Kampagne auf Rädern: pro Konzernverantwortungsinitiative.
Zitat

Verzerrte Unklarheiten: Juristen kritisieren Karin Keller-Sutter

«Aus der verwendeten Begrifflichkeit lassen sich keine Folgerungen für die Anwendung auf KMU ziehen.

Der Initiativtext verpflichtet den Bundesgesetzgeber, bei der Umsetzung auf die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen Rücksicht zu nehmen, bei denen das Risiko von Menschenrechtsverletzungen gering ist. Diese Regelung lässt den eidgenössischen Räten einen grossen Entscheidungsspielraum. Der Bundesrat selber schlägt in seiner Botschaft die naheliegende Lösung vor, KMU mittels bewährter Schwellenwerte generell auszunehmen und nur wenige Hochrisiko-KMU zusammen mit den Grossunternehmen der Regelung zu unterstellen.

Unklarheiten bei Konzernhaftung

Zweitens bestehen Unklarheiten, was die Konzernhaftung anbelangt. (…) Der Boden ernsthafter rechtlicher Analyse wird mit der Feststellung verlassen, die Initiative enthalte eine Beweislastumkehr. Der Schaden, die Kausalität, die Widerrechtlichkeit und das Kontrollverhältnis müssen auch unter der Initiative vom Kläger bewiesen werden. Dass sich das beklagte Unternehmen durch Nachweis angemessener Sorgfalt von seiner Haftung befreien kann, entspricht einer Befreiungsmöglichkeit und nicht einer Beweislastumkehr.

Besonders irritierend sind die diesbezüglichen Darlegungen der Justizministerin: «Eigentlich muss mir der Staat beweisen, dass ich einen Schaden verursacht habe, und nicht umgekehrt, dass ich beweisen muss, dass ich unschuldig bin.» Diese Verwechslung von Straf- und Zivilrecht verunmöglicht eine nüchterne rechtliche Einordnung der Haftungsregelungen der Initiative.

Karin Keller-Sutter muss «inhaltlich richtig und sachlich» kommunizieren

Die Bundesverfassung verpflichtet Regierung und Verwaltung, ihre Stellungnahmen im Vorfeld von Volksabstimmungen inhaltlich richtig und sachlich vorzubringen und dadurch den Stimmberechtigten eine unverzerrte Willensbildung zu ermöglichen. Verschiedene Stellungnahmen vermögen diesen Anforderungen nicht zu genügen.»

Vier Juristen kritisieren in einem NZZ-Gastbeitrag Bundesrätin Karin Keller-Sutter für ihre Kommunikation zu KVI-Themen: Alexander Brunner, Oberrichter a. D.; Markus Schefer, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Basel; Roland von Büren, emeritierter Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern; Franz Werro, Professor für Obligationenrecht an der Universität Freiburg.


Kampagne auf Rädern: pro Konzernverantwortungsinitiative. | © Raphael Rauch
18. November 2020 | 07:25
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