Hasen beim Spielen
Schweiz

Professor Arens: Papst bereitet mit Kaninchen Terrain für Ehe-Synode vor

Zürich/Luzern, 21.1.15 (kath.ch) Mit seiner Aussage «Katholiken müssen nicht wie Kaninchen sein» hat Papst Franziskus einen Mediensturm losgetreten. Kritiker schreiben, der Papst spreche Probleme an, sorge aber nicht für deren Lösung im kirchlichen Lehramt. Er bereitet möglicherweise das Terrain für die Bischofssynode zu Ehe und Familie im kommenden Herbst in Rom vor, sagt hingegen der Luzerner Professor für Fundamentaltheologie, Edmund Arens, gegenüber kath.ch.

Georges Scherrer

Dies vorweg: Die meisten angefragten katholischen Theologen auf Schweizer Lehrstühlen wollten die Aussage des Papstes, die er während seines Rückflugs am 18. Januar gegenüber mitfliegenden Journalisten machte, nicht kommentieren. Es sei überhaupt nicht klar, in welchem Rahmen sie gefallen sei. Wenn diese Aussage im lockeren Gesprächsaustausch gefallen sei, dann habe sie nicht die Gültigkeit einer klaren päpstlichen Verlautbarung, begründeten die Theologen die Verweigerung einer öffentlichen Auskunft.

Die Schweizer Kirchenbeobachterin und Publizistin Klara Obermüller brachte es hingegen für kath.ch öffentlich auf den Punkt: «Mit fehlt der letzte Schritt. »In seiner Antwort habe er auf die durch das Lehramt erlaubten Methoden, «die unsicher sind», verwiesen. Diese Antwort sei vergleichbar mit der Aussage, welche er ebenfalls während eines Flugs äusserte: «Wenn eine Person homosexuell ist und den Herrn sucht und guten Willens ist – wer bin ich, dass ich über sie urteile?» Der Papst spreche in lockerem Ton, sehr spontan und persönlich. «Wenn man die Aussage genau anschaut, dann bewegt sie sich aber im dogmatischen Rahmen.»

Die Aussage über die Kaninchen wäre dann eine «Sensation», wenn Papst Franziskus gleichzeitig dazu aufrufen würde, mit künstlichen Verhütungsmitteln die Geburtenkontrolle zu praktizieren, also mit jenen Mitteln und Methoden, welche die katholische Kirche nicht erlaubt. Auch in der Aussage über die Homosexuellen nenne er Einschränkungen, indem er von gutem Willen und Gottessuche rede. «Das ist seine persönliche Haltung und es will noch lange nicht heissen, dass die katholische Kirche ihre Position über die Homosexuellen ändert.» Der Papst «bleibt mir immer die Antwort schuldig. Seine Aussagen sind sehr pastoral, sehr sympathisch. Sie bleiben aber auf dem halben Weg stehen. Mir fehlt immer der letzte Schritt.»

Aussagen zu Kaninchen treffen ins Ziel

Auf die Äste hinaus wagt sich von den Akademikern nur Edmund Arens, Professor für Fundamentaltheologie an der Universität Luzern. Der Papst versteht etwas von Kommunikation, sagte er gegenüber kath.ch: «Er hat eine treffsichere, witzige Sprache, die rüberkommt. » Mit seinen «sehr unpäpstlichen Aussagen» erreiche er immer wieder Aufsehen. Er sei der erste Papst, der von Kaninchen rede. Solche Aussagen treffen erst einmal auf Zuspruch, weil sie einen «nicht verknöcherten, humorvollen und geistreichen Menschen zeigen.»

Wenn man die Aussage unter die Lupe nehme, dann sei nicht klar, was damit gesagt ist. «Dass die Menschen sich nicht wie Kaninchen vermehren sollen, könne man als ein Plazet für Empfängnisverhütung lesen. Und darum ging es bei der Enzyklika Humanae Vitae von Paul VI.» Die Erdbevölkerung könne sich nicht einfach endlos weiter vermehren. Und dazu brauche es die «besten wissenschaftlichen technischen Mittel», um diesem Bevölkerungszuwachs entgegen zu wirken. Es brauche also die «künstliche Empfängnisverhütung». Papst Franziskus sage aber «durch die Blume: Das meine ich natürlich nicht.» Was er auf saloppe Art erkläre, stelle nicht explizit einen Abschied von Humanae Vitae, der so genannten «Pillenenzyklika», dar, so Arens.

Rio ist nicht die reiche Schweiz

Während des Flugs zurück nach Rom wies der Papst auf die Begegnung mit einer Frau hin, die bereits sechs Kinder hatte und ein siebtes durch Kaiserschnitt auf die Welt bringen wollte. Ihr habe er gesagt: «Wollen Sie sieben Waisen zurücklassen? Das heisst Gott herausfordern.» Man müsse klar sehen, dass Papst Franziskus nicht aus der reichen Schweiz stamme, wo schon Zwanzigjährige ihr Kind per Kaiserschnitt sicher auf die Welt bringen, sondern aus Lateinamerika, wo eine solche Geburt mit viel grösseren Risiken verbunden sei. Man müsse auch sehen, dass es für Frauen «unverantwortlich» sei, wenn sie bis ins hohe Alter noch ein Kind in die Welt bringen wollen. Die Aussage bleibe interpretierbar.

Bischofssynode zu Familie und Ehe Weg ebnen

Die Aussagen im Flugzeug wiesen aber auch auf den zweiten Teil der Weltbischofssynode über Ehe und Familie hin. «Papst Franziskus weiss, wie Humanae Vitae zustande gekommen ist. Paul VI. hatte eine Expertenkommission eingesetzt. Diese hat sich in ihrer Mehrheit für die künstliche Empfängnisverhütung ausgesprochen. Dezidiert dagegen war Karol Wojtyla.» Der spätere Papst Johannes Paul II setzte sich durch. «Papst Franziskus weiss, dass die Enzyklika kein Dogma ist.»

Wie geht es weiter? Zwei Interpretationen seien möglich: jene des Verdachts und jene des Vertrauensvorschusses. Im Fall der Aussagen, welche Papst Franziskus jüngst im Flugzeug, machte, könne bezüglich des Vertrauensvorschusses gesagt werden: «Der Papst ist nicht nur so klug, sondern auch so kollegial, dass er der nächsten Bischofssynode, nicht durch ein Fait accompli vorgreift, sondern der Bischofssynode überlässt, zu entscheiden.» Die Lektüre des Verdachts münde hingegen in die Aussage: «Das ist alles Gerede.» Will heissen: Der Papst stosse gern ein heikles Thema an, mache aber in einem entscheidenden Moment einen Rückzug. Diese Interpretation liefert etwa Jean-Martin Büttner in seinem Kommentar «Stossen und Zurückziehen» im Tages Anzeiger vom 21. Januar. (gs)

 

 

Hasen beim Spielen | © Grey59 / pixelio.de
22. Januar 2015 | 12:00
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