Saïda Keller-Messahli (links) und Amira Hafner-Al Jabaji im Club von Fernsehen SRF
Schweiz

TV-Kritik zum SRF «Club» über die Kölner Übergriffe

Zürich, 13.1.16 (kath.ch) Was haben die Übergriffe von Köln mit Religion und islamischer Kultur zu tun? Fünf Experten haben es am Dienstag, 12. Januar, in der SRF-Sendung «Club» in Angriff genommen, die Exzesse zu analyisieren: Ashti Amir, ehemaliger syrischer Flüchtling und Betreuer von Asylsuchenden, «Tages-Anzeiger»-Journalistin Michèle Binswanger, der forensische Psychologe Jérôme Endrass, die Islamwissenschaftlerin Amira Hafner-Al Jabaji und Saïda Keller-Messahli vom Forum für einen fortschrittlichen Islam. Wichtigste Einsicht dieses Clubs: eine Engführung auf den Islam greift zu kurz. Eine TV-Kritik von Charles Martig.

«Was in Köln geschehen ist widerspricht allen ethischen Richtlinien im Islam», sagt die Islamwissenschaftlerin Amira Hafner-Al Jabaji. Sie wehrte sich im «Club» gegen eine falsche Pauschalisierung, die «den Islam» verantwortlich macht für die Übergriffe in Köln und anderen Städten. Ihr gegenüber sass Saïda Keller-Messahli, die sehr wohl einen Zusammenhang zwischen der islamischen Kultur in Nordafrika und den Übergriffen feststellte.

«Das widerspricht allen ethischen Richtlinien im Islam.» Amira Hafner-Al Jabaji

Sie insistierte insbesondere auf das Frauenbild in diesem Kulturkreis, das eine grundsätzliche Unterordnung der Frauen unter die Entscheidungsgewalt des Mannes festhalte. Dies bestätigte auch Ashti Amir aus Syrien, der in diesem Frauenbild eine wichtige Ursache für die heruntergesetzte Hemmschwelle bei jungen Männern aus Nordafrika sah.

Angriff auf die Freiheit und Würde der Frau

Die Debatte im «Club» brachte wirklich eine Klärung. Die Betroffenheit war bei den Expertinnen und Experten gross. Unter der sachkundigen Leitung von Gastmoderator Norbert Bischofberger wurden jedoch wichtige Unterscheidungen gemacht. Michèle Binswanger vom Tages-Anzeiger klagte insbesondere ein, dass es in islamisch geprägten Staaten bisher keine Anstrengungen gibt, die Rechte der Frauen im öffentlichen Raum besser zu schützen. Sie betrachtet die Ereignisse in der Silvesternacht als Angriff auf die Freiheit und Würde der Frau und damit auf wichtige Errungenschaften der Zivilgesellschaft in Europa.

«Übergriffe kommen auch oft in Lateinamerika und den USA vor.» Jérôme Endrass

Erfrischende Widerrede gab es in dieser Runde nur vom Psychologen Jérôme Endrass, der sich klar davon distanzierte, dass Kultur und Religion eine wichtige Rolle spielten. Seiner Ansicht nach handelte es sich bei den Tätern um «dissoziative» Menschen, die sich nicht an Regeln und Normen der Gesellschaft halten und keine Empathie zeigen. «Religion und Kultur sind keine Entschuldigung für diese Taten», hielt er in der Diskussion fest.

Kurzschluss auf den Islam genügt nicht

So wünscht man sich eine Sendung im Service public: Der «Club» gibt Raum zur Betroffenheit, leistet Aufklärung, gibt Möglichkeiten Distanz einzunehmen, lässt wichtige Stimmen aus der Schweiz zu Wort kommen. Unaufgeregt und präzis ergibt sich daraus ein neues Bild der Lage aus Schweizer Sicht: ein Kurzschluss auf die Religion und die islamische Kultur der Täter genügt nicht, um die Ereignisse zu erklären. (cm)

Video SRF: Der «Club» vom 13.1.2016 zum Thema «Übergriffe von Köln – Zündstoff der Kulturen»

Konfliktforscher sieht Kölner Ereignisse als Machtdemonstration

Saïda Keller-Messahli (links) und Amira Hafner-Al Jabaji im Club von Fernsehen SRF | © 2016 SRF
13. Januar 2016 | 15:26
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