Katharina Kluitmann, Vorsitzende der Deutschen Ordensobernkonferenz, und Rainer Gottschalg vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken im Gespräch.
International

Offenheit und Respekt prägten erste Synodalversammlung

Die erste Vollversammlung des Synodalen Wegs ist vorüber. Was bleibt von diesem Treffen am Anfang eines Weges, der das Gesicht der katholischen Kirche verändern könnte?

Joachim Heinz

Mit einem Gottesdienst im Frankfurter Dom hatte der Synodale Weg zur Zukunft der Kirche in Deutschland am Donnerstag begonnen. Unter festlichem Geläut aller neun Glocken zogen die rund 230 Teilnehmer der ersten Synodalversammlung in das Gotteshaus – durch ein Spalier von Demonstrantinnen, die mehr Beteiligung von Frauen am kirchlichen Leben forderten.

Eröffnungsgottesdienst des Synodalen Weges in Frankfurt am Main, Januar 2020.
Eröffnungsgottesdienst des Synodalen Weges in Frankfurt am Main, Januar 2020.

Hat die Kirche verstanden, was die Stunde geschlagen hat? Das fragten sich manche von denen, die für Veränderungen eintreten. Schlägt die letzte Stunde für die Kirche und ihre jahrhundertealten Traditionen?

Diese Furcht schwang in manchen Einlassungen derer mit, die dem Synodalen Weg skeptisch gegenüber stehen.

Nachtwache der Fraueninitiative Maria 2.0 im Anschluss an den zweiten Tag der Synodalversammlung.
Nachtwache der Fraueninitiative Maria 2.0 im Anschluss an den zweiten Tag der Synodalversammlung.

Neu-Definition der Macht von Klerikern?

Bei der am Samstag beendeten Synodalversammlung deutete sich an, wohin die Reise bei diesem auf zwei Jahre angelegten «geistlichen Experiment» gehen könnte, das die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) angestossen haben: In Richtung einer Gemeinschaft, in der Frauen eine stärkere Rolle spielen, in der die Macht von Klerikern neu definiert wird und in der sich die Sexualmoral der Kirche verändert.

Claudia Lücking-Michel, Vizepräsidentin im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, referiert an der Synodalversammlung.
Claudia Lücking-Michel, Vizepräsidentin im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, referiert an der Synodalversammlung.

Offene Atmosphäre

Dass die deutschen Katholiken keinen Sonderweg beschreiten, zeigten die Einlassungen der internationalen Beobachter zum Abschluss des Treffens. Sie zeigten sich beeindruckt von der offenen Atmosphäre. Aus der Schweiz waren Alain de Raemy, Weihbischof von Freiburg, Lausanne und Genf, sowie Daniel Kosch, Generalsekretär der Römisch-katholischen Zentralkonferenz, als Beobachter dabei.

Ähnlich kommentierten einige der 145 akkreditierten Journalisten das Geschehen. Ein Kommentator der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» sprach von einem «Geist der Freimut», der spürbar sei.

Neuaufbrüche gibt es auch in anderen Teilen der Welt, wie die von Papst Franziskus einberufene Amazonas-Synode im vergangenen Herbst zeigte.

Franz-Josef Overbeck, Bischof von Essen und Militärbischof
Franz-Josef Overbeck, Bischof von Essen und Militärbischof

Sperrminorität abgelehnt

Das päpstliche Schreiben dazu dürfte die künftigen Versammlungen des Synodalen Wegs beeinflussen. Das erste Treffen prägten Bestandsaufnahmen zu den vier zentralen Themen Macht, priesterliches Leben, Rolle der Frauen und Sexualmoral. Es galt, die dazu gehörenden Foren zu besetzen – und eine Geschäftsordnung zu verabschieden.

Aufwertung Stimmrecht der Frauen

Stattdessen wurde das Stimmrecht der Frauen aufgewertet. Auf Antrag muss künftig auch eine Mehrheit der Frauen für einen Beschluss stimmen, damit dieser als angenommen gilt.

Nicola Maria Schmitt, Mitglied der deutschen Ordensobernkonferenz, an der Synodalversammlung.
Nicola Maria Schmitt, Mitglied der deutschen Ordensobernkonferenz, an der Synodalversammlung.

Eine Gruppe von Skeptikern des Reformdialogs um den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki versuchte, in der mehrstündigen Debatte über die Geschäftsordnung, eine Sperrminorität auf der Ebene der Arbeitsgruppen («Foren») durchzusetzen. Dieser Vorstoss wurde in der Synodalversammlung mit einer Mehrheit von 87 Prozent abgelehnt.

Als respektvoll umschrieben Teilnehmer den Ton der Aussprachen. Das blieb auch so, als der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer gleich zum Auftakt des Treffens die Wissenschaftlichkeit der von den Bischöfen in Auftrag gegebenen MHG-Studie zu sexuellem Missbrauch anzweifelte. Sie lieferte einen wesentlichen Impuls für den Start des Reformdialogs.

Polemik im Netz

Ein ganz anderer Umgangsstil wird offenbar im Netz gepflegt. Beleidigungen und Polemik zeichneten auch einen Teil der rund 6000 Eingaben aus, die im Vorfeld bei den Veranstaltern des Synodalen Wegs eingingen. «Das hat mich schon erschreckt», bekannte die Erfurter Theologin Julia Knop.

Der Hamburger Bischof Stefan Hesse hört aufmerksam zu.
Der Hamburger Bischof Stefan Hesse hört aufmerksam zu.

Bei der Fraktion der unter 30-Jährigen sorgte unterdessen eine mit lateinischen Einsprengseln durchsetzte theologische Fachsprache für Stirnrunzeln. Einige ältere Teilnehmer liess das ganz offensichtlich unbeeindruckt, wenn sie eine Abstimmungen mehrerer Einzelpositionen «in cumulo», also in Gänze, forderten.

Impression der ersten Synodalversammlung in Frankfurt.
Impression der ersten Synodalversammlung in Frankfurt.

Was bleibt? Eindrucksvolle und sehr persönliche Zeugnisse zum Leben von Priestern – «Bis zur Weihe werden wir hofiert, danach werden wir verheizt» -, zum Umgang mit Macht und Sexualität. Ein von Frauen geleiteter Gottesdienst im voll besetzten Frankfurter Dom. Und die drängende Frage der weiteren Aufarbeitung des Missbrauchsskandals. Dieser stand am Beginn des Synodalen Weges. Und er wird ihn weiter begleiten. (kna)  

Katharina Kluitmann, Vorsitzende der Deutschen Ordensobernkonferenz, und Rainer Gottschalg vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken im Gespräch. | © Synodaler Weg/Malzkorn
1. Februar 2020 | 15:09
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