Daisy Kurinjirappalli ist Pflegefachfrau.
Schweiz

Notfall in Peter und Paul: «Ein Engel war in unserer Kirche»

9.15 Uhr, Peter und Paul in Zürich. Tag eins mit den abgeschafften Corona-Regeln. Die Messe beginnt. Mitten im Evangelium muss Martin Stewen den Gottesdienst abbrechen: Ein älterer Mann ist zusammengebrochen. Eine arbeitssuchende Pflegefachfrau wird zur Ersthelferin.

Raphael Rauch

Eigentlich sollte dieser Artikel von den abgeschafften Corona-Massnahmen handeln. Wie die Gläubigen an der Basis den ersten Gottesdienst unter neuen Vorzeichen erleben. Doch am Donnerstagvormittag kommt es anders: Mitten im Evangelium macht es Rums. Ein älterer Mann bricht zusammen, rührt sich nicht. Die rund 30 Gläubigen sind ein paar Sekunden wie in Schockstarre. Dann übernimmt Daisy Kurinjirappalli das Kommando.

Rettung mit Herzdruckmassage

Sie eilt zu dem älteren Mann in die Kirchenbank. «Er reagiert nicht, er atmet nicht», sagt sie. Nur Röcheln ist zu hören. Sie fühlt den Puls und beginnt mit der Herzdruckmassage. Der Priester Martin Stewen eilt herbei und sagt: «Die Rettungskräfte sind unterwegs.»

Einsatz in der Kirche Peter und Paul in Zürich.
Einsatz in der Kirche Peter und Paul in Zürich.

Daisy Kurinjirappalli macht weiter mit der Herzdruckmassage, später übernimmt ein weiterer Gottesdienstbesucher. Die Gläubigen formulieren stille Gebete. Dann trifft «Schutz & Rettung ein», später die Polizei. Ein Defibrillator kommt zum Einsatz. Die Menschen verlassen die Kirche, damit die Rettungskräfte in Ruhe ihre Arbeit machen können.

«Ein Engel in der Kirche»

«Wenn ihr jedoch das königliche Gesetz gemäss der Schrift erfüllt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst, dann handelt ihr recht.» Diese Worte hat Lektorin Rachèle Abegglen in der Lesung vorgetragen. Sie sagt: Mit Daisy Kurinjirappalli war «ein Engel in der Kirche. Sie hat schnell und richtig reagiert. Ein Geschenk des Himmels.»

Lektorin Rachèle Abegglen
Lektorin Rachèle Abegglen

Daisy Kurinjirappalli wartet, bis die Rettungskräfte das Signal geben, dass der Patient wieder atmet. Sie geht zur Seitenkapelle, verabschiedet sich von der Madonna.

Pflegefachfrau aus Indien

Vor der Kirche erzählt sie, dass sie aus Indien stammt, seit 1989 in der Schweiz lebt und Pflegefachfrau ist. «Ich bin zurzeit auf Arbeitssuche, deswegen kann ich auch werktags in den Gottesdienst», sagt Daisy Kurinjirappalli. Als Engel sieht sie sich nicht: «Als Pflegefachfrau war für mich klar, was zu tun ist. Ich bin froh, dass es der Mann geschafft hat.»

Martin Stewen ist Priester in Peter und Paul in Zürich.
Martin Stewen ist Priester in Peter und Paul in Zürich.

Der Priester Martin Stewen sagt, medizinische Einsätze kämen in Gottesdiensten hin und wieder vor. «In der Theorie ist alles klar. Aber wenn es um Menschenleben geht, kommt einem jede Sekunde des Wartens auf den Krankenwagen unendlich lang vor. Gott sei Dank gibt es Menschen wie Daisy Kurinjirappalli, die wissen, wann das Richtige zu tun ist.»

Um 10.30 Uhr ist der nächste Gottesdienst, dieses Mal in der Kapelle des Alterszentrums Peter und Paul. Martin Stewen sagt: «Wir schliessen den Mann fest in unser Gebet.»


Daisy Kurinjirappalli ist Pflegefachfrau. | © Raphael Rauch
17. Februar 2022 | 14:05
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!