatz von Plock, einer Stadt am Fluss, unweit von Warschau. Eine einfache und helle Kapelle empfängt den Besucher. Im Hintergrund das Bild von Christus, dem Barmherzigen. Rechts ein Reliquienschrein mit Resten der Ordensfrau.

Eine Atmosphäre des Betens und der Andacht. Der Ort widerspiegelt, was Schwester Faustine Kowalska war. Mit 20 Jahren eingetreten in den Orden Barmherzige Schwestern (Notre-Dame de la Miséricorde) lebte sie nur 13 Jahre lang in der Kongregation und arbeitete in der Küche, im Garten und beim Empfang. Obwohl sie nur kurze Zeit hier lebte, hatte sie hier erstmals eine Erscheinung, die ihr Leben prägte.

«Ich war in meinem Zimmer», schreibt sie in ihr Tagebuch, «und ich sehe den Herrn in einem weissen Kleid. Eine Hand war erhoben, um zu segnen, die andere berührte sein Kleid auf der Höhe der Brust. Aus der Öffnung seines Kleids kamen zwei breite Strahlen, einer rot, der andere weiss. Nach einem Moment sagte der Herr zu mir: «Male ein Bild nach dem Bild, das du siehst mit den Worten: «Jesus, ich vertraue auf Dich. Ich wünsche, dass dieses Bild zuerst in eurer Kapelle, dann in der ganzen Welt geehrt wird. Ich verspreche, dass die Seele, die dieses Bild ehren wird, nicht verloren sein wird.»

Ein Fest der Barmherzigkeit

Weshalb dieser Ort? Schwester Veronika, die im Kloster Plock wirkt, meint: «Vielleicht wurde Christus berührt von unserer Umsetzung der Barmherzigkeit». Die Ordensfrauen nahmen arme Mädchen auf und brachten ihnen kochen, nähen und bügeln bei.

Jedenfalls war Faustine eine Art mystische Vereinigung mit Christus gewohnt. Die Tochter einer kinderreichen Bauernfamilie war von mehreren Orden zurückgewiesen worden, als sie ihren Wunsch nach religiösem Engagement äusserte. Endlich im Kloster aufgenommen, schrieb sie in ihrem Tagebuch über die Erscheinungen Christi und ihre intimen Dialoge.

Während einer anderen Vision verlangt Jesus von Faustine etwas Weiteres: «Ich wünsche, dass es ein Fest der Barmherzigkeit gibt. Ich will, dass dieses Bild feierlich gesegnet wird am ersten Sonntag nach Ostern.» Diese Forderung wird erst im Jahr 2000 umgesetzt, durch Papst Johannes Paul II, den polnischen Papst.

Ein Gotteshaus in Plock

Zu Beginn verbreitet sich die Verehrung des barmherzigen Christus nur wenig. Denn die Zeiten sind hart. Die junge polnische Republik gerät in den Strudel des Nationalsozialismus. Und die Stadt, die viele jüdischen Bewohner hat, ist dem Grauen des Zweiten Weltkriegs ausgesetzt. Nach dem Krieg wird Polen kommunistisch. Das Haus der Schwestern von Plock wird in Beschlag genommen und kommt in laizistische Hände. Die Ordensfrauen werden erst im Jahr 1990 zurückkehren.

«In Kraukau, wo Faustine länger lebte und wo sie starb, entwickelte sich der Kult der göttlichen Barmherzigkeit rascher als in Plock», erklärt Schwester Veronika. Aber in den heutigen Tagen verfolgt das Kloster von Plock ein Projekt der Entwicklung. Schwester Veronika zeigt eine grosse Tafel im Hauseingang: einen Plan eines Gotteshauses. «Wir haben angefangen, Geld zu sammeln, mit diesem Ziel, aber wir sind noch nicht soweit. Wir warten, bis wir genug Reserven haben, um die Arbeiten zu beginnen. Wir wollen aus diesem Ort einen Ort des Gebets machen, der Gruppen und alle Menschen besser empfängt.» Und die Hoffnung der Ordensfrauen? Im Jahr 2018 fertig damit zu sein. «Viele Menschen hängen an diesem Ort. Und es wird eine Wohltat für die Stadt und die Diözese von Plock sein.»

Bleibt nur, vom Reichtum dieser Andacht zu überzeugen. «Die jungen Priester sind offener als die ältere Generation. Tatsächlich haben einige Junge ihre Berufung darin entdeckt, das Tagebuch der Schwester Faustine zu lesen.» In Plock nimmt das spirituelle Abenteuer der einfachen polnischen Ordensfrau eine neue Form an. Die göttliche Barmherzigkeit, gefördert durch Papst Franziskus, hört nicht auf, sich auf allen Kontinenten zu verbreiten. Mit dem Leitmotiv: «Jesus, ich vertraue in Dich». (cath.ch/rp)


 

Johannes Paul II und die göttliche Barmherzigkeit

Schwester Faustine wurde am 18. April 1993 selig gesprochen und am 30. April 2000 durch Johannes Paul II. heilig gesprochen. Im Jahr 2000 wurde das Fest der göttlichen Barmherzigkeit festgelegt auf den Sonntag nach Ostern.

Am Vorabend dieses Festes, am 2. April 2005, verstarb der polnische Papst. Ein Papst, der die Verehrung der Barmherzigkeit im Krieg kennen lernte, als er in Krakau in der Firma Sovay arbeitete. Genau in dieser Stadt im Süden Polens verstarb 1938 Schwester Faustine mit 33 Jahren. Und der junge Wojtyla betete regelmässig in der Kapelle der Barmherzigen Schwestern. Daher seine besondere Anhänglichkeit an Schwester Faustine. (cath/bl/übersetzt von rp)

Siehe auch Artikel: Papst ruft Heiliges Jahr im Zeichen der Barmherzigkeit aus

Schwester Veronika zeigt, wo Faustine Kowalska 1931 die Christuserscheinung hatte | © 2015 Bernard Litzler/cath.ch
11. April 2015 | 17:20
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