Was der Papst im Interview zum Vaterunser wörtlich sagte

Rom, 8.12.17 (kath.ch) In der Serie «Vaterunser» des katholischen Fernsehsenders TV2000 widmet sich der Gefängnisseelsorger Marco Pozza aus Padua dem bekanntesten Gebet der Christenheit. Die rund 50-minütigen Folgen beginnen jeweils mit ein, zwei Fragen an Papst Franziskus. Die Folge am 6. Dezember zur Gebetsbitte «Führe uns nicht in Versuchung» sorgte im Anschluss für Diskussionen. kath.ch dokumentiert daher den kompletten Wortlaut des zweieinhalb Minuten dauernden Interviewausschnitts.

Marco Pozza: «Und führe uns nicht in Versuchung» – wenn Freunde das hören, nicht-glaubende, aber auch gläubige, sagen sie mir: Don Marco, Gott kann mich nicht doch in Versuchung führen. Was denkst du darüber? Mir gefällt es, dazu eine Erklärung zu lesen, es sei Satan, der mich versucht. ‹Gott, hilf mir, nicht in das Komplott der Versuchung zu fallen.› Ich kann nicht glauben, dass Gott mich versucht.

«Wer in Versuchung führt, ist Satan.»

Papst Franziskus: Dies ist keine gute Übersetzung. Auch die Franzosen haben diesen Text verändert, mit einer Übersetzung: Lass mich nicht in Versuchung fallen. Ich bin es, der fällt. Aber nicht Gott schubst mich in die Versuchung (er macht eine entsprechende Bewegung), um zu sehen, wie ich gefallen bin. Nein. Ein Vater tut das nicht. Ein Vater hilft mir, sofort wieder aufzustehen. Wer in Versuchung führt, ist Satan. Das ist das Werk des Satans. Das Gebet will sagen: Wenn Satan mich in Versuchung führt, dann gib du, Gott, mir deine Hand. Gib mir die Hand. Schauen Sie auf jenes Bild (er weist auf ein Gemälde an der Wand, auf dem Jesus dem sinkenden Petrus die Hand reicht) darum geht es: Jesus und Petrus. Der Herr reicht ihm die Hand …

Pozza: Ich sinke …

Franziskus: … gib mir die Hand.

«Die Hoffnung ist noch da.»

Pozza: Ich denke oft, wenn ich in meiner Gemeinde im Gefängnis morgens zur Arbeit gehe, ist die grösste Versuchung der Satan, der mir sagt: «Don Marco, lass es bleiben. Du ändert hier nichts, das ist verlorene Zeit.» Bedeuten meine Zweifel – korrigieren Sie mich, wenn ich mich täusche – dass ich dann nicht mehr den Blick auf Christus richte?

Franziskus: Aber er ist die Hoffnung. Sie ist noch da. Wir haben doch davon gesprochen: dein Reich komme. Sie ist noch da.

Pozza: Aber es stimmt auch, dass, wenn ich versucht werde, mir klar wird: Bei all der Gnade, die Gott mir geschenkt hat, ich vielleicht nicht versucht werden dürfte. In meinem Dorf heisst es, keiner könne lernen keusch zu leben, wenn er nicht schon einmal versucht worden ist.

Franziskus: Das stimmt. Das ist schön gesagt. (cic)

 

8. Dezember 2017 | 18:21
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