Protest gegen Entscheid der Bischöfe beim Synodalen Weg in Frankfurt.
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Synodaler Weg in der Krise: Bischöfe lassen Text zu Sexualethik durchfallen

Homosexualität, Selbstbefriedigung, Verhütung: Die Katholikinnen und Katholiken in Deutschland wollten die Sexualmoral liberalisieren. Knapp 83 Prozent stimmten beim Synodalen Weg mit Ja. Doch die Bischöfe blockierten den Vorstoss.

Das Grundsatzpapier des Synodalen Wegs für eine Liberalisierung der katholischen Sexuallehre ist an der Sperrminorität der Bischöfe gescheitert. 

Konservative warnen vor Bruch mit der Lehre

Bei der finalen Abstimmung in Zweiter Lesung votierten am Donnerstag in Frankfurt 82,8 Prozent der anwesenden Delegierten des Reformdialogs für den Text, die ebenfalls notwendige Zweidrittel-Mehrheit der Bischöfe wurde jedoch knapp verfehlt: 61,1 Prozent der anwesenden Bischöfe stimmten dafür, 38,9 Prozent dagegen.

Liebe gewinnt: Aufschrift an einer Mauer.
Liebe gewinnt: Aufschrift an einer Mauer.

Vorangegangen war eine lebhafte, teils kontroverse Debatte, in der einige Bischöfe vor einem Bruch mit der kirchlichen Lehre und dem christlichen Menschenbild gewarnt hatten. 

Einzelne Synodale ziehen weinend aus der Versammlung

Erstmals hat damit ein Papier des Synodalen Wegs keine Zustimmung gefunden. Die Co-Präsidentin des Reformprojekts, Irme Stetter-Karp, hatte zuvor gesagt, es wäre «dramatisch», wenn einer der anstehenden Grundtexte durchfiele.

Irme Stetter-Karp
Irme Stetter-Karp

Nach dem Scheitern kam es im Versammlungssaal zu einer spontanen Protestkundgebung. Einzelne Synodale zogen weinend aus der Versammlung aus. Synodalpräsident Bätzing sprach von einer «krisenhaften Situation» und nannte die Abstimmung enttäuschend. Zugleich wies er darauf hin, dass die Abstimmung gemäss dem Statut zustande gekommen sei. Er rief die Synodalen auf, zusammenzubleiben und weiterzumachen.

Grosser Reformstau

Auch ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp zeigte sich tief enttäuscht von dem Ergebnis. Wenn sich dies bei anderen Texten wiederholen würde, stünde man «vor einem Scherbenhaufen».

Der 30 Seiten umfassende Grundtext sah Reformbedarf etwa bei der Frage der Verhütung. In der christlichen Ehe müsse nicht bei jedem Geschlechtsverkehr die Offenheit für Nachwuchs «biologisch realisiert» werden.

Verbot von Konversionstherapien

Betont wird, dass sich homosexuelle Partnerschaften sowie wiederverheiratete Geschiedene «unter dem ausdrücklich von der Kirche zugesprochenen Segen Gottes gestellt sehen können». Überdies sei die Anerkennung der Gleichwertigkeit und Legitimität nicht-heterosexueller Orientierungen «dringend geboten».

Kreuz auf Regenbogenfahne
Kreuz auf Regenbogenfahne

Das Papier erteilt sogenannten Konversionstherapien für Homosexuelle eine deutliche Absage. Ferner setzt es sich mit der Situation nicht-binärer Menschen auseinander.

Bitte um Vergebung

Überdies formuliert der Text eine Vergebungsbitte: «Alle Menschen, die unter den Auswirkungen kirchlicher Sexuallehre gelitten haben, bitten wir von Herzen um Vergebung.» Verbunden damit ist die Selbstverpflichtung, «für eine Veränderung der Lehre und der Praxis der Kirche im Umgang mit menschlicher Sexualität Sorge zu tragen».

Der Text sieht an mehreren Stellen eine Neuakzentuierung der katholischen Sexuallehre vor und geht dabei über die bestehenden Lehren der Kirche hinaus.

Lebenswirklichkeit im 21. Jahrhundert

Die Forderung nach einer Sexualmoral, die der Lebenswirklichkeit im 21. Jahrhundert entspricht, war von Anfang an ein Schlüsselthema im Reformprojekt des Synodalen Wegs. (kna)


Protest gegen Entscheid der Bischöfe beim Synodalen Weg in Frankfurt. | © Raphael Rauch
8. September 2022 | 19:05
Lesezeit: ca. 2 Min.
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