Warum auch die Schweiz ein Holocaust-Denkmal braucht

Ein Schweizer Holocaust-Denkmal fordern verschiedene Organisationen. Die Berner Historikerin Hannah Einhaus erklärt, warum.

Nicola Mohler / reformiert.info

Vor zwei Jahren forderten Sie öffentlich ein Schweizer Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus. Was hat sich getan?

Hannah Einhaus
Hannah Einhaus

Hannah Einhaus: Über 100 Personen und Organisationen unterstützen die Idee, auch die Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche Schweiz. In Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertretern aus dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der Christlich-Jüdischen Arbeitsgemeinschaft Schweiz, der Auslandschweizer-Organisation, dem Archiv für Zeitgeschichte und dem Zentrum für Jüdische Studien der Universität Basel haben wir ein Konzept für einen Erinnerungsort erstellt.

Wo kommt das Denkmal hin?

Einhaus: Über den Standort entscheidet unser Konzept nicht. Dies liegt in der Verantwortung des Bundes, der aus unserer Sicht das Denkmal errichten und finanzieren sollte. Wir finden es angemessen, dass neben einem zentral gestalteten Gedenkort auch ein Bildungsangebot geschaffen wird, das für Antisemitismus, Rassismus und Hetze sensibilisiert.

An wen soll erinnert werden?

Einhaus: An alle Verfolgten, Entrechteten und Ermordeten des Nationalsozialismus und des Holocausts: Jüdinnen und Juden, verfolgte Minderheiten, politische Oppositionelle, Schweizerinnen und Schweizer wie auch Flüchtlinge, die an der Grenze zurückgewiesen wurden. Zudem widmet sich das Denkmal jenen Personen, die sich für die Verfolgten einsetzten und Hilfe boten.

Wann übergibt die Steuergruppe das Konzept dem Bundesrat?

Einhaus: Das tun wir hoffentlich noch in der ersten Hälfte dieses Jahres.

Auf dem jüdischen Friedhof in Bern steht bereits ein Mahnmal.

Wieso braucht es ein Schweizer Denkmal?

Einhaus: Die 54 Denkmäler in der Schweiz basieren alle auf privaten Initiativen. Ein Schweizer Denkmal wäre nicht nur Ausdruck dafür, dass sich die Regierung zu ihrer historischen Mitverantwortung bekennt. Damit käme sie auch ihrer Verpflichtung nach, die sie seit 2004 mit ihrer Mitgliedschaft in der Internationalen Holocaust Remembrance Alliance eingegangen ist.

* Hannah Einhaus ist Historikerin, Journalistin und Publizistin sowie Präsidentin der Christlich-Jüdischen Arbeitsgemeinschaft Bern. Das Interview ist zuerst auf «reformiert.info” erschienen.

Jüdische Opfer des Faschismus: Figuren von Will Lammert an der Grossen Hamburgerstrasse in Berlin | © Pixabay/wal, Pixabay Lizenz
29. Januar 2021 | 10:43
Lesezeit: ca. 1 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!