Turm der Kathedrale von Lugano
Schweiz

Zwei Priester im Tessin auf Abwegen

Im Tessin geben zwei Fälle zu reden, bei denen katholische Priester im Fokus stehen. Ein Geistlicher befindet sich wegen mutmasslichen Betrugs in Untersuchungshaft. Das Geld soll an einen jungen Neapolitaner geflossen sein. Ein anderer Priester soll in einer Diskothek junge Frauen belästigt haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Gerhard Lob

Seit Ende November befindet sich der Priester der Pfarrgemeinde Cadro, Don Samuele Tamagni, in Untersuchungshaft. Er hatte sich selbst den Untersuchungsbehörden gestellt, nachdem er grössere Geldbeträge veruntreut hatte.

Eine bekannte Persönlichkeit

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 40-Jährigen Betrug, Veruntreuung und Geldwäsche vor. Das Bistum Lugano bestätigte damals Ermittlungen in einer eigenen Medienmitteilung.

Der Fall sorgte für Schlagzeilen, denn Don Samuele Tamagni ist eine bekannte Persönlichkeit im Tessin. Er ist der Bruder von Maurizio Tamagni, dessen Sohn Damiano 2008 am Karneval von Locarno mit Fusstritten getötet worden war.

Vorwurf: Gelder veruntreut

Don Samuele – als Onkel des Getöteten – wirkte als Vizepräsident der «Stiftung Damiano Tamagni», die sich seit dem gewaltsamen Tod von Damiano der Präventionsarbeit gegen Jugendgewalt verschrieben hat.

Gemäss Stiftung hat Don Samuele circa 12’000 Franken aus der Stiftung entwendet. «Das ist kein kleiner Betrag, aber glücklicherweise auch nicht so gross, um die Aktivitäten der Stiftung zu gefährden», hielt die Stiftung in einer Medienmitteilung vom 9. Dezember fest, in der zugleich der Austritt von Don Samuele aus der Stiftung erklärt wurde.

Ein 27-jähriger Neapolitaner

Tatsächlich geht es bei den mutmasslichen Finanzdelikten um wesentlich höhere Summen, angeblich um rund 600’000 Franken. Dabei erleichterte Don Samuele offenbar seine eigenen Eltern, für die er eine Beistandschaft hatte. Er selbst war gemäss Angaben vom Radio und Fernsehen der italienischen Schweiz (RSI) von einer Kontrolle entbunden.

Doch wohin floss das Geld? Wofür wurde es verwendet? Gemäss mehreren Tessiner Lokalmedien unterhielt Don Samuele eine enge Freundschaft zu einem 27-jährigen Neapolitaner, der ins Tessin übergesiedelt war, auf grossem Fuss lebte und offenbar dem Glücksspiel angetan war. Don Samuele soll ihm finanziell unter die Arme gegriffen haben. Auch dieser Freund landete zwischenzeitlich im Untersuchungsgefängnis.

Don Samuele hatte auch die Finanzen der Pfarrei nicht unter Kontrolle. Er war daher vor einigen Jahren vom Generalvikar zu einer spirituellen Retraite eingeladen worden. Bis Januar soll Don Samuele in U-Haft sein.

Vorfall in Disco

Ein zweiter Fall betrifft einen weiteren Priester, der im Bistum Lugano tätig ist. Sein Name ist bisher nicht öffentlich geworden. Die Diözese will vorerst nicht Stellung nehmen. «Wir warten die Entwicklungen ab», sagt Luca Montagner, Mediensprecher der Diözese Lugano.

In diesem Fall soll der Priester Mitte Dezember in einer Diskothek von Novazzano nachts in betrunkenem Zustand junge Frauen belästigt haben. Eine 23-Jährige erzählte, dass es auch zu tätlichen Auseinandersetzungen gekommen sei. Ein Freund habe sie verteidigt und dem Priester einen Faustschlag in Gesicht versetzt.

Ermittlungen laufen

Es ist unklar, was genau passiert ist. Eine Anzeige bei der Tessiner Staatsanwaltschaft ist eingegangen, wie diese auf Anfrage bestätigt. Es seien polizeiliche Ermittlungen eingeleitet worden. «Der Schlagabtausch fand draussen statt – vor dem Lokal», präzisiert der Betreiber der Diskothek auf Anfrage.

Bei dem mutmasslich fehlbaren Priester handelt es sich nach Informationen von kath.ch um einen Geistlichen aus Osteuropa, der erst seit gut zwei Jahren im Tessin ist und zuvor mehrere Jahre in Rom weilte.


Turm der Kathedrale von Lugano | © Barbara Ludwig
23. Dezember 2021 | 16:50
Lesezeit: ca. 2 Min.
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