Umstritten: Der Salvatorianer-Pater Adam Serafin.
Schweiz

Türsteher weisen Pater Adam Serafin ab – Anzeige wegen Hausfriedensbruchs

Der Kirchenstreit in Gebenstorf-Turgi eskaliert: Erst muss Bischofsvikar Valentine Koledoye eine Messe abbrechen: «Es gab einen riesen Tumult», heisst es aus Turgi. Eine Woche später kommt die Polizei nach Gebenstorf. Bischof Felix Gmür sieht den religiösen Frieden in Gefahr.

Eva Meienberg und Raphael Rauch

Am Sonntagmorgen kam es in der Kirche in Gebenstorf AG zu einem Eklat. Sicherheitskräfte standen vor der Kirchenpforte. Sie hatten die Anweisung erhalten, nach Pater Adam Serafin Ausschau zu halten. Und ihn daran zu hindern, die Kirche zu betreten. Vier Mitglieder der Kirchenpflege hatten die Sicherheitskräfte bestellt. Zuerst hatte die «Aargauer Zeitung» (11. April) über den Vorfall berichtet.

Anzeige wegen Hausfriedensbruchs

Wie mehrere Quellen berichten, kam Pater Adam Serafin zur Kirche. Sicherheitsbeamte hinderten ihn daran, die Kirche zu betreten. Die Polizei wurde gerufen, es liegt eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs vor. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Katholische Kirche von Gebenstorf
Katholische Kirche von Gebenstorf

Sabina Bühlmann ist Mitglied der Initiativgruppe, die sich für einen Neuanfang ohne Pater Adam Serafin einsetzt. Sie hat am Sonntagabend beobachtet: Vor der Kirche war erneut Pater Adam Serafin zugange. «Es sah aus, als wollte er einen Gottesdienst feiern. Ich habe dann die Polizei gerufen, doch die Polizei kam nicht», sagt Sabina Bühlmann zu kath.ch. Corina Winkler von der Kantonspolizei Aargau bestätigt, dass am Sonntagabend ein weiterer Anruf eingegangen sei. Allerdings habe die Polizei keine Notwendigkeit gesehen, auszurücken.

Jahrelanger Streit

Der Streit zwischen dem polnischen Pater und der Kirchgemeinde liegt schon länger zurück. Der Bischof von Basel, Felix Gmür, hatte Pater Adam Serafin im Herbst 2020 die Missio entzogen. Denn dieser hatte sich geweigert, die Pfarrstelle in Gebenstorf-Turgi aufzugeben.

Bischof Felix Gmür in der Pfarrkirche Näfels GL.
Bischof Felix Gmür in der Pfarrkirche Näfels GL.

Zwar hatte sich Pater Adam Serafin dazu verpflichtet, im Falle einer Kündigung des Gemeindeleiters ebenfalls aufzuhören. Doch später wollte der Pater von dem Deal nichts mehr wissen. Die Schweizer Salvatorianer distanzieren sich von Pater Adam Serafin, der zur polnischen Salvatorianer-Provinz gehört.

Bischof schreibt Pater Adam Serafin

Pater Adam Serafin focht den Entzug seiner Missio in Rom an und bekam zunächst Recht. Doch dagegen hat Bischof Felix Gmür am obersten Gerichtshof in Rom rekurriert. Hier steht der Entscheid noch aus. 

Bischofsvikar Valentine Koledoye
Bischofsvikar Valentine Koledoye

Am 2. April 2022 hat Bischof Felix Gmür Pater Adam Serafin einen Brief geschrieben. Das Schreiben liegt kath.ch vor. Darin heisst es: «Ab Samstag und Sonntag, 2./3. April 2022, werden Herr Hans-Peter Schmidt und Herr Bischofsvikar Dr. Valentine Koledoye für die pastoralen Dienste in Gebenstorf und Turgi zur Verfügung stehen.» 

«Auf jede Konfrontation verzichten»

Der Bischof von Basel bittet Pater Adam Serafin, «zum Wohl der Gläubigen auf jede Konfrontation zu verzichten; dies ist unverzichtbar, um eine mögliche Spaltung der Gläubigen zu verhindern».

Der Bischof von Basel, Felix Gmür
Der Bischof von Basel, Felix Gmür

Der Bischof von Basel erwartet von Pater Adam Serafin, dass er «ab sofort» die «Freistellung von allen pastoralen Aufgaben» in den Pfarreien Gebenstorf, Turgi und Birmenstorf akzeptiere. «Ich meinerseits kann es nicht dulden, wenn in den genannten Pfarreien der religiöse Frieden und die Ordnung missachtet und gestört werden. Der Respekt gegenüber den Gläubigen ist ein hohes Gut und ein Gebot der Stunde», schreibt Bischof Felix Gmür.

Eklat in der Vorabendmesse

Am Samstag, 2. April wollte Pater Adam Serafin die Vorabendmesse in Turgi feiern. Beat Bühlmann von der Initiativgruppe sagt zu kath.ch: «Pater Adam hat die Messe in Turgi gegroundet, weil er nicht einsichtig war und das Feld nicht geräumt hat.» Zehn Minuten nach offiziellem Beginn der Messe hätten Hans-Peter Schmidt und Bischofsvikar Valentine Koledoye zusammen mit Pater Adam Serafin die Kirche durchs Hauptportal verlassen und die verdutzten Messebesucher ratlos zurückgelassen – ohne Messe. «Es gab einen riesen Tumult», sagt Beat Bühlmann. «Mich hat ein Fremder als Putin beschimpft.»

Am Sonntag, 3. April sei Pater Adam Serafin dann nicht in Gebenstorf erschienen. «Der Gottesdienst konnte wie geplant von Hans-Peter Schmidt gefeiert werden», sagt Beat Bühlmann. Um ein weiteres Gottesdienst-Grounding zu verhindern, hätten die vier Kirchenpflegemitglieder Willy Deck, Bernhard Hollinger, Hilde Seibert und Andreas Zillig entschieden, für das Wochenende vom 9. und 10. April einen Sicherheitsdienst zu beauftragen.

Daniel Ric: «Pater Adam ist unser rechtmässiger Pfarrer»

Das empört Kirchenpflegepräsident Daniel Ric. Er ist nur noch wenige Monate im Amt und steht nach wie vor hinter Pater Adam Serafin. «Es ist gar nicht möglich, in einer Kirche ein Hausverbot auszusprechen», findet Daniel Ric. 

Daniel Ric, ehemaliger Präsident der Kirchenpflege Gebenstorf-Turgi.
Daniel Ric, ehemaliger Präsident der Kirchenpflege Gebenstorf-Turgi.

Auch bezweifelt er, dass Pater Adam Serafin den Brief des Bischofs am 2. April überhaupt pünktlich erhalten habe: «Der Bischof hat den Brief ja erst am 2. April abgeschickt.» Unabhängig davon steht für Daniel Ric fest: «Pater Adam ist unser rechtmässiger Pfarrer, weil der Rekurs am vatikanischen Gerichtshof noch hängig ist.»

Vorwurf: Religionsfreiheit verletzt

Daniel Ric sieht die Religionsfreiheit verletzt: «Hier verbietet man einem Pfarrer die Messe zu feiern. Bischof Felix Gmür und Luc Humbel von der Landeskirche zeigen hier ihr wahres Gesicht.» 

Der Aufzug der Sicherheitskräfte mit Schlagstöcken und Pfefferspray sei ein «Akt der Aggression» gewesen, findet Daniel Ric, und sagt: «Ich habe als Kirchgemeindepräsident viele Fehler gemacht. Aber ich habe niemals einen Menschen daran gehindert, sein religiöses Leben zu leben.»

Bistum Basel: Provinzposse

Das Bistum Basel widerspricht Daniel Ric. Laut Hansruedi Huber, dem Sprecher des Bistums Basel, geht es nicht um Religionsfreiheit, «sondern um eine Provinzposse, die mittlerweile zu mehr als 120 Medienberichten geführt hat. Und dies nur, weil einer nicht akzeptieren kann, dass er als Amtsträger unerwünscht ist», sagt Hansruedi Huber. Wegen hängiger Rechtsverfahren will der Sprecher des Bistums Basel die neuesten Vorkommnisse nicht weiter kommentieren.

Luc Humbel
Luc Humbel

Luc Humbel ist Präsident der Landeskirche Aargau. Für ihn steht fest: «Pater Adam hat weder eine aktuelle Anstellung noch eine gültige Missio, welche ihn zur Ausübung von pastoralen Tätigkeiten in Gebenstorf-Turgi ermächtigt.» Das Verbot, die Kirche zu betreten, sei von der Kirchenpflege deshalb ausgesprochen worden, weil Pater Adam Serafin die Kirche nicht zum persönlichen Gebet betreten wolle, sondern für die Ausübung von pastoralen Aufgaben, wozu er keine Beauftragung habe.

Pater Adam Serafin und sein Anwalt wollten sich gegenüber kath.ch nicht äussern. 


Umstritten: Der Salvatorianer-Pater Adam Serafin. | © Roger Wehrli
11. April 2022 | 18:58
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