«Benedikt XVI. ist noch neu»

In Rom sind Souvenirs von Johannes Paul II. noch stark gefragt

Rom. 10.4.10 (Kipa) Benedikt XVI.? Johannes Paul II.? Ein Archäologe, der in 1.000 Jahren herausfinden müsste, wer 2010 Papst war, hätte es vermutlich nicht leicht – jedenfalls dann, wenn er sich nur auf römische Souvenirfunde stützen könnte. Denn auch fünf Jahre nach der Wahl von Papst Benedikt XVI. erwecken die Auslagen der Andenkenhändler den nahezu schismatischen Eindruck, es gebe zwei Päpste, einen deutschen und einen polnischen.

Zwischen Petersplatz und der Basilika Santa Maria Maggiore gibt es kaum eine Postkarte, einen Rosenkranz oder eine Schneekugel mit dem Konterfei Benedikt XVI., die es nicht ebenso in einer Ausführung seines Vorgängers gäbe.

Auch in Rom bestimmt die Nachfrage das Angebot: Von Benedikt XVI. wie von Johannes Paul II. gingen ähnlich viele Souvenirs über den Ladentisch, berichtet eine Verkäuferin an der Piazza della Citta Leonina, unmittelbar an den Kolonnaden des Petersplatzes. Ihr Geschäft befinde sich in jenem Haus, in dem der deutsche Papst in seiner Zeit als Leiter der Glaubenskongregation gewohnt habe, sagt sie stolz.

Das Porzellan mit beiden

Die besondere Empfehlung der Signora ist ein Porzellanteller, auf dem Johannes Paul II. und Joseph Ratzinger gemeinsam zu sehen sind. Ein jugendlicher Wojtyla-Papst legt einem schüchtern lächelnden Joseph Ratzinger mit festem Blick die Hände auf die Schultern. Das Foto stammt vom 22. Oktober 1978. Es zeigt den damaligen Münchener Kardinal Joseph Ratzinger, der dem neu gewählten Papst Johannes Paul II. den Treueeid leistet. Vor allem bei deutschsprachigen und niederländischen Pilgern sei dieses Motiv sehr gefragt, bestätigt auch ein fliegender Händler auf dem Peterplatz.

Verkaufsstatistiken gibt es nicht. Welchen Anteil die Devotionalien mit dem Konterfei Johannes Pauls II. am Souvenirgeschäft insgesamt ausmachen, lässt sich kaum beziffern. Viele Händler sprechen von der Hälfte des Umsatzes, einige verkaufen sogar immer noch deutlich mehr Andenken an den polnischen Papst; vor allem bei Spaniern sei Johannes Paul II. noch sehr beliebt, heisst es.

Andere Händler machen mittlerweile mit «Benedetto» ihr Hauptgeschäft. Die Erklärungen für die anhaltende Nachfrage nach Wojtyla-Souvenirs sind jedoch stets die gleichen: Das grosse Charisma und die lange Amtszeit des polnischen Papstes.

Mehr deutschsprachige Pilger

Fest steht jedenfalls, dass seit der Wahl Papst Benedikts XVI. zum Papst erheblich mehr deutschsprachige Pilger in den römischen Souvenirläden einkehren. Während im letzten Jahr des Pontifikats von Johannes Paul II. rund 80.000 Pilger deutschsprachige Besucher an den Generalaudienzen und Gottesdiensten mit dem Papst teilnahmen, hat sich ihre Zahl nach Angaben der päpstlichen Präfektur seither ungefähr verdreifacht.

Besonders preiswert und gefragt sind rund um den Petersplatz die Rosenkränze, die schon für knapp zwei Franken überall zu haben sind. Zum gleichen Preis gibt es auch Schneekugeln mit einem Papstporträt vor strahlend blauem Himmel als Kulisse. Der Unterschied liegt hier im Detail. Wer die Wojtyla-Version wählt, findet unter dem Papstnamen einen Zusatz, den die die Ratzinger-Version nicht bietet: Als «Il Grande» wird der tote Papst geehrt.

Fast lebensgross

Für betuchtere Kunden halten die Händler repräsentative Statuen bereit – auch hier besteht ein beachtlicher Grössenunterschied. Johannes Paul II. gibt es annähernd lebensgross, Benedikt XVI. vorerst nur in einer etwa kniehohen Miniaturausgabe. Die Figur des deutschen Papstes sei handgeschnitzt, sein Vorgänger hingegen nur aus Kunststoff, erläutert die Verkäuferin. Das macht sich auch im Preis bemerkbar: Johannes Paul II. kostet 2.700 Franken, Benedikt XVI. ist für 3.000 Franken zu haben.

Dass der deutsche Papst in den Auslagen der römischen Souvenirhändler auch nach fünf Jahren noch im Halbschatten seines Vorgängers steht, hat seinen Grund vielleicht auch darin, dass die Uhren in einer Ewigen Stadt langsamer gehen als andernorts: «Der deutsche Papst ist schliesslich noch neu», sagt eine römische Andenkenhändlerin.

(kipa/r/gs)

10. April 2010 | 10:15
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