Die "Schwarze Madonna" von Einsiedeln spielt auch eine Rolle im Roman von Thomas Hürlimann.
Schweiz

Warum gibt es in katholischen Kirchen Statuen und Bilder, in reformierten nicht?

Edlibach ZG/Zürich, 30.7.17 (kath.ch) Kinder fragen, ein reformierter und ein katholischer Theologe antworten. Aus Anlass des Reformationsjubiläums hat kath.ch beiden Konfessionsvertretern dieselben Kinderfragen zu Unterschieden zwischen Katholiken und Reformierten gestellt. Für die Reformierten antwortet Christoph Sigrist, Pfarrer am Grossmünster im Zürich, für die Katholiken Christian Rutishauser, Priester und Provinzial der Schweizer Jesuiten.

Christian Rutishauser: Gott hat die ganze Welt gemacht, die Menschen, die Pflanzen, die Tiere und sogar den ganzen Himmel. Gott aber ist grösser als alles, was wir sehen. Er ist der Schöpfer. Ihn selbst können wir jedoch nicht sehen. Darum steht in der Bibel: «Du sollst von Gott kein Bild machen.» Die reformierten Kirchen, die keine Bilder und Statuen haben, erinnern genau daran. Wir spüren und erfahren, wie Gott in der Welt wirkt, ohne ihn selbst zu sehen.

Geist Christian Rutishauser, Provinzial der Schweizer Jesuiten | © Hans Merrouche

Die Bibel erzählt aber auch, dass Gott sich in Jesus Christus gezeigt hat. Jesus war den Menschen ganz nah. Sie konnten ihn sogar anfassen. Und Jesus sprach von Gott, seinem Vater im Himmel. So gibt es in den katholischen Kirchen Bilder von Jesus. Und Gott wird als Vater dargestellt. Die Bilder zeigen, was in der Bibel steht.

In den katholischen Kirchen gibt es auch Statuen und Bilder von Maria, der Mutter Jesu, von den Aposteln, den Propheten und von vielen Heiligen. Es sind alles Männer und Frauen, die früher gelebt haben. Sie haben an Gott geglaubt. Sie haben mit Christus im Herzen gelebt und waren wie er für andere da. So sind sie für uns zu Vorbildern geworden.

Wenn wir Gottesdienst feiern, sind wir eine Familie vor Gott! Auch die Heiligen feiern mit uns. Sie sind ja nicht tot, sondern leben im Himmel. Im Gottesdienst sind wir mit ihnen verbunden. Wir beten dann gemeinsam. Sie beten auch für uns.


Christoph Sigrist: Wer glaubt, redet wie ein Verliebter, eine in Gott Verliebte. Und wer liebt, findet Bilder, um von dem zu reden, was nicht auf der Hand liegt und doch unter die Haut geht. Wer glaubt, redet in berührenden Bildern: Gott wird mit einem Hirten verglichen, mit einer Mutter, mit einer Burg, mit dem Feuer. Dazu kommt, dass wir von Menschen, die wir verehren, auch Bilder machen wollen. Das ist bei Mutter Theresa so, auch bei Roger Federer.

In katholischen Kirchen sind Bilder von Gott, Jesus und Maria, der Mutter Jesu, wie auch von den Jüngern und Vorbildern im Glauben vorhanden. Heilige werden sie oft genannt. Die Menschen verehren sie, indem sie vor den Bildern still werden und beten.

Christoph Sigrist, Pfarrer am Grossmünster Zürich | © zVg

Zur Zeit der Reformation wurden diese Bilder missbraucht, um den Armen noch mehr Geld abzuverlangen. Jedes Mal, wenn sie vor den Bildern beteten oder eine Messe lesen liessen, mussten sie bezahlen. Der Reformator Huldrich Zwingli sträubte sich dagegen. In der Bibel steht: «Du sollst dir kein Bildnis machen.» Das gilt von Gott und das gilt auch vom Menschen. Denn damit wird die Freiheit Gottes und auch die des Menschen gewahrt. Bilder verleiten zur falschen Verehrung und Vergötterung, sie werden zu Götzen. Zudem war der Betrieb vor und um die Altäre mit den Bildern wie auch die Herstellung so teuer, dass die Reformatoren der Meinung waren, das Geld sei besser bei den Armen einzusetzen. Alle Bilder wurden aus den Kirchenräumen herausgenommen, ausser die Bilder bei den Fenstern, sie wurden nicht verehrt. Auch in der Bibel liess Zwingli Bilder drucken, weil dadurch der Geist zum besseren Lesen animiert wird.

Heute haben wir auch in reformierten Kirchen wieder Bilder und farbige Fenster. Sie werden nicht angebetet und verehrt, sondern dienen der Andacht, Besinnung und Einkehr. (sys)


Kinderfragen 1: Warum steht auf reformierten Kirchen ein Hahn, auf katholischen ein Kreuz?

 

Die «Schwarze Madonna» von Einsiedeln spielt auch eine Rolle im Roman von Thomas Hürlimann. | © Alwin Gasser / pixelio.de
30. Juli 2017 | 11:28
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