Thomas Thali, Geschäftsführer von Caritas Luzern, an einer Spendenaktion
Schweiz

«Wir entwickeln einen Sozialplan für alle, die nicht beim Kanton arbeiten können oder wollen»

Luzern, 3.7.15 (kath.ch) Caritas Luzern lässt ihre entlassenen Mitarbeitenden nicht im Regen stehen. Die katholische Nonprofitorganisation hat ihre Kündigungsfrist bis Ende Jahr verlängert und unterstützt sie im Bewerbungsverfahren sowie mit Coaching und Weiterbildung. Letzteres besonders für jene, die nicht zum Kanton wechseln. Dies sagt Geschäftsführer Thomas Thali im Gespräch mit kath.ch.

Regula Pfeifer

Der Kanton Luzern übernimmt die Aufgaben im Asylwesen wieder selbst, sie verlieren also diesen Auftrag. Wie gehen Sie bei den Kündigungen vor?

Thomas Thali: Von den Kündigungen sind insgesamt 54 Caritas-Mitarbeitende betroffen. Die meisten von ihnen, 45, waren direkt im Asylwesen tätig, also im Sozialdienst, in der Wohnungsverwaltung und den Asylzentren. Ihnen haben wir die Kündigung kommuniziert, sobald wir vom Rückzug des Auftrags erfahren hatten. Schwierig zur entscheiden war die Frage, welchen Personen in den zentralen Diensten gekündigt werden muss. Unterdessen sind auch diese Entscheide gefallen und kommuniziert. Die Kündigungsfrist läuft aber erst Ende Jahr aus.

Wie sieht es aus mit der Übernahme bisheriger Caritas-Mitarbeitender durch den Kanton?

Thali: Noch ist unklar, wie viele Leute und wen der Kanton anstellen wird. Das Bewerbungsverfahren dort läuft.

Wie unterstützen Sie die Mitarbeitenden, denen Sie gekündigt haben?

Thali: Wir unterstützen sie im Moment im Bewerbungsverfahren für eine Stelle beim Kanton. Wir helfen, ihr Bewerbungsdossier zusammenzustellen und üben mit ihnen Gesprächssituationen. Viele unserer langjährigen Mitarbeitenden sind das Bewerben nicht mehr gewohnt. Zudem entwickeln wir einen Sozialplan für jene Leute, die keine Stelle in der kantonalen Verwaltung erhalten. Und zwar auch für jene, die nicht zum Kanton wechseln wollen. Der Sozialplan beinhaltet Coaching, spezifische Weiterbildungen und anderes mehr.

Was bedeutet der Verlust des Asylbereichs für die Caritas Luzern?

Thali: Einerseits verlieren wir einen wichtigen Auftrag, der Teil unserer Identität ist. Diesen loszulassen, ist schwierig. Andererseits, betriebswirtschaftlich gesehen, verlieren wir rund einen Viertel unseres Auftragsvolumens. So viel müssen wir also abbauen.

Das ist beträchtlich.

Thali: Ja, aber wir haben weiterhin wichtige Aufgabenbereiche. Wir sind ein grosser Anbieter im Bereich der Stellensuche, bieten Beschäftigungsprogramme und anderes mehr. Ausserdem haben wir einen Dolmetscherdienst für die gesamte Zentralschweiz. Wir vermitteln Dolmetschende an Schulen, Spitäler und öffentliche Dienste, um die Kommunikation mit Migranten zu erleichtern. Zudem sind wir aktiv im Bereich Armut. Nicht zu vergessen: Nur die Betreuung von Asylsuchenden wechselt zum Kanton. Die Betreuung anerkannter Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommener bleibt bei uns.

Was wird der Wechsel des Asylbereichs zum Kanton bewirken?

Thali: Das werden wir sehen. Es hängt davon ab, wie der Kanton dies gestaltet.

Werden die Freiwilligen, die für Caritas im Asylbereich tätig waren, zum Kanton wechseln?

Thali: Das können wir noch nicht beurteilen. Wir von Caritas Luzern haben in all unseren Bereichen Freiwillige, die mitwirken, und wir vermitteln zudem überall hin Freiwillige. Deshalb haben wir dem Kanton angeboten, für ihn Freiwillige zu suchen und zu vermitteln. Ob es funktioniert, wissen wir nicht.

Freiwillig für den Staat arbeiten, will womöglich niemand.

Thali: Das wurde in den Medien so dargestellt, stimmt aber so nicht. Es gibt bereits heute Freiwilligenarbeit im staatlichen Umfeld, etwa im Bereich Wohnungsbegleitung. Wichtig ist, dass Freiwilligenarbeit ergänzend eingesetzt wird, nicht als Konkurrenz zu bezahlter Arbeit. Freiwillige erleben ihr Engagement meist als Geben und Nehmen, sie empfinden es als positiv auch für sich selber. (rp)

Thomas Thali, Geschäftsführer von Caritas Luzern, an einer Spendenaktion | © zVg
3. Juli 2015 | 11:32
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